Scheidung auf Griechisch
kostbaren Stücken sah. “Sie haben wirklich etwas Besseres verdient.” Und den entgeisterten Blick seiner Mutter hatte sie, Isobel, bis heute nicht vergessen.
Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, hatte sie den Schmuck aus London mitgebracht. Nun lag er im Tresor einer Athener Bank. Wenn Leandros ihn wiederhaben wollte, würde er ihn bekommen – allerdings nicht ohne eine entsprechende Gegenleistung. Es interessierte sie brennend, wie hoch sein Angebot ausfallen würde. Vor allem aber freute sie sich auf die Genugtuung, ihm die verdammten Diamanten auszuhändigen und den Raum mit keiner anderen Entschädigung zu verlassen als ihrem wiedergewonnenen Stolz.
Die Taxifahrt durch den Athener Berufsverkehr dauerte sehr lange. Lester Miles nutzte die Zeit, um sich mit ihr abzusprechen.
“Ihre Verhandlungsposition könnte nicht besser sein, Mrs. Petronades”, teilte er ihr mit. “Da es keinen Ehevertrag gibt, steht Ihnen die Hälfte des Vermögens Ihres Mannes zu.”
Plötzlich glaubte Isobel zu wissen, was Leandros unter einer “gütlichen Einigung” verstand. Doch der Einsatz, um den es ging, hatte sich drastisch erhöht. Und wo ein Milliardenvermögen zu verteilen war, spielte selbst der wertvollste Schmuck eine untergeordnete Rolle.
“Die Verhandlungen stehen und fallen damit, wer von Ihnen an der Scheidung das größere Interesse hat”, fuhr der Anwalt fort. “Und da die Initiative von Ihrem Mann ausgeht, haben Sie die weitaus besseren Karten.”
“Ich scheine Sie unterschätzt zu haben”, gab Isobel zu. “Wissen Sie denn zufällig auch, warum er ausgerechnet jetzt die Scheidung eingereicht hat?”
“Beweisen kann ich es nicht”, antwortete er. “Aber wenn mich nicht alles täuscht, ist eine andere Frau dafür verantwortlich. Zumindest haben mir meine Informanten berichtet, dass sich eine gewisse Diantha Christophoros längere Zeit auf der Yacht Ihres Mannes aufgehalten hat.”
Bei der Erwähnung der ebenso bezaubernden wie vermögenden jungen Frau drohte sie in einen tiefen Abgrund zu stürzen.
“Die Dame entstammt einer der angesehensten Dynastien Griechenlands”, berichtete Lester, was sie schon wusste, um dann fortzufahren: “Eine Verbindung der beiden Familien würde die wirtschaftliche Macht des Petronades-Konzerns beträchtlich erhöhen. Gerüchten nach steht die Hochzeit Ihres Mannes unmittelbar bevor. Für diese Theorie spricht, dass Ihr Schwager Nicolas in der kommenden Woche eine gewisse Carlotta Santorini heiratet. Auch sie stammt aus einer angesehenen Unternehmerfamilie. Deshalb gehe ich davon aus, dass Ihr Mann – verzeihen Sie den Ausdruck – seinem Bruder zuvorkommen will. Bei solchen Konzernen in Familienbesitz geht es mitunter heute noch zu wie früher an Königshäusern. Der Erstgeborene übernimmt die Leitung, und alle anderen werden bestenfalls abgefunden.”
Mit jedem Wort ihres Anwalts war Isobel elender zumute geworden, und irgendwann konnte sie die Tränen nur noch mit äußerster Mühe zurückhalten.
Verdammter Mistkerl!, verfluchte sie stumm jenen Mann, dem die Gefühle anderer im schmutzigen Spiel um Macht und Einfluss nicht das Geringste bedeuteten.
2. KAPITEL
Verdammter Mistkerl!, dachte Isobel erneut, als sie Leandros eine Viertelstunde später im Konferenzraum seines Konzerns gegenüberstand. Die letzten drei Jahre schienen spurlos an ihm vorbeigegangen zu sein, denn mit seinen einsneunzig war er jeder Zoll der Herzensbrecher. Er trug einen grauen Designeranzug, ein weißes Hemd und eine graue Krawatte. Sein Gesicht hatte weder den dunklen Teint noch den Ausdruck der Entschlossenheit eingebüßt, und das wellige Haar war immer noch so nachtschwarz, wie sie es in Erinnerung hatte. Die dunklen Augen und der sinnliche Mund strahlten die unerschütterliche Selbstsicherheit eines Mannes aus, der um seine verheerende Wirkung auf Frauen wusste.
Zur Begrüßung hätte sie ihm am liebsten eine schallende Ohrfeige verabreicht. Ihre Wut und Entrüstung waren so maßlos, als hätte sie ihn nicht vor drei Jahren, sondern erst gestern verlassen. Ausgerechnet Diantha Christophoros, dachte Isobel in Erinnerung an ihre Rivalin, die man in größter Eile außer Landes gebracht hatte, als sie damals auf der Bildfläche erschienen war.
Für wie dumm hielt er sie eigentlich? Ihm musste doch klar sein, dass seine intrigante kleine Schwester ihr in höchsten Tönen von dem engelsgleichen Wesen vorgeschwärmt hatte, dem Leandros den Laufpass gegeben hatte, um ein
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