Schauspieler küssen anders (German Edition)
Davids Umarmung. „Ich bin in Halle Neun und arbeite an dem Schlafzimmer weiter.“
„Sag Bescheid, wenn du was brauchst“, sagte David und lächelte freundlich. Ich lächelte zurück. Es war so einfach, ihn zu mögen.
„Klar“, sagte ich nur. „Bis später.“
„Bis später“, sagte David.
„Auf Wiedersehen, Miss Greene“, sagte Robert.
Ich hielt kurz inne und drehte mich noch einmal zu ihm um.
„Mrs. Greene“, korrigierte hinter ihm eine andere Stimme. Tracy Coleman, die Innenrequisiteurin, rauschte heran. Wie immer perfekt gestylt, als ginge sie auf eine Filmpremiere. Sie stand damit im krassen Gegensatz zu sämtlichen anderen Crewmitgliedern, die in Jeans und T-Shirts den meist schmutzigen Arbeiten nachgingen. Tracy dagegen war stets makellos. Und sie hätte gern die Ausstattung gemacht statt der Innenrequisite.
„Oh, Verzeihung“, sagte Robert. Er ignorierte Tracy und sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, den ich nicht deuten konnte.
Ich nickte, warf David ein mattes Lächeln zu und eilte fort. Nicht schnell genug, denn hinter mir hörte ich Robert David leise etwas fragen und David darauf nur kurz antworten: „Sie ist geschieden.“
Das ging ihn nichts an. Das ging niemanden etwas an. Verfluchte Tracy. Ich legte einen Zahn zu und rannte beinahe zu dem nächsten Set. Dort warteten bereits Luis und Anabel, meine Assistenten.
„David gefällt’s“, berichtete ich und beide lächelten erfreut.
Luis fuhr sich durch sein schon in alle Richtungen stehendes Haar und grinste breit. Ich bemerkte Anabels sehnsüchtigen Blick. Ihre Schwärmerei für Luis war offensichtlich und nicht immer ganz einfach für mich. Immerhin arbeiteten wir eng zusammen und es konnte ganz schön Nerven kosten, wenn einer der Partner nur in der Nähe des anderen arbeiten wollte. Außerdem hatte Anabel ein wenig von Luis aufreizend legerer Art, alles locker und easy zu sehen, angenommen. Der Druck, der dadurch für mich zeitweise entstanden war, hatte mich schon ziemlich oft auf die Zähne beißen lassen.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Luis und lehnte sich lässig auf dem Bett zurück, das in dieser Szene neben dem Hauptdarsteller den Mittelpunkt bildete. Er sah aus, als wolle er die Szene spielen. Zumindest gab er sich alle Mühe, Robert Faulkner nachzueifern. Er trug bequeme, verwaschene Jeans, Hemden, Shirts und verstrubbelte seine Haare ähnlich. Trotzdem wirkte Robert anders in den Klamotten als Luis. An ihm wirkte es locker, selbstverständlich. An Luis eher affektiert. Obwohl Anabel das nicht zu finden schien. Ich seufzte und erinnerte mich, dass die beiden nur Studenten waren, die in den Semesterferien hier jobbten und nebenbei hofften, entdeckt zu werden.
„Okay, lasst uns tapezieren.“ Ich öffnete meinen Ordner und studierte das Bild, das ich mir zu dieser Szene ausgedacht und aufgemalt hatte.
„Das Reptil würde dir jetzt vorhalten, das sei nicht deine Aufgabe“, wandte Luis hoffnungsvoll ein. Ich wusste, er machte sich nicht gern sein Äußeres unordentlich.
„Reptil?“, fragte ich stirnrunzelnd.
„Tracy Coleman“, antwortete Anabel für ihn. „Sie hatte gestern eine Krokodilledertasche dabei.“
„Ja, bestimmt aus ihrem Nachwuchs gefertigt“, wandte Luis schadenfroh ein. „Krokodile fressen ihre eigenen Kinder, wusstest du das? Deswegen Reptil.“
„Nein, das tun sie nicht“, widersprach Anabel sanft. „Tracy wird so genannt, weil sie, wenn sie sich in was verbissen hat, nicht mehr loslässt.“
Oh, das war passend. Allerdings traf das in manchen Bereichen auch auf mich zu. Ich wollte tapezieren. „Wir fangen trotzdem an.“
Luis stöhnte.
Eine Stunde später waren die Wände bereits fertig. Ich nahm Maß für die Fensternischen und zeichnete die Schneidelinien auf der bereitgelegten Tapete an. Anabel hielt die Rolle fest, damit sie sich nicht kringelte.
„Wow. Das sieht schon gut aus“, sagte hinter mir eine Stimme und erschrocken zog ich den Strich quer über die Tapete.
Anabel keuchte überrascht.
Hinter mir stand Robert Faulkner und lächelte mich schuldbewusst an. Erstaunlicherweise war er allein, ohne den Pulk von Menschen, der ihn heute Morgen noch umringt hatte. „Tut mir leid. Ich wollte Sie nicht erschrecken“, sagte er und deutete auf den Strich.
Ich zuckte die Achseln. „Macht nichts. Ist nur die Rückseite.“
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Anabel verzweifelt bemüht war, einen Kleisterfleck von ihrem Shirt zu wischen und gleichzeitig die
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