Schattenwandler 03. Elijah
inzwischen einfach zu gut darin, ihre Spuren zu verwischen, als dass wir es einem Krieger wie mir überlassen könnten, auch wenn ich noch so mächtig bin. Der Vollstrecker dagegen ist schon mit der Gabe zur Welt gekommen, seinesgleichen aufzuspüren. Er wird sie schon finden. Sie ist verflucht und rabenschwarz, mutiert und vergiftet, aber sie ist immer noch ein Dämon.“ Elijah seufzte und schloss die Augen, als der Morgenwind den Duft nach Erde und nach Gras zu ihnen trug. „Sie wird sich irgendwo verstecken und uns alle möglichen Steine in den Weg legen, aber ich verlasse mich da voll und ganz auf Jacob. Und in der Zwischenzeit kann unser Leben nicht bloß daraus bestehen, sie zu jagen und sie zu bekämpfen, Kätzchen. Dann hätte sie einen Sieg davongetragen, an den sie gar nicht gedacht hat.“
Siena erschauerte leicht, streckte ihre feingliedrigen Hände aus, umspannte damit seinen muskulösen Oberarm und strich mit dem Daumen über den Reif, der ihn an sie band.
„Wenn ich daran denke, dass du fast getötet worden wärst …“
„Ach was. Ich bin schneller und stärker als sie mit ihren Tricks, Kätzchen. Ich war nur Luft, als die Waffe Mary durchbohrt hat. Ich wünschte nur, ich hätte genug Zeit und Kraft gehabt, sie auch zu beschützen, aber mit der Wunde an meinem Arm …“ Er seufzte leise, als sie mit den Fingern zärtlich die verheilende Schnittwunde an seinem Arm nachfuhr. „Etwas in mir würde Mary das, was sie aus Liebe zu ihrer Mutter getan hat, am liebsten verzeihen.“
„Ich werde ihr niemals verzeihen“, widersprach Siena aufgebracht, kämpfte blinzelnd gegen das Brennen in ihren Augen an und legte den Kopf an seine Brust. „Es ist schwer, sich gegen die eigene Mutter zu stellen, weil man eine andere Überzeugung hat, aber man muss es tun, wenn es dazu kommt. Als ich vor dieser Entscheidung stand, war ich auch nicht viel älter als Mary. Ich habe mich sogar damit abgefunden, dass mein Vater eines Tages würde sterben müssen, dass er sterben musste , wenn das, was richtig war, jemals Früchte tragen sollte.“ Sie blickte auf, als er sich unter ihrer Berührung anspannte. „Es ist nun mal der Lauf der Welt, dass die Jungen erst nach dem Tod der Eltern deren Platz einnehmen. Jedes Lebewesen, ob tierisch oder menschlich, ist diesem Schicksal unterworfen. Du weißt, dass es so ist“, sagte sie nachdrücklich, und ihre Stimme senkte sich zu einem rauen Flüstern.
„Ja, ich weiß es“, pflichtete er ihr ruhig bei. „Aber für intelligente Lebewesen ist es nicht so leicht, Teil dieses Kreislaufs zu sein.“
„Das sollte es auch nicht. Und ich hoffe sehr, es ist für keinen von uns jemals leicht.“
Siena hob den Kopf, atmete tief ein und nahm mit dem Wind die vielen fremdartigen Gerüche dieses Teils von Nordamerika auf, in dem sie noch nie gewesen war.
„Ich bin so wenig herumgekommen in meinem Leben“, stellte sie fest, atmete abermals tief durch und roch die ganze Pflanzenwelt und die ganze Tierwelt. „Ich bin jedes Mal erstaunt, dass die Luft überall anders riecht.“
„Ja. Ein bemerkenswertes Phänomen. Ein bisschen so wie du und ich und die Verbindung, die wir teilen. Einzigartig und doch ganz einfach.“
„Hm“, machte sie zustimmend. Dann löste sie sich lächelnd von ihm. „Die Sonne rückt uns auf den Pelz. Meinst du nicht, es ist Zeit, dass du mir dein Haus zeigst?“
„Die Besichtigung“, sagte er und lachte verschmitzt in sich hinein, packte sie und zog sie an sich, während er gleichzeitig mit dem Fuß den Türflügel zur Bibliothek aufstieß und sie über die Schwelle trug, „kann warten. Ich habe etwas anderes vor, und dafür musst du nur ein Zimmer in diesem Haus kennenlernen.“
„Das Schlafzimmer?“
„Das Schlafzimmer“, nickte er und bekam als Antwort das betörende, kraftvolle Lachen, das er so liebte. Und sofort spürte er, wie das brennende Verlangen nach ihr ihm die Haut versengte.
„Ist dir noch nie der Gedanke gekommen, dass ich ein bisschen zu müde sein könnte für deine Vorhaben, wo ich doch gerade unsere Erzfeindin besiegt und einen ganzen Wald voller Nekromantinnen ausgerottet habe?“
„Doch“, antwortete er mit einem übermütigen Grinsen, als er mit großen Schritten den letzten Treppenabsatz nahm und in die Hauptwohnung ging, „aber du bist mir zu ähnlich, Siena. Nach der Hitze des Gefechts sehnst du dich nach der Hitze der Leidenschaft. Außerdem hast du mir versprochen, dass ich Punkteverbinden spielen darf, und
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