Schattenwandler 03. Elijah
Hause. Du wirst mich nicht mehr wiedersehen, das schwöre ich dir …“
„Nein. Es geht dir noch nicht so gut“, widersprach sie und beugte sich etwas zurück, um ihm in die Augen zu sehen. „Ich habe mich entschlossen, dich gesund zu pflegen, und das werde ich auch. Ich … ich bin nur …“ Sie wusste nicht mehr weiter, wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht und schüttelte den Kopf.
„Du musst dir klarmachen, was hinter alldem steckt“, sagte er eindringlich und legte seine Finger unter ihr Kinn, damit sie ihm wieder in die Augen sah. „Schon in einer Woche ist Samhain. Deine Spezies wird davon genauso beeinflusst wie meine. Dämonen stehen in diesem Monat unter dem Fluch des Mondes, und sie haben den Drang, sich mit jedem schönen menschenähnlichen Wesen zu paaren, das ihnen unter die Augen kommt, auch wenn das noch so falsch sein mag.“
Elijah holte tief Luft und wandte seinen Blick von ihren goldfarbenen Augen ab, in denen eine Verlockung lag, die ihn noch immer in Versuchung führte.
„Ja“, stimmte Siena ihm zu und griff damit dankbar nach dieser Erklärung. „Ja, du hast recht. Ich hatte vergessen, was für einen starken Einfluss das auf deine Art hat. Die Wirkung auf mein Volk ist nicht die gleiche. Nicht genau die gleiche zumindest. Aber unsere tierischen Eigenschaften gewinnen in dieser Zeit die Oberhand. Unsere Instinkte, zum Beispiel das Bedürfnis, sich zu paaren, werden so übermächtig, dass … dass sie das normale Urteilsvermögen ausschalten.“
„Dann ist dir klar, dass das womöglich wieder passiert, wenn ich nicht gehe?“, fragte er.
„Vielleicht. Vielleicht auch nicht, da es uns jetzt bewusst ist. Aber unabhängig von … von diesem Problem kannst du nicht weggehen. Ich weiß genug über Dämonen und bin mir darüber klar, dass du deine Gestalt nicht ohne Lebensgefahr wechseln kannst, solange du so schwer verwundet bist. Ich will nicht, dass meine ganze Mühe, dich wieder zusammenzuflicken, umsonst war.“
Erleichtert und erschöpft zugleich, ließ sich Siena wieder auf die Kissen zurücksinken. Sie widerstand dem Drang, ihre Wange, die so stark nach ihm roch, am Kissen abzuwischen.
Elijah sah, dass sie selbst krank war, auch wenn sie immer noch versuchte, so zu tun, als sei sie seine Krankenschwester. Ihr Sprung in die helle Herbstsonne, die von den nackten Zweigen der Bäume, die ihr Laub schon verloren hatten, nicht mehr abgehalten wurde, hatte großen Schaden angerichtet. Die Lykanthropen nannten das Sonnenvergiftung. Er kannte die Symptome, und sie zeigten sich bei ihr jetzt deutlich. Sie war blass, ihre Haut hatte ihren normalen goldenen Schimmer verloren, und ihr sonst so geschmeidiges Haar hing kraftlos herunter.
„Du blutest schon wieder“, murmelte sie, streckte ihre Hand aus und betastete den Verband auf seiner Brustwunde. „Wegen des Wassers klebt der Verband nicht mehr richtig.“
„Das trocknet schon wieder. Mach dir deswegen keine Sorgen.“ Elijah nahm ihre Hand, um sie von seiner Wunde wegzuschieben, aber er merkte, dass er sich nicht mehr davon lösen konnte.
Er zwang sich, sie loszulassen, indem er aufstand und aus dem Zimmer ging. Gleich darauf kam er mit einer Tasse Wasser zurück, doch sie war inzwischen eingeschlafen. Er setzte sich auf die andere Seite des Bettes und atmete tief durch. Unschlüssig drehte er die Tasse in den Händen und versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
Siena wusste das wohl nicht, aber Elijah hatte gegen mehrere Gesetze verstoßen, als er sie berührte. Die Dämonen hatten in diesem Bereich sehr strenge Gesetze. Offen gestanden wunderte er sich, dass der Vollstrecker sich noch nicht auf ihn gestürzt hatte, um ihn zu bestrafen, wie er es eigentlich sollte. Er hatte wohl einfach Glück, dass Jacob dieses Mal, wo er hätte eingreifen müssen, mit seiner Frau und seinem neugeborenen Kind beschäftigt war.
Elijahs ganzer Körper schmerzte. Und das kam, wie ihm klar wurde, nicht nur von den abheilenden Wunden. Irgendwie war ihm dieses betörend schöne Wesen unter die Haut gegangen. Er würde sich selbst belügen, wenn er sich einredete, dass es nur eine rein körperliche Sache war. Sie hatte etwas an sich, das ihn ansprach. Das war so, seit sie sich vor sechs Monaten das erste Mal begegnet waren.
Er war nicht davon ausgegangen, dass Gideons Plan, sich am Hof der Lykanthropen einzusperren, zu irgendetwas führen würde außer zu einem schnellen Ableben des Heilers. Aber die Folgen hatten ihn überrascht, auch
Weitere Kostenlose Bücher