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Schattenwesen

Schattenwesen

Titel: Schattenwesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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nur einen Gefallen: Sprechen Sie mit niemandem über den Auftrag«, sagte er. Mit einem sehr zufriedenen Lächeln schüttelte er meine Hand.
    Als er gegangen war, fiel mir auf, dass ich immer noch nicht wusste, wie er hieß. Die Visitenkarte verriet es mir: Ruben Nachtmann. Chemiker. Wo hatte ein Privatmann wohl ein Fresko? Ob er in einem Schloss wohnte? Oder in einer umgebauten Kirche? Nun, ich würde es schon sehr bald herausfinden.

    In Gedanken versunken ging ich in den Keller, um einen von den größeren Umzugskartons zu holen. Luftpolsterfolie zum Verpacken der Bilder hatte ich noch oben. Ich fand, es war an der Zeit, das Atelier endlich ganz zu räumen, ich brauchte es schließlich nicht mehr. An der Türschwelle erstarrte ich – und wich ein paar Schritte zurück. Das Bild mit dem schwarzen Fleck stand auf der Staffelei. Ich konnte mich nicht erinnern, es daraufgestellt zu haben. Oder hatte ich? In den letzten Monaten, seit dem Tod meines Vaters, hatte es manche »Zeitlöcher« gegeben, in denen ich vermutlich geistig abwesend war – und über Paps nachdachte. Darüber, ob er wirklich den Verstand verloren hatte. Darüber, ob die Leidenschaft für seine Arbeit ihn so weit getrieben hatte. Aber Blackouts waren normal, wenn man einen solchen Verlust zu verarbeiten hatte, oder? Manchmal müssen Erinnerungen einfach stärker sein dürfen als die Realität. Nun gut, dannwürde dieses Bild eben als Erstes in den Tiefen des Kartons verschwinden! Ich bückte mich, um die Folie auseinanderzurollen.
    Später konnte ich nicht mehr genau sagen, was ich wirklich gesehen hatte und was Einbildung gewesen war. Aus dem Augenwinkel meinte ich eine Bewegung wahrzunehmen. Etwas Dunkles – als wäre das Schwarz des Bildes zum Leben erwacht und hätte die Leinwand wie eine Rauchwolke verlassen. Als ich hochfuhr, um das Bild zu betrachten, sah es aus wie zuvor. Ganz harmlos. Dafür huschte in der hintersten linken Ecke des Raums – noch immer außerhalb meines Gesichtsfelds – ein Schatten dicht über den Boden. Sobald ich den Kopf wandte, war auch dort nichts Besonderes mehr zu sehen. Die Gardinen blähten sich vor dem gekippten Fenster und das Mondlicht ließ die Schatten in den Ecken des Raums tanzen. Und doch sagte mir mein wild pochendes Herz, dass ich etwas gesehen hatte. Wann hatte ich eigentlich das Fenster geöffnet? Mit Sicherheit hatte ich es geschlossen, bevor mein Gast kam.
    Schreckliche Sekunden lang blieb ich wie steif gefroren stehen. Ich hatte das Gefühl, wenn ich mich bewegte, würde etwas Grauenvolles passieren. Aber in diesen Sekunden hörte ich nur meinen eigenen Atem, der mir selbst immer lauter zu werden schien. Mein Vater hatte kurz vor seinem Tod oft schlecht geträumt und manchmal hatte er im Schlaf von Schatten gesprochen. Aber ich … war nicht mein Vater!
    Schwungvoll griff ich nach dem Bild auf der Staffelei und packte es ohne Luftpolsterung direkt in den Karton. Dann stopfte ich eilig die anderen Bilder daneben, nurleicht abgetrennt durch eine Lage Folie. Als der Raum endlich leer und unbenutzt aussah, warf ich die Tür mit einem endgültigen Knall zu, schloss sie ab und öffnete sie bis zum Tag des Umzugs nicht mehr.

Jessy
    Sie konnte sich nicht genau erinnern, wie sie hierhergekommen war. Ihre Schritte hallten von den nackten Wänden wider, während sie sich mit ihrem Langstock vorwärtstastete. Wohin würde der Gang sie führen? Ihr Unterbewusstsein flüsterte, dass sie dort etwas wiederfinden würde, was sie erst vor Kurzem verloren hatte. Aber was? Und warum waren die letzten Minuten aus ihrem Kopf verschwunden – als würde die Erinnerung von einem schwarzen Fleck überdeckt? Da war so etwas wie eine Stimme, die sie lockte. Sie versuchte dagegen anzukämpfen und zu überlegen, was mit ihr geschah.
    Zuletzt war sie im Park gewesen. Auf dem Weg nach Hause. Obwohl ihre Mutter und auch die Lehrer gemeint hatten, der Park sei nicht mehr sicher. Dabei war es doch nur ein kurzes Stück! Natürlich war es schon spät, aber die Dunkelheit war nicht ihr Feind. Ihre Welt war immer dunkel.
    Sie drängte die Lücke in ihrem Gedächtnis weiter zurück und jetzt erinnerte sie sich wieder an den Ball. Er hatte sie hart an der Schulter getroffen, war dann noch ein paarmal auf dem Weg aufgekommen und schließlich im Gras liegen geblieben. Sie hatte sich entsetzlich erschrocken. Vor allem weil sie niemanden gehört hatte. Und weil doch niemand im Dunkeln Ball spielte. Plötzlich hatte ein Mann vor ihr

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