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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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die unsterblichen Sünder ihre Strafe,
    Und nur einer wird nicht durch Fänge sterben,
    Einer, der mit den Schatten tanzt, wie mit dem Bruder.«
    »Das reimt sich aber nicht«, stichelte ich. »Die erste Variante hat mir viel besser gefallen.«
    »Hat man Töne! Der große Kenner von Literatur und Kunst! Das hat der berühmte wahnsinnige Schamane Tre-Tre geschaffen«, kanzelte Kli-Kli mich ab.
    »Das merkt man.« Diesmal sollte er nicht das letzte Wort behalten.
    »Dafür stehlen wir nicht fremde Prophezeiungen, um sie in süßliche Verslein zu verwandeln«, schnaubte der Kobold und kehrte mir demonstrativ den Rücken zu.
    Meine Unkenntnis dieses literarischen Meisterwerks, das der Schamane der Kobolde nach dem Verzehr von Fliegenpilzen geschaffen haben musste, verzieh mir der Narr nicht.
    »Was wird in dem Text eigentlich prophezeit, Kli-Kli?«
    »Das ist die Prophezeiung vom Schattentänzer. Ich kann sie vollständig wiedergeben, aber das würde einige Stunden dauern.«
    »Geht es auch kürzer?«
    »Äh … also …« Der Narr runzelte die Stirn. »Es ist die Prophezeiung von einem Mann, der einem unlauteren Handwerk nachgeht, sich aber für das Wohl seiner Heimat verwenden will. Er erlebt allerlei Abenteuer, doch am Ende schafft er es, die Völker Sialas zu retten und den Feind aufzuhalten. Die Rettung liegt in den Geheimen Steinernen Palästen der Knochen. Damit ist Hrad Spine gemeint, falls das jemand nicht verstanden haben sollte.« Kli-Kli warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Mit dieser Prophezeiung bist du gemeint, Garrett. Ich hätte nie gedacht, einem Helden aus dem Buch Bruk-Gruk zu begegnen.«
    »Hör auf mit den Lügenmärchen«, winkte ich ab. Ich ein Held aus einer Koboldprophezeiung! Wer’s glaubt, wird im Licht weilen! »Da hat euer Tre-Tre was verwechselt oder zu viele Pilze gegessen. Warum ausgerechnet ich? Gehen etwa nicht auch andere Menschen einem unlauteren Handwerk nach? Außerdem komm ich vielleicht nicht mal bis nach Hrad Spine!«
    »Es wird auch gesagt, dass dieser Mann die Dämonen mit Hilfe eines Pferdes zurücktreibt«, brachte der Narr unschuldig heraus und trieb damit einen weiteren Sargnagel in meine Hoffnung, mit der Koboldprophezeiung doch nicht gemeint zu sein.
    Na gut, von mir aus! Soll er ruhig dabei bleiben! Hauptsache, ich glaubte nicht an die Hirngespinste eines Schamanen, der unter der Wirkung des Schönen Krauts den Verstand verloren hatte. Und gab nichts auf das Geschwätz des Narren.
    »So, so, der Schattentänzer. Interessant. Schreib mir diese Prophezeiung doch mal auf, Kli-Kli, ich möcht sie mir genauer ansehen, sobald ich Zeit hab«, sagte Arziwus.
    »Gern, Euer Magierschaft.«
    »Auf gewöhnliches Papier, Kli-Kli! Nicht auf solches wie für den Brief, den du Herzog Pathy geschrieben hast!«, warnte der König den Narren.
    »Gut«, antwortete der Narr kleinlaut.
    Worauf der teure Kli-Kli dem toten Herzog wohl geschrieben hatte?
    »Spielzeug!«, erklang es da plötzlich hinter mir, und in die Mitte des Raumes stürzte ein Mann.
    Das teure Hemd war verschmutzt, die Hose zerknittert, und auf dem Kopf feierte das Chaos Urständ, da thronte ein regelrechtes Vogelnest!
    »Ich will Spielzeug!« Der Mann fiel auf den Boden und stampfte mit den Füßen auf.
    Er war der älteste Sohn im Haus der Stalkone, der seinen Vater nicht mehr beerben würde und deshalb Stalkon ohne Krone genannt wurde. Er hatte von einem Tag auf den anderen den Verstand verloren. Eine Strafe der Götter oder lediglich ein Zufall? Natürlich konnte er keinen Anspruch auf die Krone erheben, die auf den jüngeren Prinzen übergehen würde, der wie alle Männer dieses Geschlechts den Namen Stalkon trug. Der älteste Sohn, fast mein Altersgenosse, doch vom Verstand her ein Vierjähriger, hatte mehrere Kindermädchen und lebte in seiner eigenen, vermutlich sehr glücklichen Welt, in der es keinen Schmerz, keinen Dreck und auch kein Blut aus der echten Welt gab.
    »Solltest du nicht längst schlafen? Wo sind deine Kindermädchen?«, fragte der König seinen Sohn. In seiner Stimme schwang eine ungewohnte Zärtlichkeit mit.
    »Dumme Mädchen!«
    »Ich bring ihn raus!«, mischte sich Kli-Kli ein. »Komm mit, Klein-Stalkon, gehen wir. Ich geb dir Spielzeug.«
    »Spielzeug?!« Der älteste Sohn des Königs sprang rasch auf und setzte dem Narren nach, der bereits zur Tür hinaus war.
    Schweigen hing im Raum.
    »Ich bitte um Vergebung.«
    »Aber, bitte, Euer Hoheit!« Die gelben Augen der Elfin funkelten

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