Schattenwandler 01. Jacob
hat. Eine Annahme, die zum Beispiel durch deine ungewöhnliche Fähigkeit gestützt würde, Ereignisse vorauszuahnen.
Die Druiden ziehen ihre Kraft aus der Natur, genau wie wir. Zum Beispiel deine hoch entwickelten Sinne, die schnelle Wundheilung und deine ungewöhnliche Ausdauer. Auch dein neues instinktives Kampfgeschick ist eine Abweichung. Aber deine Fähigkeit, die Präsenz von Macht zu spüren, besonders des Bösen, hast du direkt aus der Natur. Es ähnelt der Intuition, die ein Beutetier besitzt und mit der es die Nähe eines Räubers spürt.“
„Der Nekromant!“ Jacob runzelte die Stirn. „Hat sie ihn geahnt, obwohl ich es nicht konnte? Ich verstehe immer noch nicht, warum ich ihn nicht einmal kurz bevor er zugeschlagen hat fühlen konnte.“
„Mit dir ist alles in Ordnung, Jacob, dir fehlen nur Informationen. Viele Dämonen leben völlig abgeschieden. Werden sie abberufen, bekommt niemand es mit. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Nekromanten sich jemanden holten, der in deinem Umfeld lebt.“
„Und warum?“
„Ich habe vor Kurzem entdeckt, dass Lucas, der Älteste, verschwunden ist. Ich nehme an, er wurde abberufen.“
Jacob zog scharf die Luft ein, und sein Körper spannte sich so sehr an, dass Isabella ihn tröstend in den Arm nahm. Unwillkürlich erwiderte er die Geste, während er ihr in die Augen sah. „Lucas ist ein Geistdämon. Wenn sie ihn gefangen setzen, wird er sie überall hinteleportieren, wohin sie wollen. Sie könnten dann ohne Vorwarnung aus dem Nichts erscheinen.“
„Aber da war kein Rauch und kein Geruch nach Schwefel, als Legna teleportiert hat.“
„Älteste hinterlassen nicht solche Spuren. Sie sind in der Lage, sich selbst und auch andere relativ sauber zu transportieren. Solange Lucas unter ihrem Einfluss steht, kann er sie ohne Vorwarnung überall hinbringen, und das ist noch ein Grund, warum wir in großer Gefahr sind. Und das betrifft besonders die, die Lucas nahegestanden haben oder mit ihm bekannt waren.“
„Konzentrieren wir uns auf die Frage, welche Kräfte Bella besitzt“, sagte Jacob schnell. „Gibt es irgendetwas, worauf wir uns einstellen müssen?“
„Unglücklicherweise ja.“
„Unglücklicherweise?“, wiederholte sie.
„Ich sage das natürlich aus dem Blickwinkel eines Dämons, der früher selbst am Krieg gegen die Druiden teilgenommen hat. Ich werde versuchen, mich in Zukunft unvoreingenommen zu äußern.“
„Tu das“, sagte Isabella trocken.
„Ich bin nicht der Einzige, der so voreingenommen reagieren wird, wenn sich erst einmal herumspricht, um was für eine Kraft es sich handelt. Man wird dir mit ziemlichen Vorbehalten begegnen.“
Wieder verdrehte Isabella die Augen. „Im Gegensatz dazu, wie man mit mir als Mensch umgeht?“
„Vielleicht untertreibe ich. Es kann sein, dass man dich als eine so große Bedrohung ansieht, dass die Feindseligkeiten zwischen Dämonen und Druiden wieder aufflammen. Dein Leben könnte in Gefahr sein.“
„Moment mal, ich dachte, einem Menschen etwas zu tun, sei nicht erlaubt“, entgegnete Bella und wand sich, als Jacobs Griff an ihrem Arm unangenehm fest wurde. Sie brauchte seine Gedanken nicht zu lesen, um zu wissen, was er fühlte.
„Du bist nicht hundertprozentig ein Mensch. Versteh mich nicht falsch, wir haben uns seit damals erheblich weiterentwickelt. Aber auch in unserer Gesellschaft gibt es Fanatiker, wie überall. Und obwohl wir uns gern einbilden, dass wir bestimmte Verhaltensmuster abgelegt haben, kann Angst eine starke Triebfeder sein.“
„Sag es uns einfach“, bat Jacob leise.
„Sie kann Kräfte schwächen. Das wirkt bei jedem übernatürlichen Wesen. Bei Nekromanten, Vampiren, Lykanthropen …“
„… Dämonen.“
„Ja“, bestätigte Gideon. „Und es geht nicht nur darum, dass die Kräfte etwas nachlassen, es sei denn, das hätte sich durch die Vererbung inzwischen geändert. Sie kann dir vorübergehend sämtliche Kräfte rauben. Sobald diese Fähigkeit in dir zum Leben erwacht ist, Isabella, wird sie immer da sein. Du musst lernen, sie auszuschalten. Genau diese Kraft war es, die es dem König der Druiden ermöglicht hat, den Herrscher der Dämonen zu töten. Es sollte ein friedliches Treffen sein. Als sie dann allein waren, hat der Druide die Kraft des Dämons geschwächt und ihn getötet.“
„Oh mein Gott. Wie konntet ihr euch dann überhaupt gegenseitig trauen? Wieso konntet ihr mit ihnen zusammenleben, wo ihr doch wusstet, dass sie euch so überlegen
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