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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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will ich hoffen«, bemerkte Rotbart. »Wenn Lonton erfährt, wer uns bezahlt hat, damit wir diesen Dieb erledigen, landen wir auf dem Streckbrett. Also halt bloß deinen Mund!«
    »Seit wann ist das Diebsgesindel so wichtig, dass wir aufs Streckbrett kommen, nur weil wir für sein vorzeitiges Ende sorgen?«
    »Seit uns dieser Mann bezahlt hat.«
    »Aber ist es denn sicher, dass der Dieb heute Nacht über die Mauer klettert?«, fragte Roe.
    »Nein, sicher ist es nicht«, antwortete Justin mürrisch. »Man hat uns nur gesagt, wir sollen hier warten und die Augen offen halten. Wenn er in den nächsten Nächten auftaucht, sollen wir ihn umbringen.«
    »Na, herrlich!« Rotbart spuckte aus. »Und wenn er überhaupt nicht auftaucht? Warum sollte er denn so dämlich sein, da drüberzuklettern?«
    Zur Bekräftigung seiner Worte zeigte Rotbart mit dem Finger auf die Mauer, woraufhin alle anderen Soldaten zu ihr hinüberschielten.
    »Was stehen wir dann hier rum?«
    »Weil unser Auftraggeber uns zehn Goldmünzen dafür gegeben hat!« Justin verlor allmählich die Geduld.
    »Ich würde allerdings zu gern wissen«, sinnierte Yargee, der angestrengt ins Dunkel starrte, »warum ihm eigentlich so am Tod des Diebes gelegen ist?«
    »Hör endlich auf damit«, zischte Gigant.
    »Ich hab ja nur mal laut gedacht«, beeilte sich Yargee zu versichern und hielt nun endlich den Mund.
    Sicher, niemand liebt mich, alle wollen meine Seele mit dem größten Vergnügen zu einem vorzeitigen Treffen mit Sagoth schicken. Nun ist also ein weiterer Gönner aufgetaucht, der die Soldaten dafür bezahlt hat, dass sie ihm meinen armen Kopf servieren. Womit ich ihn wohl dermaßen gegen mich aufgebracht hatte? Was für eine widerwärtige Woche! Innerhalb weniger Tage hatte ich mir mehr Schwierigkeiten eingebrockt als in meinem ganzen bisherigen Leben. Fürs Erste beschloss ich daher, im Schatten abzuwarten, bis die Soldaten sich verzogen hatten.
    »Haltet jetzt endlich das Maul! Alle miteinander!«, knurrte Justin. »Man hat uns befohlen, diesen Abschnitt zu überprüfen, und genau das werden wir auch tun.«
    »Aber hier ist niemand.« Roe spuckte aus.
    »Stimmt. Deshalb gehen wir jetzt die Mauer ab, vielleicht stoßen wir ja irgendwo auf ihn.«
    »Auf Meuchelmörder werden wir stoßen. In dieser Gegend gibt es nur Verrückte, die murksen alle ab. Aber dass wir diesen Dieb schnappen, ist höchst unwahrscheinlich«, lamentierte Gigant. »Stockdunkel, wie es hier ist.«
    »Warum zerbrechen wir uns darüber eigentlich den Kopf?«, platzte der Mann mit silbergrauem Haar heraus, der neben Yargee stand. »Wir haben das Geld bekommen, alles andere kann uns egal sein.«
    »Seh ich ganz …«
    Roe hatte den Satz noch nicht beendet, da sprangen aus der Gasse, aus der vor Kurzem die Stadtwache aufgetaucht war, unter grauenvollem Geblöke zwei Dutzend Doralisser mit Keulen in der Hand heran.
    »Aaa-lar …!«, setzte ein Soldat, der ganz außen stand und bisher geschwiegen hatte, zum Schrei an. Ein herbeistürmender Doralisser zog ihm jedoch eins mit der Keule über und zerschmetterte ihm den Schädel.
    Ein Tohuwabohu brach los. Schreie, Geblök, Waffengeklirre. Bevor die Soldaten überhaupt ihre Hellebarden aufpflanzen konnten, saßen ihnen die Doralisser bereits dicht auf der Pelle. Die Keulen der Böcke fuhren ihre blutige Ernte ein. Rotbart fiel, Justin fiel, Blut spritzte auf, ein weiterer Soldat sank aufs Pflaster. Doch die Doralisser sind dumm, das ist nicht nur so dahergesagt. Statt ihren Erfolg auszubauen und den überraschten Soldaten den Todesstoß zu versetzen, stürzten sich diese kreuzdämlichen Böcke auf die vier Leichen, ließen ihre Keulen auf ihnen tanzen und traten mit den Hufen auf sie ein, dabei blökten sie wie rasend. Dummköpfe eben!
    Schließlich riss Gigant das Kommando an sich. Auf seinen Befehl hin zogen sich die Soldaten an die Mauer zurück und pflanzten die schweren Hellebarden, die weitaus beeindruckender wirkten als die kurzen, dornenbesetzten Keulen der Doralisser, vor sich auf. Die Ziegenmenschen achteten nicht auf die Neuformierung und überließen sich weiter ihrer unaufschiebbaren Beschäftigung: die Leichen der Menschen zu zerfetzen.
    Obwohl Gigant fraglos ein ausgemachtes Scheusal war – immerhin hatte er Geld für meinen Kopf genommen –, stellte er sich als erfahrener Soldat und guter Kommandant heraus. Er wartete nicht, bis man seinen Mannen Aufmerksamkeit zu schenken gedachte, und tat genau das, was ich ihm nie zugetraut

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