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Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Titel: Schauen sie sich mal diese Sauerei an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Nießen
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Terrorzelle ausheben würde. Man kann sich vorstellen, wie Valeska und Georg auf der Beliebtheitsskala der Nachbarn und des Hausmeisters stiegen. Stellen Sie sich vor: Sie haben in dieser Woche Putzdienst im Treppenhaus, die letzten Wasserschlieren trocknen, der Feudel ist schon weggeräumt, als plötzlich fünf Mann im vollen Ornat mit Lederstiefeln und Werkzeugkoffer durch ihr frisches, Orangenduft versprühendes Werk rennen. Da wären Sie doch auch begeistert, nicht wahr? Oder Sie sind Schichtarbeiter und haben sich um 7:30 Uhr mühsam mit vier Flaschen Bier in den Schlaf gesoffen. Ein Geräusch, mit dem Sie nicht gerechnet haben, weckt Sie jäh aus ihren bierseligen Träumen. Eine Fräse entfernt gerade mit etwa 140 Dezibel den Zylinder aus dem Türschloss Ihres Nachbarn. Da steht man doch fröhlich auf und schaut nach, ob man helfen kann. Das große Finale, die Krönung aller Einsätze für alle Beteiligten, geschah aber an einem sonnigen Morgen im März. Es war ein Freitag, traditioneller Putztag auf den meisten Feuer- und Rettungswachen in Deutschland. Mit zwei Kollegen kehrte ich gemeinsam die Fahrzeughalle, als der Alarm ertönte: Feuer, verdächtiger Rauch aus der 3. Etage, Brauereistraße 5. Diese Adresse war auf unserer Wache niemandem mehr unbekannt, in der Brauereistraße 5 wohnten Valeska und Georg. Auch 3. Etage passte. An diesem Tag besetzte ich keinen Rettungswagen, sondern war Teil unseres sogenannten Angriffstrupps auf dem Löschfahrzeug. Für den Laien: Der Angriffstrupp, das sind die zwei armen Schweine, die richtig schwitzen müssen. Mit Atemschutzgerät auf dem Rücken sowie mit Schlauchleitung und Feuerwehraxt bewaffnet, bildet man quasi die Speerspitze des Löschangriffs. Aus allen Richtungen strömten Kollegen in die Fahrzeughalle: Der gesamte Löschzug, bestehend aus einem Löschfahrzeug, einer Drehleiter und einem Tanklöschfahrzeug, war alarmiert. Nach weniger als sechzig Sekunden verließen wir die Wache. Zur Eigensicherung und gegebenenfalls Patientenversorgung begleitete uns auch noch ein Rettungswagen. Zählen wir kurz zusammen: Vier Fahrzeuge donnern jetzt schon mit Tatütata durch die Stadt. Unterwegs gesellten sich noch zwei Streifenwagen zu unserem kleinen Tänzerrettungskonvoi. Während der Fahrt wurde kurz die Einsatztaktik oder auch »kalte Lage« besprochen, das heißt, man fasst zusammen, was man über das jeweilige Objekt weiß, wer welche Aufgaben übernimmt, mit welchen Gefahren zu rechnen ist usw. Bei Valeska und Georg war mit allem zu rechnen. Jupp, mein Kollege im Angriffstrupp, meinte trocken: »Die werden sich doch nicht angezündet haben, die Bekloppten.« Sofort erschien vor meinem geistigen Auge ein brennendes Tanzpaar, das, bestehend aus menschlichen Fackeln, hell lodernd, leidenschaftlich und elegant im Walzerschritt durch die Brauereistraße jagt. Der Löschzug bog in die Brauereistraße ein, keine Zeit mehr zum Träumen, nur noch wenige Meter, und die ersten 17 Tonnen Feuerwehr bremsten abrupt ab. Türen flogen auf, Feuerwehrleute sprangen aus den Fahrzeugen und bauten einen Löschangriff auf, die Drehleiter ging in Stellung, ich warf einen Blick nach oben zur 3. Etage. Tatsächlich, kleine grauschwarze Rauchfahnen zogen aus einem gekippten Fenster. Jupp und ich betraten als Angriffstrupp, gefolgt von unserem Abmarschführer Gerd, das Treppenhaus. Es war rauchfrei. Also hoch zur Wohnung von Valeska und Georg - hoffentlich sind die beiden nicht zu Hause, dachte ich. Im Schlaf an einer Kohlenmonoxid Vergiftung jämmerlich zu ersticken, das wäre kein standesgemäßer Abgang für die beiden. Ein Salsatanz auf einem Lava speienden Vulkankrater, das wäre was, falsche Schrittfolge mit gemeinsamem Sturz in die Lava und das Ganze live auf Tanz-TV, das hätte Stil! Wir klingelten Sturm und »klopften« mit der Axt an die Tür. Ein leises »Hier« war zu hören, sonst nichts - die Tür blieb verschlossen. »Rein da, Leute raus und Feuer aus - ich warte draußen«, so lautete der kurze, knappe Einsatzbefehl von Gerd. Die Lage in der Wohnung schien dramatisch zu sein, wir schlossen unsere Atemschutzgeräte an unsere Atemschutzmasken an und verloren keine weitere Zeit. Ein Gutes hatte das ständige Aufbrechen der Wohnung gehabt: Die Tür war reif - mit dem erlösenden Geräusch von berstendem Holz öffnete Jupps Schuhgröße 45 die Wohnungstür. Sofort drang uns Rauch entgegen, nicht wirklich dicht, eher wie zäher Nebel. Auch fehlte die Hitze, die man eigentlich bei

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