Schattenwandler 03. Elijah
beugte sich vor, um ihn herzlich auf die Wange zu küssen, ohne darauf zu achten, dass sich die Hand ihres Mannes angespannt auf ihre Taille legte.
„Sie betet dich an, Noah“, sagte sie leise zu ihm und betrachtete die riesige Hand des Königs, die warm und beschützend auf dem Rücken des Babys lag.
„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, erwiderte er. „Sie ist gern nah beim Feuer. Ein Mädchen ganz nach meinem Geschmack.“
„Das sehe ich. Noah, ich habe Neuigkeiten für dich.“
„Ja“, seufzte der König. „Jacob hat es mir schon gesagt. Ich nehme an, es geht um Elijah?“
„Ja.“ Bella ging zu einem Sessel, der neben dem Monarchen stand, und setzte sich. „Ich glaube, dass er bei einem Kampf schwer verwundet wurde. Eine Falle, mit der er nicht gerechnet hatte. Aber bevor ich weiterrede, will ich dir sagen, dass ich, glaube ich, allmählich verstehe, warum mir manche Visionen so zusetzen und andere nicht.“ Sie sah zu ihrem Mann und zu den anderen hoch, die sich um sie versammelt hatten. Legna war nahe zu Gideon getreten, der beim Kamin stand in der ihm eigenen kraftvollen Haltung. Allerdings entspannte sich der Heiler sofort, als seine Frau sich an ihn schmiegte. „Amos hat mir dabei geholfen, das zu verstehen. Ich glaube, es hängt davon ab, wie nah ich einer Person gekommen bin, von der die Vision handelt.“
„Wie nah? Meinst du emotionale oder äußere Nähe?“
„Ich kann es natürlich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, aber ich glaube, es ist äußere Nähe. Eine ganz besondere Art von äußerer Nähe. Genauer gesagt: Es geht um meine Fähigkeit, die Kräfte anderer Schattenwandler zu schwächen und sie dann aufzusaugen. Ich habe Elijahs Kräfte im vergangenen Jahr mehrmals aufgesaugt, und deswegen fühle ich mich irgendwie mit ihm verbunden. Es ist fast so, als würde ein Teil von ihm in mir leben. Das Gleiche gilt für Legna und Jacob und auch für dich, Noah. Bevor ich gelernt hatte, meine Fähigkeit gezielt zu steuern, wie ich das jetzt kann, habe ich aus Versehen den Teil von euch allen in mir aufgenommen. Ich glaube, dass mich die Visionen während meiner Suche nach Elijah deswegen übermannt haben, weil ihn Verletzungen und Schmerzen übermannt haben.“
„Es ist eine Form von Empathie“, bemerkte Legna, deren eigenes Einfühlungsvermögen sie zur Expertin machte.
„Ja. Das stimmt. Amos hat mir sehr dabei geholfen, mich ein bisschen gegen die grausamen Visionen abzuschirmen, aber nach und nach wurde es immer weniger notwendig. Ich glaube aus tiefster Seele, dass Elijah an einem sicheren Ort ist und dass er inzwischen gesund ist, und deswegen bin ich immer ruhiger und entspannter geworden. Ich habe auch das Gefühl, dass er sehr bald zurückkommt.“
„Dem Schicksal sei Dank.“ Noah atmete tief durch, nachdem ihm eine schwere Last von den Schultern genommen war. „Bella, ich bin so froh, das zu hören.“
„Ich denke“, meldete sich Gideon zu Wort, „bevor du nicht stärker und erfahrener geworden bist, musst du die Fälle begrenzen, in denen du die Kräfte von anderen in dich aufnimmst. Wir können nichts mehr ändern an dem, was passiert ist, aber wir wissen noch so wenig über menschlich-druidische Mischwesen, Isabella. Du bist ganz anders als die Druiden, die ich vor tausend Jahren kannte. Und deine Schwester auch. Corrines Kräfte …“
„Was ist damit?“
Die am Kamin Versammelten hoben den Kopf und erblickten eben die rothaarige Frau, von der gerade die Rede war. Corrine stand mitten in der Halle, die Hände in die Hüften gestemmt, und hinter ihr stand ihr Ehemann Kane. In diesem Augenblick zog auch der vertraute Geruch nach Schwefel und Rauch, den ein junger Geistdämon immer erzeugte, wenn er sich teleportierte, über die Gruppe hinweg. Bella fächelte den Geruch von ihrem schlafenden Baby weg und wünschte, Elijah wäre schon da, um die Dünste mit einer Brise wegzublasen.
„Schau mal, was da mit dem Rauch hereingekommen ist“, meinte Gideon trocken. „Wo wart ihr beiden denn?“ Und an Corrine gewandt, schloss er seine Ausführungen: „Deine Kräfte sind nicht so, wie sie eigentlich sein sollten.“
Kane wurde besser im Teleportieren, dachte Gideon. Es war selten, dass sich ein so junges Paar einer Gruppe älterer, äußerst erfahrener Dämonen unbemerkt nähern konnte.
Corrine errötete bei seiner Frage, wo sie mit Kane geblieben sei, sofort heftig, und auch ihr Ehemann wurde rot unter seinem dunklen Teint.
„Nenn es verspätete
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