Scheidung auf Griechisch
wurde, machte Isobel sich ohne ihre Mutter auf den Weg. Silvia war müde und wollte lieber in ihrem Zimmer im Anbau bleiben.
Trotzdem war Isobel verwundert, als sie feststellte, dass auf dem großen Esstisch nur zwei Gedecke standen. Auf Dianthas Gesellschaft konnte sie getrost verzichten, aber zumindest Lester hatte sie erwartet. Als die Tür aufging, glaubte sie zu wissen, warum das Abendessen ohne ihren Anwalt stattfinden würde. Leandros war so elegant gekleidet, als gäbe es etwas zu feiern.
Sie hatte sich nach einer ausgiebigen Dusche zwar dezent geschminkt und das Haar hochgesteckt, aber dasselbe Kleid angezogen, das sie schon am Nachmittag getragen hatte – schließlich befand sich kein anderes in ihrem Gepäck.
“Ein schlichter Anzug hätte es auch getan, findest du nicht?”, fragte sie bissig, um ihre Verlegenheit zu verbergen.
Seine Antwort drohte ihr den Abend zu verderben, ehe dieser begonnen hatte. “Ich muss nach dem Essen noch mal das Haus verlassen”, erwiderte Leandros. “Meine Mutter besteht darauf, mich heute noch zu sehen, und wenn ich nicht zu ihr gehe, kommt sie zu mir. Ich nehme an, du legst an deinem ersten Abend keinen Wert auf eine Begegnung mit ihr”, fügte er hinzu, ehe er sie zu ihrem Platz führte.
Das Wiedersehen mit ihrer Schwiegermutter konnte tatsächlich warten. Insoweit musste sie Leandros Recht geben. Doch dass er sie an ihrem ersten Abend allein ließ, war ein denkbar schlechtes Omen – vor allem weil seine Begründung unglaubwürdig war. Diantha höchstpersönlich hatte von dem Abendessen erzählt, und wenn Leandros das Haus verlassen wollte, dann nur, um sich mit ihr zu treffen.
“Wenn du möchtest, kannst du gern mitkommen”, schlug er unvermittelt vor, als hätte er ihre Gedanken erraten. Gleichzeitig beugte er sich vor, um ihr Champagner einzuschenken.
Allerdings ließ Isobel sich von seiner Freundlichkeit nicht täuschen. Er wusste genau, dass sie den Vorschlag nicht annehmen würde. Am liebsten hätte sie ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht und begeistert zugestimmt. Doch dieses Vergnügen musste sie sich leider versagen. “Das geht nicht”, erwiderte sie. “Ich habe Silvia versprochen, dass ich mir nach dem Essen ein Video mit ihr ansehe.”
Umso besser, schien sein Gesichtsausdruck zu sagen. “Hat sie alles, was sie braucht?”, erkundigte sich Leandros. “Dann sollten wir jetzt anstoßen”, schlug er vor, als sie bestätigend nickte, und hob sein Glas. “Auf uns.”
Mit einiger Überwindung erwiderte sie den Toast, als ihr plötzlich ein ungeheuerlicher Gedanke kam. “Wo ist eigentlich Lester?”, fragte sie rundheraus.
“Er hat das Haus kurz nach unserer Ankunft verlassen”, erwiderte Leandros mit einem jungenhaften Lächeln.
“Hast du ihn etwa ins Apollo zurückgeschickt?”
“Zurückgeschickt schon”, gab er unumwunden zu, “aber nicht ins Apollo, sondern nach London.”
“Und wie ist er dorthin gekommen?”
“Mit dem Flugzeug.”
“Das sollte mich wundern”, wandte sie ein. “Heute sind alle Maschinen ausgebucht. Ich habe mich selbst erkundigt.”
“Das war hoffentlich, bevor wir miteinander geschlafen haben”, sagte Leandros triumphierend. “Ich habe ihm ein Firmenflugzeug zur Verfügung gestellt”, fuhr er fort, weil sie nicht antwortete. “Der Bodybuilder war übrigens auch an Bord. Ich glaube kaum, dass wir für die beiden Herren noch Verwendung haben.”
Leandros konnte von Glück sagen, dass in diesem Augenblick Allise ins Zimmer kam und das Essen servierte. Isobel wusste nicht, wie sie sonst reagiert hätte.
So rächte sie sich, indem sie während des gesamten Essens kein Wort mehr sprach. Kaum hatte sie das Besteck weggelegt, stand sie auf, um den ungastlichen Ort zu verlassen. Immerhin sagte sie im Hinausgehen noch “Gute Nacht”.
Ihr Versprechen, sich mit ihrer Mutter einen Film anzusehen, hielt sie. Doch anschließend zog sie sich in das Gästezimmer zurück, in das sie sich am Nachmittag einquartiert hatte. Als sie endlich unter der Bettdecke lag, konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten.
Sicher stand Leandros in diesem Augenblick mit Diantha in einer dunklen Nische seines Elternhauses, um ihr die neue Situation zu erklären. Würde sie weinen? Flehen? Ihm drohen?
Viel wichtiger war, ob er sich erweichen lassen und die Nacht bei ihr verbringen würde!
Bis in den Schlaf verfolgten Isobel die entsetzlichen Bilder, die ihre Fantasie in grellen Farben zeichnete. Und noch im Traum
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