Schattenwandler 01. Jacob
Staub und Schmutz. Und sie roch nach einem alten Buch, aber dieser erdige Duft würde jemanden wie ihn niemals abstoßen. Jacob holte tief Luft, als die Hitze, die sie immer verströmte, sein kühles Blut erregte. Mit jedem Augenblick, der verging, wurde es stärker, mit jedem weiteren Tag, und es gab keine Sekunde, in der er es nicht spürte. Er versuchte sich einzureden, dass es nur am zunehmenden Mond lag, aber diese Begründung befriedigte ihn nicht. Der heilige Wahnsinn würde nicht jedes Mal, wenn er in ihr engelsgleiches Gesicht blickte, so einen unerwarteten Drang auslösen, zärtlich zu sein. Er würde ihm niemals erlauben, diese einfachen und doch so bedeutungsvollen Regungen zu genießen, ohne ihn gleich zur Tat zu drängen. Es stimmte, er brauchte alle Kraft, um sich zu beherrschen. Er unterdrückte die Wogen des Verlangens und der Lust, die ihn manchmal so erbarmungslos überfluteten, dass es ihn fast zerriss. Aber trotzdem war es irgendwie anders.
Auch musste er anerkennen, dass das Verschmelzen ihrer beider Gedanken etwas wirklich Einzigartiges war. Vielleicht konnte ein Mensch einen solchen Kontakt auslösen, wenn er ein Medium war oder ein Hellseher mit bemerkenswerten Fähigkeiten. Aber sie behauptete nicht, dass sie solche Fähigkeiten besaß. Jeden Tag wurden die Bilder in ihrem Geist klarer für ihn. Sie hatte sogar begonnen, ihm bewusst visuelle Eindrücke als Antwort auf einige Gespräche zu senden, die sie mit Noah, Elijah und Legna geführt hatten. Jacob hatte das Gefühl, wenn sich die Dinge in dieser Form weiterentwickelten, würden er und Bella sich bald angeregt unterhalten können, ohne überhaupt den Mund aufzumachen. Er hatte keinerlei Beweise für diese Vermutung, aber es schien die natürliche Weiterentwicklung des zunehmend stummen Austauschs zwischen ihnen.
Bei mehreren Gelegenheiten hatte er bemerkt, wie Legna sie neugierig anstarrte. Glücklicherweise war sie ein weiblicher Geistdämon und daher keine vollständige Telepathin. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte sie Zeuge einiger ziemlich privater Wortgeplänkel zwischen ihm und Isabella werden können. Nichts Gewagtes, aber er fand, dass Isabella einen so respektlosen Humor hatte, dass er nicht sicher war, ob andere ihn so verstehen würden, wie er es offensichtlich tat.
Es war ein intimer Austausch, der ihm sehr gefiel. Und es war der einzige Weg, wie sie zusammen sein konnten, ohne dass Legna oder Noah sich einmischten. Es war schon ärgerlich genug, dass die Empathin ständig in seinen Gefühlen herumschnüffelte, um sicherzugehen, dass er seine Urinstinkte unter Kontrolle hatte. Da der König nicht in der Lage war, ihn der gewöhnlichen Strafe zu unterziehen, mit der diejenigen gezüchtigt wurden, die, wie er mit Isabella, eine Grenze überschritten hatten, war er gezwungen worden, ein bisschen kreativer zu sein. Und so hatte Noah Legna, den empathischen Bluthund, auf ihn angesetzt. Und das ging ihm gehörig auf die Nerven. Er wusste, dass sie immer da war, und das verletzte seinen Stolz zutiefst.
Trotzdem konnte er Isabella nicht aus seinem Kopf verbannen. Und da selbst der kleinste Gedanke an sie einen Ansturm von Fantasien auslöste, der seinen Körper sofort in Bereitschaft versetzte – nun ja, das war das Letzte, wofür er sich ein Publikum gewünscht hätte.
Er hatte ein wenig planen und geschickt eine Kräuterteemischung anwenden müssen, um sich Legnas Überwachung zu entziehen und sich in das Gewölbe zu schleichen. Die Empathin schlief wie eine Tote, und das würde bis zum Abend so bleiben.
„Ich wäre nicht in den Tod gestürzt“, widersprach Bella trotzig. „Ich hätte mir höchstens ein Bein gebrochen oder mir eine Gehirnerschütterung zugezogen. Junge, ihr Dämonen tut immer so, als wäre alles gleich so intensiv und folgenschwer.“
„Wir sind sehr intensive Leute, Bella.“
„Was du nicht sagst.“ Sie entwand sich seiner Umarmung und trat einen Schritt zurück. Jacob war durchaus bewusst, dass sie es mit voller Absicht tat. „Ich habe Bücher gelesen, die siebenhundert Jahre zurückreichen. Zu der Zeit warst du wahrscheinlich nicht mehr als ein Funkeln im Auge deines Vaters.“
„Der Reifeprozess bei Dämonen dauert zwar schon ziemlich lang, aber keine achtundsiebzig Jahre.“
„Ja, das habe ich gelesen. Stimmt es, dass eine Frau dreizehn Monate braucht, um ein Kind auszutragen und zu gebären?“
„Mindestens.“ Er sagte es so beiläufig, dass Bella lachen musste.
„Du hast leicht
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