Scheiss dich nicht an - Lebe
hinter dem er dann wie der Waldi endlich sein Geschäft verrichten hat können, und zwar das große, wie er abschließend berichten darf – halleluja, früher hat er es einfach wirklich noch können!
Nachdem er damit fertig war, hat er sich am Parkplatz auch gleich die schmerzenden Füße vertreten wie früher der Boogie-King nach der langen durchtanzten Nacht, während die Kameraden alle miteinander im Bus drinnen gesessen sind und mit den Zähnen geklappert haben – „schieß uns bitte nicht auch noch über den Haufen, Biermösel!“, haben sie gebettelt wie die Waschweiber im Wildwestfilm, als er dann endlich entspannt und befreit von aller Last – breitbeiniger noch als der John Wayne nach einem langen arbeitsreichen Tag auf seinem Bronco! – zum Bus zurückgekommen ist – „schieß uns bitte nicht über den Haufen!“
Aber da hat der Biermösel natürlich längst Blut geleckt gehabt, und an einer so genannten Deeskalation, wie sie in der Gendarmerieschule im Sinne einer komplett falsch verstandenen Friedfertigkeit auch gelehrt worden ist, war ihm in diesem Augenblick nicht mehr gelegen, eher im Gegenteil.
Auf einmal hat er nämlich gespürt, wie erhebend es sein kann, wenn sich andere vor einem in Todesangst verstecken, nur weil man ein bisserl außer Kontrolle gerät und mit der Glock in der Hand herumrennt und vielleicht ein bisserl herumballert, herrlich war das! Dann hat er noch zu jedem Einzelnen „spring, du Feigling!“ gesagt, bevor sie einer nach dem anderen mit „La Montanara“ auf den Lippen durch die von ihm zerschossenen Scheiben vom Bus herausgesprungen und in alle Richtungen davongerannt sind, peng, peng, peng!
Das war sie dann aber auch schon, seine erste und bisher einzige Erfahrung mit dem Ausland. Und dass er davon so begeistert gewesen wäre, dass er gleich einen Lichtbildervortrag gehalten hätte, das kann er eigentlich nicht behaupten. Recht viel mehr war ja nicht, als dass er auf Deutschland geschissen und ein bisserl herumgeballert und sich durch die überraschende Geiselnahme bei der Gendarmerie keine Freunde fürs Leben gemacht hat. Eine ausgedehnte Auslandsreise zu den nördlichen Nachbarn kannst du so was jedenfalls nicht nennen, ein mehrwöchiger Aufenthalt bei den Freunden der Weißwurst sieht mit Sicherheit anders aus.
Aber er hat wenigstens was erlebt damals, will er seine erste und einzige Auslandsreise jetzt auch nicht kleinreden. Und das war bei weitem mehr, als er heute über sich sagen kann.
Frühlingserwachen
Der Biermösel sitzt dann noch immer auf seinem Erlebnispark und zischt eine erste Flasche Osterbock, damit er nicht ganz austrocknet, während er sitzt. Er zischt und zupft dann sowieso lieber an den Blättern von seiner mitgebrachten Frühlingsblume herum, als dass er sich weiter für die große weite Welt im Ausland und ihre immensen Probleme interessiert. Er zupft und zupft und rückt dabei immer unruhiger auf seiner Muschel herum, und dann denkt er sich: Na gut, jetzt kann er ja endlich verraten, dass er auf gar keinem Erlebnispark sitzt, sondern auf seinem Scheißhaus, aber freuen tut er sich jetzt trotzdem sehr darauf, dass er heuer noch was erleben und die Anni drüben im Gendarmerieerholungsheim in Kaprun endlich packen wird, darauf freut er sich jetzt wirklich schon sehr.
„Biermösel, ich lass wegen dir alles liegen und stehen und flieg mit dir in Richtung Glück“, hat die Anni zwar nicht gesagt, als er sie im frühlingshaften Überschwang und im Osterbock-Komplettrausch gefragt hat, ob sie sich von ihm vielleicht endlich packen lassen will. Aber sie hat auch nicht „nein“ gesagt, und das ist bei weitem mehr, als einer wie er vom Leben erwarten darf, so wie er im Moment ausschaut – wie der Zottelbär im engen Gehege schaut er nämlich aus! Da kann er dem Herrgott schon danken, wenn eine nicht sofort den Kittel hinaufzieht und vor ihm davonrennt, also Dank sei Gott dem Herrn!
Wenn der Biermösel also bei der Anni heuer wirklich noch landen will, dann wird er sich vorher ein bisserl säubern müssen, er wird die alte verrunzelte Haut abstreifen und die neue der aufsteigenden Sonne darbieten. Wie eine frische Mon Chéri will er sich vor der Anni auswickeln, wenn es dann so weit sein wird, gekämmt, geschnäuzt, gewaschen und frisiert will er sein, frisch wie der morgendliche Tau auf den saftigen Wiesen. Der Adler Biermösel möchte sein schönstes Federkleid tragen, wenn er die Anni anfliegt, „also tu was, Biermösel!“, feuert er
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