Scheinbar verliebt
Freundlichkeit drohte sie um ihre Fassung zu bringen. „Ich glaube, ich würde gerne alleine sein.“
Er nahm ihre Hand und drückte ihr einen Kuss auf die weiße Bandage. „Ich lass dich hier nicht alleine. Du kannst bei Clare bleiben.“
„Nein.“ Nicht dorthin. Nicht schon wieder.
Er streichelte sanft ihren Arm. „Ich kann auch kein Alarmsystem installieren lassen, bis das hier renoviert ist. Ich will dich an einem Ort wissen, wo du sicher bist. Und Clare hat gesagt, dass sie ein Security-Team in ihrem Gästehaus untergebracht hat.“
„Ihre Hexenkessel hat sie bestimmt auch schon da.“ Lucy dachte an ihr leeres Bankkonto und bemerkte bedrückt, dass sie sich nicht mehr als eine Nacht im Hotel würde leisten können. „Sie ist verrückt, Alex.“
„Schau, da habt ihr doch wenigstens etwas gemeinsam.“ Er lächelte und schob eine ihrer wilden Strähnen hinter ihr Ohr. „Können wir aufhören, darüber zu diskutieren? Ich kann dich nicht hier alleine lassen, aber wenn ich nicht zu meinen Meetings erscheine, wird mein Team mich noch feuern.“
Er war ihr so nahe, dass sie sein Shampoo riechen konnte. Nur zu deutlich wurde ihr bewusst, wie intensiv er sie betrachtete. So würde sie ihm alles versprechen.
„Gut“, flüsterte sie. „Bring mich zu Clare.“
Während er sie zur Tür brachte, fragte Lucy sich, ob ihr zuhause wirklich das Einzige war, das zu Grunde ging.
Nein, definitiv auch ihre Willensstärke.
Und ihr Schutzschild gegen unwiderstehliche, aber emotional abwesende Footballstars begann zu zerbrechen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sich Lucy Wiltshire, die sonst einen gesunden Verstand und ein aufrechtes Rückgrat hatte, nicht mehr immun.
Wenn sie ehrlich war, spürte sie eine absolut unwillkommene Verbundenheit mit allen Cheerleadern von Alex.
23. Kapitel
S eit einer Woche ertrug Lucy nun Clares Unterricht. Als ihr Vermieter ihr mitgeteilt hatte, dass ihre Wohnung in den nächsten Wochen nicht zu beziehen wäre, hatte Lucy nur schweigend genickt und sich in ihr Schicksal ergeben.
Clares Art von Unterricht glich Lucys Vorstellung von Quälerei. Quizfragen über Alex’ Kampagne. Lernkarten von Landes- und Bundespolitikern. Sogar Geschichtsunterricht mit Schwerpunkt auf den früheren First Ladys des Weißen Hauses. Das Einzige, wofür Lucy dankbar war, war Julian, der sie für ihre Lernleistungen mit köstlichen Fruchtpasteten und Strudeln belohnte. So fiel ihr das Lernen wenigstens ein bisschen leichter. Und sie lernte eine ganze Menge, das konnte sie nicht bestreiten. Zum Beispiel, dass keiner ihrer Röcke ihr wirklich passte, was Clare zum Anlass nahm, mit ihr einkaufen zu gehen. Nämlich Kostüme, die einer Frau an der Seite eines Politikers eher entsprachen.
Die Hitze des Montagnachmittags wurde gelindert, als sich der Himmel zuzog und Regenschauer über das Land fegten. Lucy schaltete den Scheibenwischer an und musste sich Mühe geben, die weiße Fahrbahnmarkierung noch zu erkennen.
„Müssen Scheibenwischer so komisch quietschen?“, fragte Marinell vom Beifahrersitz aus.
„Sie sind in Ordnung.“
„Sie hören sich wie ein zorniges Schwein an.“
„Du hast zu viel Zeit mit Alex verbracht.“ Alex hatte an den vergangenen Abenden in Saving Grace vorbeigeschaut, um Marinell mit der Arbeit für die Ferienkurse zu helfen. Jedes Mal, wenn Lucy ihn sah, musste sie wieder an ihren Kuss denken. Aber er hatte ihn nicht mehr erwähnt.
„Tyneisha sagt, dass du das Haus gestern nach der Sperrstunde verlassen hast.“ Lucy ordnete sich in die Ausfahrt ein, die sie zum Kinderkrankenhaus bringen würde. „Wir haben doch darüber gesprochen. Wenn du deinen Bruder sehen willst, sag mir Bescheid.“
„Das habe ich verstanden.“
Lucy sah in den Rückspiegel und beobachtete, wie ihre Bodyguards ihr folgten. „Marinell, wir haben Regeln. Ein dritter Verstoß und du bist draußen. Ich kann dich dann nicht bleiben lassen.“
„Manchmal muss ich meinen Bruder auch nachts besuchen, okay?“
„Solange du vor der Sperrstunde wieder da bist, ist das kein Problem. Ich finde, das kann ich von dir verlangen.“ Irgendetwas stimmte nicht, doch Lucy hoffte, dass Marinell es schnell lösen würde. Sie wollte das Mädchen nicht wegschicken müssen. „Ich weiß, dass du nicht gut schläfst, und ich merke, dass du immer mehr Gewicht verlierst.“
„Ich will Supermodel werden.“ Marinell kaute auf einem Fingernagel.
„Wenn du für deinen Bruder da sein willst, musst du auf dich
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