Schauspieler küssen anders (German Edition)
PR-Managerin fehlte.
Die letzte Premierenfeier fand in London statt.
„Komm mit“, bat er mich.
Ich zog eine Grimasse.
„Bitte. Als Melissas Assistentin, wie vereinbart. Ich wäre so froh, dich dort im gleichen Raum zu wissen. Bitte, Lisa.“
Er hatte mich so flehend angesehen, dass ich schließlich zugestimmt hatte.
Und es seitdem bereute.
Das Gekreische am Leicester Square war ohrenbetäubend. Paris, Berlin, Rom waren gar nichts gegen die englischen Fans gewesen. Ich stand neben Melissa.
„Außergewöhnlich, nicht wahr?“, sagte sie lächelnd zu mir. Ich sah Robert zu, der Autogramme verteilte, sich mit sämtlichen Fans über die Bande hinweg ablichten ließ, mit den Menschen sprach, während alles um ihn herum laut schrie. Der arme Prinz William, der ein paar Minuten zuvor erschienen war, wurde kaum beachtet. Robert fesselte alle.
„Es ist einschüchternd“, gestand ich Melissa.
„Und trotzdem ist er Robert. Genauso, wie die Fans ihn gerne hätten. Das macht ihn so beliebt.“
Robert hatte die Presse erreicht und posierte vor den Kameras.
„Na, ich weiß nicht. Wenn er das zu Hause täte, sähe es ziemlich albern aus“, antwortete ich trocken.
Melissa lachte. „Ich bin froh, dass Sie dabei sind“, sagte sie auf einmal. „Er ist wesentlich ruhiger und fröhlicher als bei früheren Touren. Sonst war er nach spätestens drei Tagen gereizt und wurde immer mürrischer.“
„Kein Wunder bei diesem ständigen Geräuschpegel. Ich konnte mir heute in aller Ruhe den Tower ansehen. Der arme Robert musste zum x-ten Mal dieselben Fragen seit einem halben Jahr beantworten. Dafür fehlt mir die Geduld.“
„Aber alte, zugige Wohnhäuser von längst verstorbenen Personen ansehen ist entspannend?“, fragte sie ungläubig.
Ich wusste von Anfang an, dass Melissa zur praktischen Sorte Mensch gehörte und Nostalgie ein Fremdwort für sie war.
Ich lächelte sie entschuldigend an. „Sollen wir uns nicht duzen?“
Sie war einen Moment verdutzt, dann lächelte sie zurück. „Gern. Ich besorge uns gleich ein Glas Sekt.“
Wir verdrückten uns im Theater in eine der hinteren Reihen, ein Glas Sekt in der Hand, und tranken auf unsere neu erworbene Komplizenschaft.
Wir sahen Robert unter lautem Klatschen und Zurufen mit der Regisseurin die Bühne betreten. Ich hatte die Regisseurin Cathleen Silversteen bislang noch nicht kennengelernt. Ich war als Assistentin nicht bedeutend genug, um beachtet zu werden, nur eine notwendige Reise-Begleiterscheinung so wie Zahnbürste und Devisen. Wenn diese Frau etwas wollte, wandte sie sich direkt an ihren Ansprechpartner und schaltete sämtliche andere Personen um sich herum aus. Robert hatte auf jeden Fall ihre Anerkennung und ihre Sympathie. Auf dieser Tournee hatte ich beobachtet, dass sie nur mit ihrer Sekretärin, den beiden Hauptdarstellern und deren Managern sprach.
Cathleen Silversteen bedachte Robert mit einem halben Lächeln – das war das freundlichste, das ich von ihr bislang auf der gesamten Tour erlebt hatte. Er umarmte sie und wandte sich dem Mikrofon zu. Der Saal wurde wieder ruhig. In diesem Moment klingelte mein Handy.
„Verflixt“, entfuhr es mir. Sämtliche Stuhlreihen drehte sich nach dem Störenfried um, und ich wäre am liebsten im Boden versunken. Robert grinste von der Bühne breit in unsere Ecke hinunter.
Natürlich hatte er Chopin erkannt.
„’Tschuldigung!“, sagte ich etwas lauter und quetschte mich an all den glattrasierten oder edel verhüllten Beinen vorbei.
Als ich im Gang stand, sagte Robert durch das Mikro zu dem gesamten Publikum: „Jetzt fühle ich mich ein wenig an einen Schwarz-Weiß-Streifen erinnert, wo auch immer jemand mit Klavier in der Ecke saß und dafür sorgte, dass die Schauspieler nicht flach rüber kamen. Ein Applaus für Lisa, die dafür sorgt, dass mein Leben bunt geworden ist.“
Ich blieb einen Moment mit offenem Mund im Gang stehen, wohl bewusst, dass der ganze Saal mich anstarrte.
Kurzerhand warf ich ihm eine Kusshand zu und eilte dann nach draußen ins Foyer.
Mein Herz klopfte noch immer laut und meine Hand zitterte, als ich das Gespräch annahm.
„Lisa, wo zum Teufel bist du?“, schallte eine vertraute Stimme an mein Ohr.
„David?“ Aus dem Theatersaal ertönte ein Rufen und Klatschen. Ich ging näher zur Eingangspforte. Dort war es ruhiger geworden. Die meisten Fans hatten sich zerstreut.
„Herrgott noch mal, ich versuche seit ein paar Tagen dich zu erreichen, aber dein Festnetz ist
Weitere Kostenlose Bücher