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Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Titel: Schauen sie sich mal diese Sauerei an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Nießen
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verachtenden Gesellschaft, die Politik ...« Hier endete Herr Preuss unfreiwillig. Notarzt Langer hatte sich ein Herz gefasst und endlich die Beruhigungsspritze abgedrückt. »Wenn der Kerl sich noch mehr aufregt, hat der gleich nen Schlaganfall, von Politik will ich heute auch nix mehr hören, und außerdem will ich raus hier, hier stinkts gewaltig!«, erklärte er seinen medizinischen Eingriff. Er schaute in viele dankbare Augen.

10. Leidenschaft, die Leiden schafft
    Tanzende Stammkunden

    Im Grunde bewegen nur zwei Fragen die Menschheit: Wie hat alles angefangen und wie wird alles enden ? Stephen Hawking

    E in Montagabend im Dezember. Alles begann mit einem Einsatz im Rahmen »relativ harmloser häuslicher Gewalt«. Ich weiß, ein heikles Thema, über das nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird. Die Ursachen für die gepflegte Schlägerei zu Hause sind vielfältig: Da gibt es die Ohrfeige für nicht erledigte Hausaufgaben, den freundschaftlichen Tritt in den Hintern, denn das Essen steht nicht pünktlich auf dem Tisch, das Oberhaupt der Lebensgemeinschaft fühlt sich womöglich im gewohnten Tagesablauf zwischen Frühstücksfernsehen und Talkshows am Nachmittag von lästigen Fragen zur Haushaltskasse gestört, der Beischlaf wird verweigert usw. Alles Dinge, die den Freiraum des Individuums durch leichtfertiges Handeln der Umwelt so weit einengen, dass nur noch die Sprache der Gewalt verstanden wird. In unserem Fall ging es um Differenzen bezüglich einer Tanzchoreografie - lateinamerikanische Tänze beinhalten ja bekanntermaßen sehr viel Leidenschaft. Valeska, eine feurige 33-jährige Portugiesin mit brasilianischen Wurzeln, hatte zugeschlagen. Opfer ihres körperlich zum Ausdruck gebrachten Temperaments war Georg, ein 35-jähriger tanzbegabter Student der Anthropologie. Ich nenne die beiden beim Vornamen. Das ist eher ungewöhnlich, aber angebracht, denn mit Valeska und Georg entwickelte sich sehr schnell eine persönliche Beziehung. Seit diesem denkwürdigen Montagabend im Dezember wurden die beiden zu Stammkunden, die uns eine Vielzahl von Einsätzen ermöglichten, die man sonst nur in schlechten Doku-Soaps erleben darf. Bedanken müssen wir uns auch bei den extrem aufmerksamen Nachbarn, ohne deren Alarmierung wir viele Anekdoten verpasst hätten. So auch in diesem Fall. Von einem lauten Streit über Schrittfolgen, Ausdrucksformen und die Farbe von Rüschenhemden gestört, fühlte sich Nachbar Drögemann genötigt, einen Blick ins Treppenhaus zu werfen. Blutspuren auf dem Boden und blutige Handabdrücke auf dem Geländer ließen dem Stammzuschauer von Aktenzeichen XY keine Wahl. Herr Drögemann eilte in seine Wohnung und drückte die eingespeicherte Notrufnummer 110. Kurze Zeit später trafen Polizei und Rettungsdienst zeitgleich an der Einsatzstelle ein. Gemeinsam begaben wir uns zur Wohnungstür, hinter der laut Angaben des Zeugen Drögemann das Pärchen wohnte. Auch hier waren Blutspuren. Man weiß ja nie, was einen hinter einer blutverschmierten Wohnungstür erwartet. In der Hoffnung, einen Großeinsatz zu provozieren, machte ich den Vorschlag, doch ein Sondereinsatzkommando zu alarmieren. Leider wurde dies ohne Diskussion von Polizeihauptkommissar (PHK) Pole mit einem eindeutigen »Quatsch« abgelehnt. Schade, macht immer ordentlich was her, wenn die gesamte Kavallerie anrückt. Ein weiterer Polizeibeamter klingelte, worauf eine verzerrte Melodie ertönte und wenige Augenblicke später die Tür geöffnet wurde. Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal standen wir Valeska und Georg gegenüber. Georg hatte eine bemerkenswerte Platzwunde auf der Stirn, sein ehemals weißes Rüschenhemd sah aus, als hätte man es durch Rohmasse für Blutwurst gezogen. »Wer hat Sie denn gerufen?«, stammelte er. »Nachbarn. Dürfen wir reinkommen?«, entgegnete PHK Pole knapp und trat in die Wohnung, ohne eine Antwort abzuwarten. Die nun folgende polizeiliche Befragung brachte den Tathergang ans Tageslicht. Während einer Tanzprobe im heimischen Wohnzimmer für die städtischen Meisterschaften war das Tanzpaar in Streit geraten. Die Aussage, Valeska habe bei der Kür zu wenig künstlerischen Ausdruck, hatte zur Eskalation geführt. Schnell war ein Tanzschuh ausgezogen und mit voller Wucht auf Georgs Schädel geschlagen worden, was zu einer Platzwunde geführt hatte. Zunächst wollte Georg sich der Situation entziehen, worauf sich die Auseinandersetzung ins Treppenhaus verlagert hatte - zwei Etagen tiefer hatte er sich

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