Schattenwandler: Adam (German Edition)
direkt in die Augen zu schauen. »Zum Glück. Mit nichts macht man sich so schnell zum Affen wie mit sinnloser Schwärmerei für jemanden. Niemand sollte so viel Energie auf andere verschwenden. Am Ende enttäuschen sie einen nur.«
»So wie Damien dich enttäuscht hat?«
Sie wollte schon antworten, doch dann hielt sie die Luft an, um darüber nachzudenken. Er hatte bemerkt, dass sie das tat, wenn sie emotional betroffen war. Sie atmete. Auch wenn sie das gar nicht musste. Er nahm an, dass sie viel mehr empfand, als sie zugab. Trotz ihrer kaltschnäuzigen Art war Jasmine, die Vampirin, hochsensibel. Die vielen Stacheln waren dazu da, ihr Herz zu schützen.
»Ich bin von ihm nicht halb so enttäuscht, wie ich es von dir war«, sagte sie leise. Doch sie schien von der Bemerkung genauso überrascht zu sein wie er und blickte sich rasch um, um festzustellen, ob jemand sie gehört hatte.
Sie schob sich an Adam vorbei und eilte in den großen Saal, froh, dass er leer war. Nur das stets brennende Feuer war Zeuge ihres lächerlichen Geständnisses geworden.
Was für dummes, dummes Zeug, dachte sie aufgebracht.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte er sich ein wenig benommen. Dann eilte er rasch hinter ihr her, packte sie am Arm und zwang sie, sich umzudrehen und ihn anzuschauen. Sie zischte ihn wild an und bleckte die blitzenden Fangzähne. Er ließ sie los und hob beschwichtigend die Hand. Er hatte kein Recht, sie grob zu behandeln.
»Was hat das zu bedeuten?«, drängte er sie. »Was habe ich getan, dass ich dich enttäuscht habe?«
»Schon gut. Das wollte ich nicht damit sagen. Außerdem haben wir im Moment etwas anderes zu tun.«
Doch Adam war nicht gerade bekannt dafür, dass er die Dinge auf sich beruhen ließ.
»Das akzeptiere ich nicht. Du solltest mir sagen, womit ich dich enttäuscht habe. Denn ich weiß es nicht. Ich kenne dich ja kaum!«
»Siehst du, deswegen habe ich ja gesagt, dass wir das lieber vergessen sollten! Ich hätte wissen müssen, dass du so etwas sagst! Du kennst mich kaum? Du denkst wohl, weil ich eine Vampirin bin, lasse ich mich von jedem begrapschen – und mir die Zunge in den Hals stecken? Du kennst mich kaum? Ich würde sagen, wir haben einen ziemlich intimen Umgang, Adam! Aber du siehst in mir natürlich nur eine miese Vampirschlampe, der du deinen Schwanz ein paarmal reinstecken und die du dann wegwerfen kannst. Du sitzt da mit deiner selbstgefälligen, blödsinnigen Einstellung darüber, was für ein Gesindel meine Spezies ist, doch ich gehöre nicht zu denen, die mit einem nackten Mädchen ihren Spaß haben und ihm dann, ohne an die Folgen zu denken, den Rücken zukehren!«
»Folgen? Was für Folgen denn? Willst du damit sagen, dass ich deine oberflächlichen Vampirgefühle verletze?«, schimpfte er zurück, da ihre Worte ihm ziemliches Missbehagen verursacht hatten.
»Ich will damit sagen, du selbstsüchtiger kleiner Bastard, dass du mir etwas angetan hast! Ich weiß nicht, was es war, aber du hast etwas gemacht! Und dann hast du mich vierhundert Jahre lang zappeln lassen, damit ich herausfinde, warum alles andere verblasst gegen zwei kurze Begegnungen mit einem Feind! Vielleicht bin ich beim ersten Mal mutterseelenallein in Melancholie versunken, doch nach dem zweiten Mal, nur sechs Monate später, konnte ich nur auf die Suche nach dem gehen, was du in mir ausgelöst hattest …«
Mit Tränen in den Augen drehte Jasmine ihm den Rücken zu. Sie musste den Mund halten! Warum erzählte sie ihm das alles? So war es ja gar nicht! Und selbst wenn …
Doch so war es. Schon nach sechs Monaten war sie wieder abgetaucht, in der Hoffnung, dass Schlaf tief unter der Erde ihre lächerliche Sehnsucht zum Verschwinden brächte.
»Aber wir könnten ja gar nicht …«
»Ich weiß das! Und du wusstest es auch, aber es hat dich nicht davon abgehalten, mich zu berühren, Vollstrecker!«
Sie knurrte und ging ein Stück von ihm weg, verwirrt von ihrem eigenen Verhalten und dem seltsamen emotionalen Aufruhr in ihr. Das ergab überhaupt keinen Sinn! Aus ihrem Mund kamen Dinge, die sie nicht verstand. Sie fühlte Dinge, die sie nicht verstand.
Adam schrak zurück. Sie hatte recht. Er hatte sich nie gefragt, welche Wirkung das, was er getan hatte, vielleicht auf sie hatte. Er hatte sich bei all ihren Begegnungen ziemlich selbstsüchtig verhalten und die Folgen für sie heruntergespielt, weil sie eine Vampirin war, ein gefühlloses, kaltherziges Ding, das seinen Respekt nicht verdiente. Er hatte
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