Schattenwandler: Kane (German Edition)
erfreuen und daran, wie seine Dunkelheit ihre frische reine Schönheit noch betonte.
Ihre Wimpern und ihre Augenbrauen waren genauso feuerrot wie ihr lockiges Haar, und ihre Haut war so zart wie ein Pfirsich – genau wie in der Zeit, bevor die Krankheit sie heimgesucht hatte und sie beinahe getötet hätte.
„Ich glaube, ich habe vorhin deine Gedanken gelesen“, flüsterte Corinne an Kanes Lippen.
Ihr Geständnis verblüffte ihn, und er verlor fast die Kontrolle über die Illusion, die er geschaffen hatte. Er war eben doch noch ein junger Dämon und ließ sich zu leicht ablenken. Aber er hatte tatsächlich nicht bemerkt, dass sie in seinen Gedanken gewesen war. Es war wohl ein Hinweis darauf, dass die Verbindung zwischen ihnen immer enger wurde.
„Das … das ist ein Zeichen für die Prägung“, sagte er. „Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass es sich bei dir in deinem geschwächten Zustand zeigt.“
„Diese Gedanken, die waren sehr heftig, und sie waren ganz anders als die, die du mir schickst, wenn du in meinem Kopf mit mir sprichst, was ich immer ganz deutlich höre. In diesem Fall haben sie viel schwächer geklungen, fast nur wie ein Echo, und sie waren mit starken Gefühlen verbunden. Ja –“ Corinne blickte Kane forschend an. „Obwohl ich Worte gehört habe, kam es mir eher so vor, als hätte ich deine Gefühle gelesen und nicht deine Gedanken. Du hast gedacht, du müsstest nur die heutige Nacht durchstehen … Danach könntest du mir all die Romantik und Leidenschaft geben, nach der ich mich sehne.“
„Es ist wahr“, flüsterte er beschwörend. „Ich weiß, dass ich wie eine zügellose Bestie versucht habe, die Chemie, die die Prägung zwischen uns geschaffen hat, auszunutzen, aber eigentlich will ich nicht, dass unsere Beziehung nur auf biologischer Anziehung aufbaut, Corinne. Du sollst nicht denken, dass ich alles der Vorsehung überlasse und dich und unsere Partnerschaft als selbstverständlich ansehe.“
Das hatte er schon bewiesen, denn jedes Mal, wenn die Macht des Mondes Corinne zu überwältigen drohte, hatte er sie von ihrer blinden Begierde abgelenkt und sie besänftigt. Selbst die Traumwelt, in der sie sich gerade befanden, diente dazu, das übermächtige Sehnen vergessen zu machen. Wenn sie schon so litt, wie musste es dann erst für ihn sein, wo er sich doch schon seit Jahren mit diesen Gefühlen quälte?
„Bring uns zurück, Kane.“
„Zurück?“, fragte er atemlos. Er war Telepath, und er wusste sehr genau, was sie damit meinte, doch irgendwie musste er den Ansturm der Gefühle und die heftige Erregung wegdrängen. „Möchtest du denn nicht lieber hierbleiben, wo ich … nicht so bin wie in der Burg?“
Erst jetzt verstand sie die wahre Natur seiner Illusion. Er brauchte all seine Willenskraft und Konzentration, um dieses Szenario zu erschaffen und aufrechtzuerhalten, sodass Corinne sich nicht mit der Bestie in Ketten herumschlagen musste. Er tat es, um sie vor ihm zu schützen und sich selbst die unvermeidlichen Qualen noch eine Weile zu ersparen. Am Nachthimmel begannen die Sterne zu zucken und helle Lichtspuren an den Horizont zu malen. Seine Konzentration ließ nach.
Sie umfasste sein Gesicht mit den Händen und strich über die glatt rasierte Haut, die in der Realität zwar stoppelig, dafür aber auch viel schöner war.
„Bring mich zurück“, hauchte sie sanft, und ihre Lippen streiften fast die seinen.
„Corinne, ich kann es nicht kontrollieren …“ Er begann keuchend zu atmen und grub die Hände in ihre Schulterblätter. Die Sterne stürzten in einem Funkenregen vom Himmel, die Grashalme unter ihren Füßen verloren ihre Festigkeit und glitten unter ihr weg wie Sand.
„Dann lass es.“
„Ich will dich nicht verletzen“, versetzte er rau. „Ich will nicht so sein, wie ich dort bin.“
„Ich werde mich darum kümmern. Diesmal werde ich einen Ausweg für uns finden.“
Wie eine Woge aus Wasser fiel der Himmel auf sie herab und hüllte sie in einen Mantel aus Finsternis.
Kapitel 5
Es wurde wieder klar um sie herum, das weiche Bett unter ihr und seine verschwitzte Haut an ihrer Haut nahmen Gestalt an. In weniger als einer Sekunde waren sie zurückgekehrt, und nun lagen sie wieder im Licht der Gaslampe. Sobald sie seinen realen Körper unter sich spürte, entbrannte ihr Verlangen, als stünde sie in Flammen. Sofort roch sie den schweren Moschusduft seiner Haut, der in der Traumwelt gefehlt hatte. Es war, als wäre er nur für sie da, als
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