Scheidung auf Griechisch
gegenseitig zu zerfleischen. Eine letzte Chance sollten wir unserer Ehe jedenfalls geben. Oder denkst du anders darüber?”
Natürlich nicht, hätte sie am liebsten erwidert. Das auszusprechen erschien ihr allerdings zu kühn. “Also schön”, erwiderte sie deshalb ausweichend und tröstete sich mit der Gewissheit, dass es zunächst nur für eine Nacht wäre.
Zum Anziehen ging sie vorsichtshalber ins Bad. Als sie zurückkam, erwartete Leandros sie bereits ungeduldig an der geöffneten Zimmertür. “Ich muss noch zu Ende packen”, erinnerte sie ihn.
“Wir lassen das Gepäck nachkommen”, erklärte er. “Wie ich diesen Laden kenne, fällt jeden Moment wieder der Strom …”
Ehe er den Satz beenden konnte, bewahrheitete sich seine Befürchtung. Das Licht erlosch, und der Kühlschrank hörte auf zu summen.
“Das hat mir gerade noch gefehlt”, schimpfte Leandros, als er sie über den dunklen Korridor führte.
Im Treppenhaus war es so düster, dass Isobel erleichtert die Hand nahm, die er ihr reichte. Trotzdem stolperte sie mehrmals, bis sie schließlich eine Stufe verfehlte und das Gleichgewicht verlor. Sicher wäre sie gestürzt, wenn er sie nicht im letzten Moment aufgefangen hätte. So dankbar sie ihm dafür war, so wenig war sie damit einverstanden, dass er nicht gewillt schien, sie wieder loszulassen. Stattdessen drängte er sie gegen die Wand und schnitt ihr jede Fluchtmöglichkeit ab.
“Weißt du eigentlich, wie leid ich es bin, mit dir zu kämpfen?”, sagte er mit einer Ernsthaftigkeit, die ihr neu war. “Ich will alles mit dir teilen, Isobel – mein Leben, mein Haus und mein Bett”, gestand er. “Ich will, dass es zwischen uns wieder so wird wie damals, als wir uns kennen gelernt haben. Ich will jeden Tag aufs Neue erleben, wie unendlich glücklich du darüber bist, meine Frau zu sein. Und wenn du dir dasselbe wünschst, musst du es mir jetzt sagen.”
Sein fast flehender Blick ließ keinen Zweifel daran, dass jedes seiner Worte tief empfunden war. Etwas anderes als die Wahrheit zu sagen, kam Isobel deshalb gar nicht in den Sinn. Glücklicherweise entsprach diese dem, was Leandros hören wollte.
“Ja”, erwiderte sie leise. “Ich wünsche es mir.”
Als es endlich heraus war, fiel ihr eine zentnerschwere Last von den Schultern. Trotzdem hatte die Situation einen bitteren Beigeschmack. Denn solange die entscheidenden drei Worte nicht gesprochen waren, blieben selbst solche Schwüre bloße Lippenbekenntnisse.
Leandros schien ihre Gedanken erraten zu haben, und einen Moment glaubte Isobel, dass er sich überwinden und ihr seine Liebe gestehen würde.
Was er schließlich auch tat – jedoch anders als erwartet. Unvermittelt beugte er sich herunter und presste die Lippen auf ihre, um ihr in dem düsteren und zugigen Treppenhaus einen Kuss zu geben, in dem sich außer seinem körperlichem Verlangen auch ehrliche Gefühle ausdrückten.
Etwas Vergleichbares hatte sie nie zuvor erlebt, und die Aufrichtigkeit, mit der Leandros ihr zu verstehen gab, was er für sie empfand, prägte sich Isobel für alle Zeiten ein. Und da sie den Kuss genauso innig erwiderte, war sie sich sicher, dass er ihre stumme Botschaft ebenfalls erhört hatte.
Erst als Schritte zu hören waren, lösten sie sich schweren Herzens voneinander und setzten ihren Weg schweigend fort. In ihrem tiefsten Innern wusste Isobel jedoch, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Natürlich ging sie damit ein erhebliches Risiko ein, aber sie hatte diese Chance zu lange herbeigesehnt, um sich davon abschrecken zu lassen.
Der rote Ferrari stand direkt vor dem Ausgang, und Leandros hielt Isobel die Beifahrertür auf. Es war nicht leicht, sich in den engen Sitz zu zwängen, und als sie die Beine anwinkelte, rutschte zwangsläufig ihr Kleid hoch. Als er um das Auto herum gegangen war und auf dem Fahrersitz Platz nahm, musste er allerdings zu seinem Bedauern feststellen, dass sie es inzwischen wieder glatt gestrichen hatte und ihm der Anblick ihrer wundervollen Beine versagt blieb.
Nach dem Vorfall im Treppenhaus war das Knistern, das in der Luft lag, dennoch förmlich greifbar. So kostete es ihn erhebliche Mühe, sich auf den dichten Berufsverkehr zu konzentrieren.
Isobel wagte es kaum, Leandros anzusehen, der am Steuer seines Ferrari saß und die unbändige Kraft des Motors mühelos beherrschte. Seine eigene Kraft im Zaum zu halten, fiel ihm merklich schwerer, und sie bedauerte fast, dass sie ihren Aufbruch nicht
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