Schattenwelten
Abteilungen eine gewisse Privatsphäre. Außerdem legte sich Tang erst hin, wenn sie schon längst schlief und stand auch vor ihr auf.
” Ich liege außen”, teilte sie ihm mit und redete schnell weiter: ”Hast du keine Angst, dass sie uns mitten in der Nacht umbringen – wegen der Pferde oder des Geldes?”
” Ich bin bereits tot”, erwiderte er trocken.
” Aber ich nicht”, sagte Tina böse. ”Also ...”
” Keine Bange. Erstens habe ich einen leichten Schlaf und zweitens das hier.” Er zeigte auf das Messer, das er in den Ärmel seines Hemdes schob. ”Aber sei beruhigt, Mörder sehen anders aus.”
” Du musst es ja wissen”, gab sie zurück.
Er sah sie nur an, und aus einem unerfindlichen Grund schämte sie sich plötzlich für ihre schnippischen Worte.
Der Vorhang wurde zur Seite geschoben und Zhao trat in den Lichtkreis der Lampe. Er rülpste einmal und kratzte sich die rasierte Stirn. Dann umrundete er das Bett und streckte sich ohne Umstände darauf aus.
Tina unterdrückte ein Schaudern und blieb steif sitzen, obwohl Tang den Holzklotz zurechtrückte und sich ebenfalls hinlegte. Vom anderen Raum drangen Stimmen zu ihr, aber sie waren zu leise, als dass Tina sie verstehen konnte. Kurz darauf betrat Lin den Raum und wollte die Lampe löschen.
” Nicht”, rief Tina, und erst der erstaunte Blick der Frau machte ihr klar, dass sie gerade einen Fehler beging. ”Das Licht muss an bleiben”, beharrte sie hastig. ”Die Geister ... sonst finden mich die Geister.”
Erleichtert atmete sie auf. Tang würde bestimmt wieder erzählen, dass sie ”von den Göttern berührt war”, um ihr Verhalten zu erklären. Im Moment zählte lediglich, dass sie nicht im Dunkeln mit diesen fremden Menschen liegen musste.
” Öl ist teuer”, ließ sich Zhao vernehmen. ”Das kostet extra.”
” Du wirst dein Geld bekommen”, erwiderte Tang ruhig. ”Und jetzt lasst uns endlich schlafen.”
Lin kletterte auf den Kang und legte sich auf die andere Außenseite des Bettes neben ihren Mann. Langsam zog Tina die Beine hoch und machte sich so klein wie möglich. Sie war so angespannt, dass sie bezweifelte, auch nur eine Minute Schlaf zu finden.
Während sie die Augen fest zusammenkniff und Schäfchen zählte, drangen seltsame Geräusche an ihr Ohr, die nicht dazu beitrugen, sie in den Schlaf zu wiegen. Sie brauchte eine Weile, aber dann wurde ihr mit einem Schlag klar, was es war und sie sprang auf.
Tang hob den Kopf. ”Was ist denn jetzt schon wieder?”, murmelte er ärgerlich, aber Tina achtete nicht auf ihn, sondern packte die Lampe und stürmte in den angrenzenden Raum.
Vollkommen sprachlos starrte sie auf die Stelle vor dem Herd.
...
Der Stachel der Erinnerung
Fran Henz
Auf einer Insel im Eismeer wird ein Wikingerbestattungsschiff gefunden. Statt der erwarteten Schätze gibt es jedoch nur eine Maske und silberne Fesseln. Die Maske versetzt die Historikerin Tessa Wernhardt ins Zeitalter der Wikinger. Dort ist sie Alva, die Sklavin der jungen Meldis. Gegenwart und Vergangenheit vermischen sich, bis Tessa erkennt, dass sie Meldis’ Schicksal in ihren Händen hält. Und der einzige Mensch, der ihr dabei helfen könnte, das Leben des Mädchens zu retten, lebt gefangen in schmerzhaften Erinnerungen, gleichgültig seiner Umwelt gegenüber und ohne das geringste Interesse, an diesem Zustand etwas zu ändern …
Ein Zeitreise-Liebesroman mit Beteiligung der nordischen Götterwelt.
Erhältlich als Taschenbuch, E-Book & Kindle Edition
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Leserstimmen:
„ Ein echter Pageturner!“
„ 10 von 10 Punkten für eine ungewöhnliche Geschichte“
„ Einfach wunderschön mit vielen funkelnden Details!“
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Leseprobe:
Tessa - in Alvas Gestalt - fährt mit Meldis und ihrer Familie zu einem Fest der Wikingergemeinschaft
Nach dem Mittagessen, zu dem es warme Brotfladen mit gesalzener Butter gab, wurde ein großer Holzwagen von den Männern herbeigezerrt und ein Pferd davor gespannt. Arne kutschierte selbst, und sein ältester Sohn saß neben ihm, während Zora, mit den beiden Mädchen auf der Pritsche bei den anderen Platz nahm.
Tessa hatte kein Zeitgefühl, sie schätzte, dass das Pferd gut drei Stunden über die unbefestigten Straßen zuckelte. Während der Fahrt kämmten die Mädchen das Haupthaar und die Bärte der Männer und frisierten sich schließlich auch selbst. Vorher hatten schon alle Festkleidung angelegt. Bernsteinketten, ziselierte Fibeln aus Silber und
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