Schattenwandler: Adam (German Edition)
um.
»Leah«, wiederholte er. »Er hat sie nach unserer Großmutter väterlicherseits genannt.«
»Jemand, den du bewundert hast?«, fragte sie.
»Ja, sehr sogar. Sie war eine tolle Frau. Eine Kriegerin. Kunsthandwerkerin. Jacob hat große Pläne für seine Tochter, wenn er sie nach ihr benannt hat.«
»Nun, sie ist schließlich das Kind einer Prophezeiung. Und sie hat in ihrem jungen Alter schon etwas geschafft. Die Kleine, die dich hierher gebracht hat – sie hat die ganzen Jahre gewartet, bis sie ein Teenie war, bevor sie gehandelt hat. Das bedeutet, sie hat viel darüber nachgedacht. Und es bedeutet auch, dass sie bereit war, das Leben, das sie kannte, völlig aufzugeben. Was nicht nur sie betraf, sondern auch alle anderen. Jacob bedeutet vielen Leuten sehr viel. Genauso Bella. Niemand hätte den Tod der beiden so ohne Weiteres verkraftet.«
Adam dachte lange darüber nach, und der Ausdruck in seinem Gesicht war besorgt.
»Du hast recht«, sagte er schließlich. »Ich muss mich mit den Gegebenheiten abfinden. Ich habe mir das selbst schon gesagt, aber ich bin noch nicht so weit.«
»Das ist ganz normal«, versicherte sie ihm. »Auch wenn Vampire die Eigenart haben, abzutauchen, um sich durch die Zeit zu bewegen und in einer anderen Epoche wieder aufzutauchen, wehrt man sich instinktiv gegen all die Veränderungen, die man nach dem Erwachen vorfindet. Auch wenn man nichts dagegen tun kann. Vor allem wenn wir feststellen, dass diejenigen, zu denen wir eine Bindung hatten, nicht mehr am Leben sind.«
Er gab einen spöttischen Laut von sich. »Vampire haben Bindungen?«
Jasmine hätte sich über das Vorurteil in der dahingesagten Bemerkung ärgern können, doch sie konnte ihm keinen Vorwurf machen. Es stimmte, dass Vampire nur wenige Bindungen von Bedeutung oder emotionaler Tiefe hatten.
»Manche wachsen einem mit der Zeit ans Herz. Werden einem vertraut. Es gibt Gefährten, die einem mehr bedeuten als andere. Und ja, das würde ich Bindung nennen. Vielleicht ist es nicht die große Freundschaft oder Liebe, von der ihr anderen Völker immer schwärmt, aber es ist unsere Art, Zuneigung zu entwickeln. Nur weil es anders ist, ist es noch lange nicht weniger wert.«
Sie klang nicht gekränkt oder besonders leidenschaftlich, sondern sprach mit bestechender Logik – und trotzdem berührten ihre Worte Adam. Zum ersten Mal sah er sie als überaus nachdenkliche und kluge Person und nicht als das Stereotyp einer Rasse, die er zu hassen gelernt hatte, oder als ein Wesen von bemerkenswerter Schönheit und Sinnlichkeit. Es machte sie irgendwie noch unwiderstehlicher für ihn.
»Und wer hat dir mehr bedeutet als andere?«, hörte er sich fragen. Er stutzte. Was für eine Rolle spielte das für ihn, wer in ihrem Leben besonders war? Eben erst hatte sie ihm erklärt, dass die Definition von besonders bei Vampiren keine große Rolle spielte. Wie tief konnte sie tatsächlich empfinden?
Irgendwie fühlte sich Adam bei dem Gedanken nicht wohl.
»Damien«, sagte sie ohne zu zögern. »Wir haben ein großes Stück des Weges auf dieser Welt gemeinsam zurückgelegt. Er ist mein engster Freund.« Sie runzelte leicht die Stirn. »Das war er zumindest. Bis er sich mit einer kleinen dummen Lykanthropin zusammengetan hat. Er ist verliebt.«
Das Wort »verliebt« hätte nicht abfälliger klingen können.
»Ich dachte, Vampire empfinden keine Liebe. Oder sonst irgendeine Leidenschaft.«
»Anscheinend gibt es eine große kosmische Ausnahme. Wir können uns verlieben … in andere Schattenwandler. Nicht-Vampire. Dann ist da diese ganze Zeremonie …« Sie tat alles mit einer Handbewegung ab.
»Schon gut. Wenn du mich fragst, ist das alles eine Verschwendung von Zeit und Energie.«
»Ach ja?«, fragte er sie. »Irgendwie hatte ich gedacht, dass eine so leidenschaftliche Person wie du sich nach tiefer, leidenschaftlicher Liebe sehnen würde. Oder zumindest nach Verliebtheit.«
»Ich kenne Vampire, die sich schon mal verknallt haben. Ein paar von uns sind zumindest dazu in der Lage. Ich habe gesehen, wie lächerlich sie dem Objekt ihrer Begierde hinterherjagen. Aber es ist jedes Mal nur ein Strohfeuer.«
»Willst du damit sagen«, fragte Adam leise, während er auf sie zutrat und den Abstand zwischen ihnen verringerte, »dass du noch nie verknallt warst? Noch nie von jemandem so entflammt warst, dass es dich gequält hat?«
Sie war einmal kurz davor gewesen.
Ein einziges Mal.
»Noch nie«, log sie und hob das Kinn, um ihm
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