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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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von beiden Gilden horrende Summen. Unvorstellbare Summen. Fast die Hälfte der Einnahmen der Diebe und Mörder. Ebendeshalb gehörte ich auch keiner Gilde an. Warum sollte ich jemandem mein mit fast ehrlicher Arbeit erworbenes Geld in den Rachen werfen? Im benachbarten Issylien hatte man die Gilden übrigens verboten. Dort floss auch so schon genug Gold in die Staatskasse: von den Gnomen aus den Stählernen Schächten.
    »So leid es mir tut, aber ich muss ihn enttäuschen.« Ich setzte ein ausgesprochen verschlagenes Grinsen auf.
    Garrett der Schatten, der Meisterdieb, von dem in Awendum die Legenden berichteten, er sei der Stadtwache nicht ein einziges Mal in die Hände gefallen, wollte nicht in eine Gilde eintreten.
    »Ich bin ein freier Jäger und schulde Markun nichts. Er hat ohnehin längst genug Diebe unter seiner Kontrolle. Und ich habe nicht die Absicht, nach der Pfeife eines kleinen Taschendiebs zu tanzen.«
    »Gut.« Bleichling brachte meine Ablehnung nicht im Geringsten aus der Fassung. Nach wie vor maß er mich mit kaltem Blick. »Ist das dein letztes Wort?«
    Mit einem Nicken bedeutete ich ihm, dass dem so sei. Daraufhin erhaschte mein Ohr trotz des Lärms in der Schenke ein leises Knacken. Erneut betrachtete ich den Mörder. Seine Hände waren unterm Tisch verschwunden – ohne dass ich es bemerkt hätte. Ein neuerlicher Beweis für die hohe Professionalität Bleichlings.
    Schön. Der alte Geizkragen Markun war nicht länger zu Scherzen aufgelegt und hatte einen der besten Mörder gedungen. Und Bleichling musste schon allein deshalb der beste sein, weil ich ihn nie zuvor gesehen oder von ihm gehört hatte.
    Ich entspannte mich und versuchte, jede abrupte Bewegung zu vermeiden. Ich ging lieber kein Risiko ein, vor allem weil ich nicht wusste, was genau Bleichling unter dem Tisch verbarg. Eine Armbrust, wie auch ich sie besaß? Oder etwas noch Perfideres?
    »Verzeih mir, Garrett«, sagte Bleichling, obwohl ich kaum annahm, dass dieser Kerl tatsächlich unter einem Gewissen litt. »Nimm es nicht persönlich, das ist meine Arbeit, das musst du verstehen.«
    »Du wärst dumm, wenn du mich aus Gosmos Schenke geradewegs zu Sagoth befördertest.«
    »Wie kommst du denn darauf? Du wirst nur mit einem Mal stockbetrunken sein, und ich, dein bester Freund, werde dir helfen, diese Wirtschaft zu verlassen. Wir werden ein wenig an der frischen Luft spazieren gehen.«
    Also ein Schlafmittel. Diesmal saß ich wirklich in der Tinte!
    Das Schicksal spielte jedoch Würfel – und war dem Dieb hold. Mit einem Mal senkte sich im ganzen Messer und Beil Grabesstille herab. Die Sängerin verstummte, das betrunkene Gelächter verebbte, die lauten Streitereien erstarben. Ich linste zur Tür, und meine Augen dürften vor Verblüffung wohl eine genauso rechteckige Form angenommen haben wie diese, denn Bleichling tat etwas, was ein Berufsmörder nie tun darf. Er linste über die Schulter, um zu sehen, was in seinem Rücken vor sich ging.
    Vor dem Eingang drängten sich rund zwanzig Mann der Stadtwache. Sie hielten sich bereit, ihre Hellebarden einzusetzen, sollte einer der Gäste ein Messer zücken. Das waren jetzt nicht die Nichtsnutze aus dem Hafenviertel, das war die Wache der Inneren Stadt. Gut genährte und gepflegte Kerle. Mit denen war nicht gut Kirschen essen. Sogar die Rausschmeißer, deren Frau Mama sich vermutlich einem Troll hingegeben hatte, wichen zur Seite, um die ungebetenen Gäste ins Allerheiligste der Diebeswelt einzulassen. Etwas Außerordentliches musste geschehen sein, wenn die Stadtwache hereinschaute, der Gosmo doch regelmäßig einen Teil der Einnahmen abtrat, damit sie seine Schenke samt der Gäste übersah. Vor diesem Haufen in orangenen und schwarzen Farben hatte sich niemand anders als der Befehlshaber der Stadtwache, Baron Frago Lonton höchstselbst, aufgebaut. Sein kurzsichtiger Blick tastete den schweigenden Saal ab, eilte über die Tische, suchte jemanden, tauchte in das Halbdunkel, in dem Bleichling und ich saßen, huschte dann weiter, erstarrte, kehrte zu unserem Tisch zurück und hakte sich an mir fest. Der Baron nickte vor sich hin und kam auf mich zu.
    »Wein!«, verlangte er, als er an dem erblassten Gosmo vorbeistolzierte, der daraufhin endlich von den längst sauberen Krügen abließ.
    »Kommt sofort, Euer Gnaden. Und nur vom Feinsten«, säuselte der Schankwirt, der sich ein wenig von seiner Erschütterung, dass ein solcher Mann seine bescheidene Schenke beehrte, erholt hatte und sogleich

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