Schattenwandler 01. Jacob
sie zitterten. „Wir zeigen nicht gern Schwäche. Jacob und Noah verbergen ihre Schwächen gut, obwohl Noah davon vielleicht gar nicht betroffen ist. Ich bin nicht ganz sicher, aber seine Fähigkeit, Energie zu lenken … ich vermute, er könnte tagelang wach bleiben, wenn er wollte. Er besteht aus Feuer, und nur wenige von uns verstehen die Fähigkeiten eines männlichen Feuerdämons wirklich.“
„Es tut mir leid. Ich wollte euch nicht alle so durcheinanderbringen. Lass uns doch später telefonieren, wenn es dunkel wird. Ein paar Stunden mehr oder weniger spielen für mich oder Corinne keine Rolle.“
„Bist du sicher?“
„Absolut. Es hat keinen Sinn, dir so eine Anstrengung zuzumuten für etwas, was ohne Probleme warten kann.“
„Es wäre aber kein Problem“, versicherte Legna ihr. „Ich würde nur hin und wieder mal gähnen.“
„Trotzdem. Ich gehe wieder zurück an meine Bücher. Hol mich einfach, wenn du ausgeschlafen hast.“
4
Es war wieder Tag, als Jacob durch Noahs Anwesen schwebte, bis er das Gewölbe erreichte. Einen Augenblick lang ließ er seinen staubförmigen Körper im strahlenden Licht tanzen, dann materialisierte er sich und kam leichtfüßig auf dem Boden auf. Auf der Suche nach seiner Beute sah er sich in den hell erleuchteten Katakomben um. Hinter dem nächsten Bücherstapel hörte er ein Rascheln und ging darauf zu.
Ein leiser Fluch war zu hören, ein Grunzen, dann knallte etwas auf den Boden. Als Jacob um die Ecke bog, sah er Isabella an einem der vielen Regale hängen, ihre Füße drei Meter über dem Boden, während sie mit den Zehen nach Halt suchte. Unter ihr auf dem Boden lag ein ziemlich alt aussehender Foliant. Der Staub, den er aufgewirbelt hatte, wies darauf hin, dass es das Buch war, das er gerade hatte fallen hören. Ziemlich weit links von Isabella befand sich die Leiter, die sie offensichtlich benutzt hatte.
Mit einem leisen Seufzer veränderte Jacob die Erdanziehung für sich selbst und schwebte hinter Isabella. „Du wirst dir noch das Genick brechen.“
Sie hatte nicht mit einer Stimme direkt neben ihrem Ohr gerechnet und schrie erschrocken auf. Ihre eine Hand verlor den Halt, ihr Körper schwang nach rechts und traf hart seine Brust. Er drückte Isabella an sich und schob seinen Arm unter ihre Knie, damit sie in Sicherheit war. Sie spürte seine Wärme, die ihr sofort ein Gefühl von Geborgenheit gab, während er sie mühelos zurück auf den Boden brachte. Unwillkürlich presste sie ihre Wange an seine Brust.
„Musst du dich mitten in der Luft so an mich heranschleichen? Das macht einen ganz schön fertig.“
Eigentlich hatte sie ärgerlich klingen wollen, aber ihre leise, atemlose Anklage fiel völlig anders aus. Und überhaupt … wie sollte er denn glauben, dass sie wütend war, wenn sie sich an ihn schmiegte wie ein kleines Kätzchen? Verdammt, Dämon oder nicht, er war immer noch ein unverschämt gut aussehender Mann. Jacob war ausgesprochen elegant, und er bewegte sich bei allem, was er tat, so konzentriert und kraftvoll, dass er die Aufmerksamkeit auf sich zog. Er trug wieder eine gut geschnittene schwarze Hose und diesmal ein mitternachtsblaues Anzughemd mit aufgekrempelten Ärmeln. Sie konnte die Seide an ihrer Wange spüren, und als sie einatmete, roch sie die üppige, schwere Erde, von der er seine Fähigkeiten angeblich bekommen hatte. Abgesehen von den äußerlichen körperlichen Verlockungen wusste Isabella, dass er sehr sensibel war im Umgang mit anderen. Immer wenn er in ihrer Nähe war, konnte sie seine moralischen Gebote durch ihren Geist prickeln hören. Sie wusste, dass sein Herz aus lauter Ehrbegriffen bestand. Wie kam sie nur auf den Gedanken, sich vor ihm zu fürchten? Besonders da er ihr noch nie wehgetan hatte, selbst dann nicht, als äußere Einflüsse ihn dazu zwingen wollten.
„Soll ich dich absetzen oder dich in den Tod stürzen lassen?“, fragte er, lockerte seinen Griff und ließ ihren Körper langsam nach unten gleiten, bis ihre Füße den Boden berührten. Das Wispern ihrer beider Kleidung summte über Jacobs Haut, und er spürte, wie er sich auf jedes noch so kleine Gefühl konzentrierte, das sie ihm schenkte. Die raschelnde Seide ihres Haars, selbst in diesem unordentlichen Zustand, die süße Wärme ihres Atems und ihres Körpers, ihre makellose elfenbeinfarbene Haut. Er wischte ein kleines Staubkorn von ihrer reizenden kleinen Nase. Sie sah schlimm aus. Daran gab es keinen Zweifel. Von Kopf bis Fuß voller
Weitere Kostenlose Bücher