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Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Titel: Schauen sie sich mal diese Sauerei an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Nießen
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aber entschieden, die Emotionalität seiner Partnerin sei berechtigt, und war in der Absicht, sich zu entschuldigen, in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt. »Wollen Sie Anzeige wegen Körperverletzung erstatten?«, fragte PHK Pole. »Nein, nein, nein, nicht nötig«, antwortete Georg. »Gut, dann sind wir weg. Und Sie machen das Treppenhaus sauber, nachdem der Rettungsdienst Sie versorgt hat. Und tschüss.« Mit diesen einfühlsamen Worten verschwand die Polizei. Die Anwesenheit von Grün-Weiß drückt ja immer ein wenig auf die Stimmung, zumindest bei den Betroffenen. Nach dem Verschwinden der Staatsmacht wurde es gemütlicher. »Wie heißen Sie denn? Wollen Sie etwas trinken? Entschuldigen Sie die Umstände - wir haben ja gar nicht angerufen! Muss ich wirklich mit ins Krankenhaus?«, sprudelte es abwechselnd aus dem Tanzpaar. »Krankenhaus ist schon sinnvoll - wegen Nähen der Platzwunde, wegen Narbe und so ...«, antwortete Hein. Die Fahrt zum Krankenhaus glich einer Kegelfahrt mit Freunden. »Und das ist so ein Ding, wo die Toten im Fernsehen immer von hochspringen«, erklärte Valeska uns die medizinisch-technische Ausrüstung im Rettungswagen. Im Krankenhaus St. Maria Hilf angekommen, wurde sogar geflachst. »Können Sie sich das vorstellen, die Wunde hat er von mir«, prahlte Valeska nicht ohne Stolz in der Stimme. Die Krankenschwester zog die Augenbrauen hoch. »Und dann begleiten Sie Ihr Opfer noch mit ins Krankenhaus?« »Wir tanzen zusammen, da erlebt und erträgt man die täglichen Abgründe gemeinsam«, philosophierte Georg. Ein schöner Schlusssatz, dachte ich. Wir verabschiedeten uns und überließen Georg und Valeska der medizinischen Versorgung im Krankenhaus. Vier Stunden später sahen wir unser Tanzpaar wieder - unentschieden! Der Schmerz in Georg musste tief gesessen haben. Er hatte sich unverzüglich selbst gerächt. Valeska blutete zwar nicht, sah aber trotzdem aus wie gerade von den Klitschkos vermöbelt. Nase und der Bereich des Jochbeins unter dem linken Auge waren stark geschwollen und zum Teil bläulich verfärbt. Valeska saß zusammengekauert in einem Korbsessel und weinte bittere südländische Tränen, was die Schmerzen im Gesicht nur verstärkte. Georg lehnte stark angetrunken an einer Türzarge und lallte: »Wir tanzen unsere Abgründe gemeinsam ...« »Was ist denn jetzt passiert? Vor ein paar Stunden war doch alles geklärt und Friede, Freude, Eierkuchen. Sollen wir noch mal die Polizei rufen?«, fragte ich Valeska, da von Georg keine suffiziente Antwort zu erwarten war. Valeska klärte uns auf: »Nein, nein, keine Polizei, wir haben nach dem Krankenhaus nur was getrunken und dann unser Tanztraining fortgesetzt. Es war sehr emotional ... die Musik, der Tanz, die Stimmung ... Alles hatte so eine aggressive Färbung. Ich muss Georg wohl unbewusst provoziert haben ...« »Ich habe mich gerächt!«, brüllte Georg in einer Lautstärke, als hätte er als erster Mensch Feuer entfacht. »Versuchen Sie statt Tango und Salsa mal Squaredance, ist nicht ganz so leidenschaftlich.« Hein erntete von beiden vernichtende Blicke für diesen Kommentar. Um die Situation zu entschärfen, wandte ich mich medizinischen Fragen zu. Pupillenkontrolle, kurze neurologische Untersuchung und sanftes Abtasten des Mittelgesichts, um Knochenbrüche auszuschließen, füllten die nächsten Minuten. »Nichts Dramatisches festzustellen, zur Röntgenkontrolle würde ich Sie aber schon gern mit ins Krankenhaus nehmen: reine Routine, nur zur Kontrolle.« Noch bevor Valeska antworten konnte, brach Georg in ein weinerliches Jammern und Lallen aus und versuchte zu formulieren: »Ich komme gemeinsam zu unseren Abgründen ... Wir tanzen zusammen zum Krankenhaus ... Unsere Wunden sind der Spiegel für unseren emotionalen Tiefgang ...« Anschließend stimmte er Freiheit von Marius Müller-Westernhagen an, das ich so schlecht bis dahin noch nie gehört hatte. »So voll, wie der Kerl ist ... lass ihn uns mitnehmen, im Krankenhaus ist er besser aufgehoben«, schlug ich Hein vor, der auch sofort zustimmte: »Hast recht, sonst sind wir in einer Stunde wegen irgendeinem Scheiß wieder hier. Ich muss langsam mal ins Bett.« Das Tanzpaar wurde eingepackt und auf dem schnellsten Weg zum St. Maria Hilf befördert. Die Fahrt war unspektakulär. Nur die vielen Bodenwellen förderten Georgs Harndrang. »Ich muss pissen!«, brachte er mühsam hervor. »Zwei Minuten, und wir sind im Krankenhaus, da haben wir ne vernünftige Toilette«,

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