Schattenwandler 01. Jacob
gegeben. Immer nur einen. Niemals zwei. Dort ist nicht von mir die Rede und auch nicht von irgendeinem unbekannten Druiden aus ferner Zukunft …“ Er blinzelte, und die schockierende Erkenntnis fuhr ihm durch alle Glieder. „ Du bist es. Noah, sie ist es!“
„Kann das sein?“, flüsterte Noah und betrachtete die Menschenfrau voller Ehrfurcht, während er schnell versuchte, Jacobs Gedanken nachzuvollziehen. „Ein menschlicher Vollstrecker?“
„He, Moment mal! Immer mit der Ruhe, Jungs. Jetzt wollen wir mal nichts überstürzen“, rief Isabella hastig und hob abwehrend die Hände, während sie ein paar Schritte rückwärts ging, als würden die beiden versuchen, sie anzugreifen. Zwar hätte sie einen Wettlauf gegen die beiden niemals gewonnen, trotzdem fühlte sie sich im Moment besser so. „Ich bin keine Vollstreckerin. Ich bin zu klein, zu … Ich bin ein Bücherwurm! Ich bin schwach! Ich bin ein Mensch . Hört auf, mich so anzustarren! Ihr habt doch nicht mehr alle Tassen im Schrank!“
„‚ Der Vollstrecker wird geboren, um die Transformierten zu jagen. Er wird die Macht haben zu töten.‘ Saul, kleine Blume. Erinnerst du dich? ‚ … Sie zu verfolgen, das Ungesehene zu sehen, mit Mut und Instinkt auch die Mächtigsten und Verderbtesten zu bekämpfen.‘ Du hast ihn getötet.“
„Das war ein Unfall!“
„ ‚Sich unbemerkt zu bewegen …‘ Die Älteren wussten nicht einmal, dass sie in meinem Haus ist“, fügte Noah immer noch verblüfft hinzu. „Sie konnten sie nicht riechen und nicht spüren. ‚Die Gedanken dieses Vollstreckers sind versiegelt außer für Angehörige seiner Sippe …‘ “
„Das ist lächerlich! Jacob ist ständig in meinem Kopf unterwegs, und ich kann dir versichern, ich bin in keinster Weise verwandt mit ihm!“
„‚ … und für seinen Gatten …‘ “
Isabella hörte die schicksalhaften Worte, die über Jacobs Lippen kamen, wie ein Echo.
Sie hatte gewusst, geahnt, dass die Verbindung zu Jacob nicht so etwas Banales war wie Verliebtheit, die irgendwann verging. Jacob hatte es auch gewusst. Er hatte sie trotz allem, wofür er stand, in seine Arme geschlossen. Denn irgendwie hatte auch er gewusst, dass diese Anziehungskraft nichts mit dem Heiligen Mond zu tun hatte. Noch vor ein paar Tagen hätte sie sich das alles nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorstellen können, und wenn sie sich auch noch so bemüht hätte. Fakten und Fantasie verschwammen in ihrem Kopf und vernebelten ihre Sicht auf die Dinge wie eine erstickende Wolke. Alles Blut wich aus ihrem Kopf, heiße und kalte Schauer überliefen sie. Es war die Furcht, aber noch viel mehr die Erregung wegen all der möglichen und gefährlichen Konsequenzen, die ihr nun überdeutlich bewusst wurden.
Isabella fiel zu Boden wie ein Stein.
„Hast du eine Ahnung, wie sich das alles auf uns auswirken wird?“
Jacob, der neben Isabella saß, hob den Blick und hörte auf, über ihre seidenweichen Haare, die er so liebte, zu streichen. Er war nicht schnell genug gewesen, und sie war hart gefallen. Mit der anderen Hand presste er ein Stück Stoff auf eine Platzwunde an ihrer Stirn, um das Blut zu stillen, das immer noch heraussickerte.
„Ich weiß, wie es sich auf dich auswirken wird“, erwiderte Noah vom Fenster her, während er aufs Meer hinausstarrte. „Ich weiß, das erklärt, warum du nicht in der Lage warst, ihr zu widerstehen.“
„Wir könnten uns irren.“ Jacob nahm eine dicke Strähne ihres glatten braunen Haars und wickelte sie sich um den Finger. „Sie ist so zierlich und so jung. Wie kann es ihr bestimmt sein zu tun, was ich tue?“
„Sie ist gar nicht ausgebildet, und doch hat sie Saul aufgespürt und ihn getötet“, gab der Monarch zu bedenken.
„Reiner Zufall“, entgegnete Jacob.
„Dann erklär mir, was mit Elijah passiert ist.“
Das konnte Jacob nicht, und Noah wusste es. Elijah war ein jahrhundertealter erfahrener Krieger, Feldherr einer Armee von Dämonen, die sich der Kriegskunst und der Verteidigung verschrieben hatten. Er war mächtig und genauso erfolgreich bei seinen selbst auferlegten Pflichten wie Jacob. Und doch …
„Ich kann es nicht erklären“, gab er widerstrebend zu.
„Sie hat dich beschützt“, erklärte Noah sachlich. „Ganz instinktiv. Wie eine Wölfin ihr Männchen beschützen würde.“
„Noah, sie ist ein Mensch ! Nach allem, was man mir in Hunderten von Jahren beigebracht hat, kann ich nicht ihr Gatte sein und sie nicht meine Gattin! Ich werde
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