Schattenwanderer
auf dem Hintern.
»Hmm«, konnte ich in meinem Schmerz nur herausbringen.
»Was heißt hmm ? Sind es die Juckblattern?«, zischte Wuchjazz, näherte sich mir aber nicht.
»Genau die«, sagte ich und fing zur Bestätigung meiner Worte an, mich verzweifelt zu kratzen.
»Wuchjazz ist ein kluger Dämon! Lüg mich nicht an! Wo hast du dir die Juckblattern eingefangen?«
»Bei Varrthaufhand natürlich!« Wenn ich schon log, dann richtig.
»Mein verfluchter Herr Bruder! Ständig steckt er alle an!« Wuchjazz hämmerte wütend mit der Faust auf die Wand des nächstbesten Hauses ein.
Die Mauer ächzte leise, krachte aber nicht ein.
»Genau!«
»Gut! Ich komme an den Ort, den du mir genannt hast! Aber wenn du mich täuschst, sauge ich dir das Mark aus den Knochen!«
»Sei pünktlich!« Doch da sprach ich schon nur noch mit mir selbst, der dämliche Dämon war bereits in der Hauswand verschwunden.
Ich lauschte in mich hinein. Meine Hände schienen nicht zu zittern, meine Hosen waren trocken und sauber. Diesmal hätte wirklich nicht viel gefehlt, und ich wäre … im Maul dieses Dämons gelandet. Gerettet hatte mich nur die unglaubliche Dummheit von Wuchjazz, dessen Kamel man tatsächlich unbemerkt einen Dorn in den Arsch schieben konnte, wie es die Menschen im fernen Sultanat ausdrückten. Andererseits hatte ich meinen Plan wieder einen Schritt vorangebracht. Die Doralisser und die beiden Dämonen waren nun zu dem offiziellen Bankett in der Schenke des guten alten Gosmo eingeladen. Damit musste ich nur noch zwei weitere Parteien und den Schankwirt selbst in Kenntnis setzen, dann wäre die Angelegenheit unter Dach und Fach.
Zuerst begab ich mich jedoch zur Bibliothek. Obwohl die Nacht bereits hereingebrochen war, hatte sich heute niemand in die Häuser verkrochen. Auf dem Platz tummelte sich recht viel Volk, ich machte sogar fünf Soldaten der Stadtwache aus, die mit wichtiger Miene in der Nähe von Groks Denkmal patrouillierten, offenbar voller Sorge, die Awendumer könnten, trunken ob der gewonnenen Freiheit, die unverrückbare Statue stehlen.
Nun gut. Ich warf einen flüchtigen Blick auf den Palast des verstorbenen Herzogs Pathy. In den Fenstern schimmerte kein Licht. Aber das war zu erwarten gewesen. Die Diener respektierten die Trauerzeit, doch das würde wohl nicht lange anhalten. Der Herzog hatte mehr als genug Verwandte, das Erbe dürfte auf Dauer gewiss nicht ohne Besitzer bleiben, schon bald würde wieder ein fröhliches Licht in den Fenstern leuchten und sich niemand mehr an den mysteriösen Mord erinnern, der sich im Schlafgemach zugetragen hatte.
Der Haupteingang zur Bibliothek war natürlich verschlossen. Die drei Yard hohe Tür schaute wie ein schweigender Riese auf mich herab. Also musste ich das Gebäude umrunden und in die schmale, halbdunkle Gasse einbiegen. Hier war niemand. Kein anständiger Mensch würde diese Dunkelheit aufsuchen, wenn der Grok-Platz in der Nähe lag.
Gerade als ich gegen die Eisentür hämmern wollte – womit ich nicht nur Bolzen, sondern alle in der Umgebung geweckt hätte –, gewahrte ich einen schmalen Lichtstreifen, der unter der Tür hindurchfiel. Seltsam. Sehr seltsam. Ob Bolzen sich wieder betrunken und dann vergessen hatte, die Bibliothek über Nacht abzuschließen?
Er konnte von Glück sagen, dass ich, ein durch und durch rechtschaffener Mann, aufgetaucht war. Sonst würde ihm jetzt mit Sicherheit die Hälfte seiner seltenen Bücher fehlen. Ich stieß gegen die Tür, die sich beflissen öffnete und meinem Blick den dunklen Gang für Dienstboten freigab. Neben der Tür hing eine Fackel, danach herrschte Dunkelheit. Ich stieß einen harmlosen Fluch aus, dass manche Menschen einfach nicht für ausreichende Beleuchtung sorgen konnten, nahm die Fackel aus dem Halter und ging den längst schon bekannten Gang hinunter, ohne mich um Abzweigungen nach links oder rechts zu scheren.
Die Fackel spendete genügend Licht, sodass es mich bis zu den Sälen mit den Büchern nicht mehr als ein paar Minuten kostete, obwohl mein magischer Blick nach meinem Ausflug ins Geschlossene Viertel noch nicht zurückgekehrt war. Im Lesesaal brannte eine Lampe, deren Flamme sicher von Gnomenglas geschützt wurde, damit das Feuer – da sei Sagoth vor! – nicht aus seinem Gefängnis brach. Weit oben, knapp unter der Decke, verschwanden die Regale allerdings doch unter der Mütze des Dunkels.
Ich kehrte kurz in den Gang zurück, um die Fackel in einen leeren Halter zu stecken. Besser, ich
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