Schattenwandler 01. Jacob
verletzt wird, besonders im Zuge der sich schnell verbreitenden Neuigkeiten über die Druiden, werden die Folgen schmerzhaft sein. Mit oder ohne Gesetz, ich glaube nicht, dass du mit einer solchen Schuld leben könntest. Du hast nie versagt, genauso wenig wie dein Bruder vor dir. Riskier nicht, dass du verdammt wirst, wo das Glück doch schon vor der Tür steht.“
„Ich hätte sie nie allein lassen dürfen“, gestand Jacob und griff blind nach Isabellas Hand, um sie an seinen Schenkel zu drücken. „Sie hätte das Wichtigste sein müssen für mich.“
„Das war sie doch auch. Oder hast du mit Elijah nur eine kleine Spritztour durch die Wolken gemacht, als du sie zurückgelassen hast?“
„Verdammt, Gideon! Du gehst mir langsam wirklich auf den Sack.“
„Was für eine eloquente menschliche Redewendung“, bemerkte Gideon. „Ich sehe, sie hat nicht lange gebraucht, um dich zu beeinflussen.“
„Mich beeinflussen? Gideon, sie ist ich. Und jeder Teil von mir ist sie. Aber das verstehst du nicht, oder? Wenn du es tätest, hättest du dich niemals an den Gräueltaten beteiligt, die unser Volk an den Druiden begangen hat.“ Jacob wandte sich Isabella zu, und sein Profil zeichnete sich scharf vor der bleichen Scheibe des Mondes ab. „Ich bete darum, dass ich den Moment noch erlebe, in dem du entdeckst, was es bedeutet, die eigene andere Hälfte in einem so zierlichen und wunderschönen Wesen wie meiner Isabella zu finden. Ich sehne den Augenblick herbei, wenn du die Plattitüden bedauerst, die du mir so scheinheilig an den Kopf wirfst.“ Jacob riss seine schwarzen Augen von seiner schlafenden Seelenverwandten los und sah den Heiler an. „Weißt du, warum gerade ich der Vollstrecker bin und nicht jemand anders?“
„Du bist von Noah ausgewählt worden.“
„Genau wie mein Bruder vor mir. Ausgewählt wie meine Großväter und ein Dutzend anderer Vorfahren von mir. Irgendetwas im Blut meiner Familie prädestiniert uns dazu, Vollstrecker zu sein. Als Adam gewählt wurde, dachte ich, dass man mich niemals rufen würde. Ich war ganz … ganz anders damals, als er noch lebte.“
„Das ist lange her, Jacob. Wir waren damals alle ganz anders.“
„Ich war vielleicht zweihundert Jahre alt.“ Jacob lachte leise auf, als er sich daran erinnerte. „Ich war der jüngste Sohn meiner Mutter, ihr Baby, egal, wie alt ich geworden bin. Ich war verzogen, an der Grenze zur Trägheit, und ich glaube, ich hatte nur Blödsinn im Kopf.“ Bei der Erinnerung daran zeigte er ein schiefes Grinsen, was seinen Blick um Jahrhunderte jünger wirken ließ.
„Wir waren im Krieg mit den Vampiren“, fügte Gideon feierlich hinzu. „Und du wurdest ein ziemlich beeindruckender Kopfgeldjäger.“
„Abenteuer und Ruhm“, erklärte Jacob. Wieder lächelte er und sah plötzlich irgendwie verschlagen aus. „Und Frauen“, flüsterte er, als könnte Bella ihn hören. „Damals hatte ich noch nicht genug von Frauen.“ Er seufzte, und sein Lächeln verblasste. „Dann verschwand Adam, ganz plötzlich, ohne jede Erklärung, und wir erfuhren, dass er gestorben war … und ich erfuhr, dass man mich bitten würde, seinen Platz einzunehmen.“ Jacob kam zum Punkt und sah den Urältesten an, um das zu unterstreichen. „Ich habe seitdem nicht ein Mal versagt. Und solange ich lebe, werde ich es nicht zulassen, dass ein Dämon sich an einer anderen Spezies vergeht. Und ich werde es nicht zulassen, dass einer von uns, der sich an einem anderen vergangen hat, seiner gerechten Strafe entgeht. Das ist meine Berufung. Das ist alles, was ich kann und wofür ich mich jemals eignen werde. Daran wird weder ein Gesetz etwas ändern noch die Liebe. Nur der Tod. Mein Gesetz, das geltende Gesetz, so wie wir es kennen, besagt, dass nur der Tod den Vollstrecker aus der ihm übertragenen Position entfernen kann. Wenn du jemals irgendetwas über dieses andere Gesetz verlauten lässt, wird es denen im Rat, die mich hassen – und das ist die Mehrheit –, einen Grund geben, mich aus dem Weg zu räumen. Kane ist noch nicht bereit, Gideon. Nur er besitzt die besonderen Instinkte, die in unserer Familie vererbt werden und durch die wir als Vollstrecker erfolgreich sind.“
„Eine genetische Anomalie“, sinnierte Gideon und drang sofort mit seinem Geist in den Vollstrecker ein, um nach einem Zeichen dafür zu suchen.
„Ja. Deswegen spüre ich es sofort, wenn ein Dämon in seinen Gedanken die Grenzen der Vernunft überschreitet. Es ist wie eine Radiosendung,
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