Schattenwandler 01. Jacob
zu lange draußen im Tageslicht mit Legna. Sie ist nicht so stark wie ihr Bruder und ich. Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen, bevor ich mich über den Tag hinlege.“ Er blickte Noah einen Moment lang an. „Ich nehme an, du hast hier auch noch einiges zu tun?“
Noah verstand Jacobs Warnung, dass es keine gute Idee wäre, wenn er Isabella begleitete. Der König hatte nichts anderes vorgehabt, als wieder ins Bett zu gehen, sobald sich die Situation beruhigt hatte. Obwohl die Auseinandersetzung beigelegt war, bestürzte ihn Jacobs Besitzgier hinter der verschleierten Drohung immer noch.
Zwar war Jacobs Loyalität ihm gegenüber bei allem, was er tat, unerschütterlich, aber Noah machte sich keine Illusionen darüber, dass Jacob diese Frau als seinen Besitz betrachtete. Noah wusste, es war von Natur aus eine gefährliche und ungesunde Einstellung, der er nicht nachgeben sollte. Einfach weil er kein Recht dazu hatte. Auf der anderen Seite konnte er ein nagendes Gefühl in seinem Hinterkopf nicht loswerden, dass diese Provokation, auf solche Weise als Isabellas Beschützer aufzutreten, irgendetwas sehr Wichtiges zu bedeuten hatte. Es war zu merkwürdig, zu tief eingebrannt. Es musste etwas sehr Wichtiges bedeuten. Er würde darüber nachdenken müssen, während er schlief. Noah hoffte, er würde klarer sehen, wenn er wieder aufwachte. Wahnsinn, Nekromanten oder was auch immer Isabella Russ dazu befähigte, Noahs mächtigste Freunde und Verbündete dazu zu bringen, alles aufs Spiel zu setzen, um sie zu beschützen – Noah ahnte instinktiv, dass alles irgendwie zusammenhing.
„Ich kehre jetzt zurück in mein Gemach“, verkündete Noah, mehr um Jacob zu beruhigen. „Legna, zögere nicht, mich zu rufen, falls du oder Isabella mich braucht.“ Er schwieg volle zwei Sekunden. „Und sollte eure Sicherheit in irgendeiner Weise bedroht sein, schlage ich vor, dass ihr auch Jacob ruft. Er ist vielleicht schneller bei euch, als ich es sein kann.“
Noah entging nicht, wie die Anspannung des Vollstreckers sich mit einem Mal löste. Der König hatte Jacobs Beschützerinstinkte zur Ruhe kommen lassen wollen, und das war ihm mit unglaublicher Diplomatie auch gelungen. Das Wissen, nicht aus dem Kreis ausgeschlossen zu sein, schien den Erddämon sehr zu entspannen.
Diesmal benutzte Noah die eher langweilige Treppe, um den Raum zu verlassen.
Jacob beschloss, dass ein schneller Abgang der einzige Weg war, um den nötigen Abstand zwischen sich und Isabella zu bringen. Blitzartig verwandelte er sich in eine Wolke aus Staub, die schnell in die Höhe strebte und durch das hohe schmale Fenster aus Buntglas verschwand.
„Das ist echt cool“, seufzte Isabella.
„Ich denke, das ist es“, stimmte Magdelegna zu, während sie Bella mit einem warmen Lächeln tröstend über die Schulter strich. „Soll ich dich zu einem Telefon bringen?“
„Warum gibt es hier keine Telefone?“, wollte Isabella wissen.
„Am besten lässt sich das wohl dadurch erklären, dass Technologien wie Elektrizität und Telefon nicht immer übereinstimmen mit den Dämonen. Wir glauben, weil wir so tief in der Natur verwurzelt sind, funktionieren die technischen Geräte der Menschen einfach nicht richtig, wenn wir in der Nähe sind. Sie … ‚spielen verrückt‘, so sagt man, glaube ich. Es kommt zu Ausfällen.“
„Oh“, erwiderte Isabella leise.
„Manchmal passiert überhaupt nichts.“ Legna zuckte die Schultern. „Und manchmal gehen durch unsere bloße Anwesenheit Dinge kaputt. Das ist einer der Gründe, warum Dämonen sich nicht so einfach unter die Menschen mischen können. Ihr seid ziemlich abhängig von eurer Technik. Viele von uns ziehen es vor, abgeschieden zu leben … in ländlichen Gebieten wie hier.“
„An Orten, wo eine altertümliche Lebensweise nicht besonders auffällt“, überlegte Bella. „Ich verstehe.“ Sie hielt einen Moment lang inne. „Darf ich noch eine letzte Frage stellen?“
„Ich bezweifle, dass es die letzte sein wird“, lachte Legna. „Du kannst gern alles fragen.“
„Wie kommt es, dass ihr alle wach seid? Ich dachte, ihr hättet ein starkes Bedürfnis, tagsüber zu schlafen.“
„Fähige Ältere wie Noah und Jacob können dieses Schlafbedürfnis mit einiger Anstrengung und lebenslanger Selbstbeherrschung überwinden. Jüngere Dämonen, so wie ich, sind da viel anfälliger. Dieser Morgen war für uns alle sehr anstrengend.“ Sie streckte ihre Hände aus, und Isabella bemerkte zum ersten Mal, dass
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