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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Stock brannte Licht in den Fenstern.
    Das Gras schluckte meine Schritte. Da die Juninacht zu kalt für Grillen war, erfüllte eine tiefe Stille den Innenhof.
    Da war auch schon die Küchentür. Die im Wind zuckende Flamme einer Fackel hatte die Mauer neben dem Eingang schon ganz verrußt. Als ich die bronzene Klinke sanft nach unten drückte, öffnete sich die Tür. Hatten die hier vollends den Verstand verloren?! Die Tür über Nacht nicht abzuschließen – warum ließ ihnen der Herzog das durchgehen? Nun, nach der heutigen Nacht dürften sie etwas vorsichtiger sein!
    In keinem Herd brannte ein Feuer, nur einige Fackeln an den Wänden tauchten den riesigen Raum in flackernd orangefarbenes Licht. Überall türmte sich dreckiges Geschirr, auf einem Tisch schlief ein kleiner Küchenjunge. Der Arme musste einen schweren Tag hinter sich haben. Mal sehen, was der Herzog zu essen bekam … Ach ja, das würde ich auch nicht verschmähen.
    Ich konsultierte den Lageplan, den ich am sichersten aller Orte versteckt hatte: in meinem Kopf. Die Tür da hinten führte in den Bankettsaal und zu der hohen Marmortreppe hinauf in den ersten Stock. Aber die wollte ich lieber nicht nehmen, solange es einen anderen Weg gab. Durch die Eichentür rechts würde ich in den Flügel der Dienstboten und von dort ebenfalls in den ersten Stock gelangen, ohne jedoch an einer Wache vorbei zu müssen. Sicher, die dürften, soweit ich dieses Völkchen kannte, längst schlafen. Trotzdem wollte ich kein Risiko eingehen.
    In dem halbdunklen Gang, in den ich kam, brannte jede zweite Fackel. Es gab also Schatten! Im Notfall konnte ich mich an die Wand pressen oder in eines der Zimmer schlüpfen. Vorsichtig, denn die Dielen knarzten, lief ich den Gang hinunter. Hinter einer Tür rechter Hand ließ sich das Schnarchen eines kräftigen und zufriedenen Mannes vernehmen. Das war mit Sicherheit ein Wachtposten – nur sie waren in der Lage, eine solche Vielfalt an Schnarchlauten hervorzubringen, noch dazu in dieser Lautstärke! In mich hineingrinsend, bewegte ich mich weiter, leise und langsam, denn zur Eile bestand kein Grund.
    Der Gang knickte im rechten Winkel ab. Ich huschte um die Ecke – und lief buchstäblich einem jungen Diener in die Arme.
    Der Junge sprang zurück und starrte entgeistert die dunkle, hochgewachsene Figur an, mit der er gerade zusammengestoßen war, um dann, wie ein halberstickter Welpe jammernd, die Flucht zu ergreifen. »Ein Dieb! Ein Mörder!«
    H’san’kor soll mich fressen! Der Bengel würde mir das ganze Haus aufwecken!
    Während ich dem Diener nachsetzte, zog ich das Messer. Erst am Ende des Ganges holte ich ihn ein, der Junge hatte einen ordentlichen Schritt am Leibe. Ich nahm kurz mein Ziel in Augenschein und ließ seinen Schädel Bekanntschaft mit dem Messergriff schließen. Ich achtete geflissentlich darauf, Maß zu halten. Andernfalls müsste ich mich nicht mit einem ohnmächtigen, sondern mit einem toten Diener herumschlagen. Der Junge verlor das Bewusstsein, und ich fing ihn auf, bevor der Körper zu Boden sackte. Und jetzt? Schließlich konnte ich ihn nicht hier im Gang lassen, womöglich würde sonst noch ein Schlafwandler über ihn stolpern!
    Ich packte den Jungen also unter den Achseln und stieß die nächstbeste Tür auf. Ein leerer Raum. Wunderbar! Ich stopfte den bewusstlosen Diener in einen Schrank und schloss die Zimmertür sorgfältig hinter mir. Morgen früh würde er schon wieder zu sich kommen. Wenn er seinen Verstand dann noch beieinander hatte, würde er über den nächtlichen Vorfall kein Sterbenswörtchen verlieren.
    Weiter. Da war die Treppe, die aus dem Dienstbotentrakt hoch zu den Gemächern des Herzogs führte. Das kostete mich keine zwei Minuten. Nun lag bloß noch die schwere Eichentür vor mir, die in den Flügel des Herzogs führte. Natürlich war sie abgeschlossen, aber das war lediglich eine Frage der Technik.
    Der Gang dahinter war ebenfalls finster und leer. Reich verzierte Wände, in Nischen Marmorstatuen der zwölf Götter, die einzelnen Zimmertüren, ein tückischer Boden aus schwarzen und weißen Platten singenden issylischen Marmors, auf denen jeder Schritt unnatürlich laut widerhallte.
    Verflucht! Jetzt müsste ich fliegen können! Es würde die ganze Meisterschaft, die Sagoth mir geschenkt hatte, verlangen, um kein Geräusch zu machen – und das Schlafzimmer lag am anderen Ende des Ganges.
    Plötzlich vernahm ich hinter mir ein Knurren.
    Ich fuhr zusammen und erstarrte, einen Fuß

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