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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Barclay
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das von seiner Hand und dem Unterarm tropfte. Er senkte den Blick. Annas Sweatshirt und ihre Hose waren von der Taille bis zu den Hüften von Blut durchtränkt.
    Plötzlich hörte er Schritte und einen lauten Schrei. »Mom!«
    Joe wirbelte herum. Shaun blieb stehen und starrte schockiert auf seine Eltern.
    »Ich habe gesagt, du sollst im Haus bleiben!«, rief Joe. Ein tosender Sturm schlug die Tür krachend auf und zu. »Schließ die Tür!«
    Behutsam legte er Anna in dem kleinen, beengten Raum auf den Boden und zog mit dem Fuß das lose Seil unter ihrem Körper weg … ein Seil, das er mühelos hatte aufknoten können. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, als die Erinnerung wiederkehrte. Zu einfach . Annas Körper verkrampfte sich. Sie erwachte aus der Benommenheit und warf den Kopf von einer Seite auf die andere, einen stummen Schrei in den panikerfüllten Augen.
    Shaun stemmte sich gegen die Tür, doch es war so stürmisch, dass sie ihm entglitt und ihn mit voller Wucht zu Boden warf.
    Joe hob den Kopf und erblickte Duke Rawlins in der Falltür. Der Killer presste den Kopf gegen Shauns Gesicht, wobei er es mit dem getrockneten Blut seiner Stichwunde befleckte.
    »Sie lernen nichts dazu, was?«, sagte Duke. »Die Dinge fallen Ihnen nicht einfach in den Schoß, Detective.« Er umklammerte Shaun fester, riss ihn zurück und drückte ihm eine gebogene Klinge an die Kehle.
    »Hier«, sagte er und reichte Joe eine Schnur. Joe nahm sie entgegen und sah einen silbernen Heliumballon am anderen Ende der Schnur. Duke lächelte. »Herzlichen Glückwunsch.«
    Als Frank Deegan aus den Bergen zurückkehrte, wurde seine Funkverbindung kurzfristig wiederhergestellt. Die Zeitspanne reichte aus, um ihm mitzuteilen, dass Myles O’Connor sieben Mal versucht hatte, ihn anzurufen. Allerdings reichte die Zeit nicht, um darauf zu reagieren.
    Richie schloss leise die Wagentür, sprang über den Straßengraben und kroch durch eine Lücke in der Hecke auf das Grundstück der Lucchesis. In geduckter Haltung bewegte er sich auf den Leuchtturm zu, auf dem er hoch oben tanzende Schatten erkannte. Dann sah er, dass Duke Rawlins gekommen war, wodurch sich eine Möglichkeit eröffnete, die alles verändern könnte.
    »Sie hat versucht, dieser fetten Schlampe zu helfen«, sagte Duke und wies mit dem Kopf auf Anna, die an der Wand lehnte. »Dieser Sheba.«
    »Siobhàn«, murmelte Anna. »Sie hieß Siobhàn.«
    Duke schnaubte wütend und verzog das Gesicht. Er wies erneut auf Anna. »Sie ist mir sogar weggelaufen, aber sie kam nicht weit.« Er lächelte.
    Die Linsen im Laternenhaus drehten sich über ihren Köpfen und erzeugten ein Geräusch wie eine riesige Lötlampe. Joe schaute auf die Messing-Lüftungsklappen, mit denen der ganze Raum ringsherum auf Bodenebene und in einer Höhe von knapp zwei Metern ausgestattet war. Von Anna wusste er, dass je nach Windrichtung entweder die Lüftungsklappen nach Süden oder Norden geöffnet sein mussten. Aber sie waren geschlossen, und der Rauch, der beim Verbrennen des Petroleums entstand, konnte nicht entweichen und breitete sich in dem beengten Raum aus.
    »Okay. Es wird nicht lange dauern«, sagte Duke. »Es ist eine dieser Entscheidungen, die man schnell treffen muss, wissen Sie, zum Beispiel, ob man einen unbewaffneten Mann erschießt oder nicht. Ich weiß, dass er unbewaffnet war, denn der arme Donnie hielt nur die Anstecknadel in der Hand. Und dafür gibt es eine Erklärung. Er hat diese Anstecknadel aus einem Grund festgehalten, den Sie niemals begreifen werden. Treue …« Er schloss die Augen.
    »Ein treuer Mann hätte nicht mit Ihrer Frau geschlafen, Rawlins.«
    »Tja, das ist die Frage.«
    »Die Akte«, sagte Joe. Er zog sie aus der Tasche und befleckte den Deckel mit Annas Blut. »Hier steht es. Hier steht ihr Name. Sie war an demselben Tag in demselben Park in New York. Können Sie sich das erklären? Sie hat vor dem Staatsanwalt in Stinger’s Creek ausgesagt, dass Donald Riggs das Lösegeld für sich und für sie, Ihre Frau, haben wollte – nicht für Sie, sondern für sich und Riggs. Sie brauchten das Geld, um sich absetzen zu können, möglichst weit weg, damit Sie die beiden nicht aufstöbern, wenn Sie aus dem Knast entlassen würden.«
    »Donnie wollte mit der Anstecknadel in der Hand sterben.«
    »Nein, das stimmt nicht«, sagte Joe und legte die Akte zwischen ihnen auf den Boden. »Er wollte die Nadel wegwerfen.« Er wies auf die Fotos, Zeugenaussagen, Obduktionsberichte,

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