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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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berühmt sind. Die dortigen Herrscher versuchten, sich gegenseitig an Reichtum zu überbieten. Unser ruhmreicher Stalkon – möge er noch hundert Jahre auf diesem Thron sitzen! – zog es dagegen vor, das Gold nicht für fragwürdigen, wiewohl hübschen Tand auszugeben, sondern für die Armee.
    Ohne auf die schweigenden Gardisten zu achten, kletterte der Narr auf den Thron, nahm das königliche Zepter, das eher an einen schweren Meißel erinnerte (mit dem Ding konnte man jedem Angreifer spielend eins überziehen), vom Samtkissen und sprang wieder auf den Fußboden zurück.
    »Pass auf, dass du dir nicht wehtust!«, höhnte ich, was mir einen verächtlichen Blick eintrug.
    Trotzdem legte Kli-Kli sein neues Spielzeug auf das Samtkissen zurück und gab ihm den Stumpf der Rübe zur Gesellschaft. Er trat zurück, neigte den Kopf zur Seite, ganz wie ein Maler, der sein Werk begutachtet, und führte mich dann, zufrieden mit dem Ergebnis, weiter. Am Ende des Saals befand sich noch eine Flügeltür, die jener, durch die wir gekommen waren, bis in die kleinste Einzelheit hinein glich. Der Narr trat sie mit dem Fuß auf, als sei er hier der Herr im Hause.
    »Bitte schööön!« Der Kobold hieß mich mit einer einladenden Geste eintreten, bis ihm aufging, dass er, bliebe er vor mir stehen, mir die günstige Gelegenheit bot, ihn beim Schlafittchen zu packen. Deshalb schlüpfte Kli-Kli schnell in den Raum und entging somit erneut seiner gerechten Strafe, die ihn für das zerschlagene Fläschchen noch erwartete. Ich fand mich in jenem Raum wieder, in den mich auch Frago Lonton gebracht hatte. Alle Anwesenden kannte ich bereits, eine Vorstellung war also nicht nötig. Ich verbeugte mich höflich.
    »Das genügt, Meister Garrett«, sagte der König. »Überlassen wir die Etikette meinen Höflingen. Setzt euch! Warum hat das so lange gedauert, Kli-Kli?«
    »Das ist nicht meine Schuld!« Der Narr schnitt eine Grimasse. »Ehe sich Meister Garrett in Trab gesetzt hat … Ich musste ihn geschlagene fünfzehn Minuten lang überreden, sich hier herzubequemen.«
    Diese infame Lüge trieb mich zur Weißglut, doch ich beherrschte mich und beschloss, nicht weiter auf das königliche Stumpfhirn zu achten. »Vielen Dank, Euer Hoheit!«, sagte ich stattdessen.
    Bevor ich auf dem Stuhl Platz nahm, den mir Kli-Kli hingeschoben hatte, sah ich mir das Möbel genau an. Dem verfluchten Kobold war jede Gemeinheit zuzutrauen. Kli-Kli setzte die reine Unschuldsmiene auf. Nun gut, vermutlich würde er es in Gegenwart des Königs doch nicht wagen, mir etwas Spitzes unter den Hintern zu schieben.
    Diesmal glich Stalkon nicht im Entferntesten einem gutmütigen Schankwirt. Das königliche Gewand, in sattem Grau und Blau gehalten, und der schmale Reif der Krone auf dem Kopf schienen mir eine weit angemessenere Kleidung für diesen Mann.
    »Magister Arziwus hat uns bereits vom Erfolg deiner Bemühungen berichtet«, sagte der König und nickte in Richtung des alten Erzmagiers.
    Arziwus blickte finster drein und hatte offenkundig schlechte Laune. Ich kenne jemanden, der macht ein ähnliches Gesicht, wenn er unter Verstopfung leidet. Ich wollte doch hoffen, dass Arziwus’ Missmut andere Gründe hatte.
    »Ja, Euer Hoheit, ich bin bereit zu unserem … äh … kleinen Unternehmen.«
    »Zuvor habe ich noch einige Fragen. Wärest du vielleicht so freundlich, uns noch einmal zu erzählen, was dir passiert ist?«
    Der Wille des Königs ist mir Befehl. Ich seufzte und erzählte zum wiederholten Mal in dieser Woche von meinen Abenteuern, wobei ich nun allerdings nichts ausließ. Gut, fast nichts. Walder erwähnte ich nach wie vor mit keinem Wort. Etwa in der Mitte meines Berichts war meine Kehle völlig ausgetrocknet, ich sprach leiser und leiser. Stalkon bewegte kaum merklich den Finger, und der aufmerksame Narr schenkte mir Wein ein. Ich nickte dankbar, trank und setzte meine Geschichte fort. Arziwus zog nur hin und wieder die Augenbraue hoch, meist dann, wenn er etwas Neues erfuhr. Dinge, die ich ihm während unserer Kutschfahrt verheimlicht hatte. Am meisten verwunderte mich, dass mich niemand unterbrach und meine Geschichte die Zuhörer nicht langweilte. Irgendwann kommt jedoch alles zum Ende, sodass ich schließlich erleichtert durchatmen und meine Kehle noch einmal mit dem vorzüglichen Wein aus den königlichen Kellern befeuchten durfte.
    »Interessant …«, bemerkte Kli-Kli, der als Erster die Stille durchbrach.
    »Das ist noch gelinde ausgedrückt,

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