Schenk mir diese Nacht
erst einmal etwas vorgenommen hat..."
"Ist sie genauso dickköpfig wie ihre Mutter", bestätigte Jonathan liebevoll. "Und wir alle werden zu Wachs in ihren Händen."
"Hat Mummy das Baby schon?" fragte das Mädchen aufgeregt.
Auch ohne das Wort "Mummy" hätte Gaye erkannt, dass dies Abbie Hunters Tochter aus erster Ehe sein musste. Charlie hatte die Schönheit ihrer Mutter geerbt: langes dunkles Haar und veilchenblaue Augen. Kein Wunder, dass die Kleine die Hunter
Männer um den Finger wickeln konnte - sie war schlichtweg anbetungswürdig.
"Noch nicht, Püppchen", erwiderte Jonathan beruhigend.
"Diese nette Schwester hat mir jedoch versichert, dass es nicht mehr lange dauern wird."
Charlie schaute Gaye schüchtern an. Als sie lächelte, erschien ein Grübchen in ihrer Wange. "Bekommt Mummy gerade das Baby?"
Gaye spürte, wie sie beim Anblick des niedlichen Kindes dahinschmolz. "Ja", versicherte sie. "Möchtest du lieber einen Bruder oder eine Schwester?"
"Daddy meint, er will ein kleines Mädchen, das genauso wie ich aussieht", erklärte Charlie ihr ernst. "Aber ich will einen Bruder."
"Noch ein männliches Wesen, das sie einwickeln kann."
Jonathan stöhnte kopfschüttelnd auf.
"Onkel Jonathan sagt, dass er mich heiraten wird, wenn ich erwachsen bin", vertraute Charlie Gaye treuherzig an. "Aber Daddy meint, er sei zu alt für mich."
"Viel zu alt", bestätigte der dritte Hunter schmunzelnd. "Ich passe viel besser zu dir."
Charlie schüttelte den Kopf. "Daddy meint, du seist auch zu alt für mich, Onkel Jordan", teilte sie ihm bedauernd mit.
Jonathan. Jarrett. Und Jordan. Gaye schwirrte der Kopf angesichts der Hunter-Männer. Und nicht nur wegen ihrer Namen! Die drei waren ein atemberaubendes Trio.
"Das Wartezimmer befindet sich am Ende des Gangs auf der linken Seite." Sie deutete in die Richtung. "Ich werde Ihnen Kaffee besorgen", erbot sie sich. "Was möchtest du trinken, Charlie?" Ihre Stimme wurde merklich sanfter, als sie mit dem Mädchen sprach. Gaye liebte Kinder, und Charlie war einfach entzückend.
"Ein Glas Milch, bitte, Schwester", antwortete die Kleine schüchtern.
"Schwester Royal", korrigierte Jonathan sie leise.
"Du kannst mich Gaye nennen", schlug sie lächelnd vor, wobei sie es absichtlich vermied, den beiden Männern das gleiche Recht einzuräumen. Dann eilte sie in die Stationsküche, wo sie sich um Kaffee und Milch kümmerte.
Sie brauchte dringend eine Verschnaufpause, um sich von dieser Hunter-Invasion zu erholen. Hoffentlich gab es nicht noch mehr davon. Allerdings kam in diesem Moment ein weiterer auf die Welt, und auch der Name dieses Jungen würde zweifellos mit J beginnen - sei es nun aus Tradition oder nur, um die Verwirrung zu steigern.
"Kann ich Ihnen helfen?" fragte eine mittlerweile vertraute Stimme, die Gaye sofort als Jonathan Hunters erkannte. "Oder habe ich heute schon genug angerichtet?" fügte er reumütig hinzu, als er sich nach dem Teelöffel bückte, den sie fallen gelassen hatte.
Was meinte er damit? Das Missgeschick mit dem Löffel oder die Tatsache, dass sie sich seinetwegen im OP zur Närrin gemacht hatte? Atemlos drehte Gaye sich zu ihm um - und wurde mit einem strahlenden Lächeln belohnt. Ein Lächeln, das das Herz einer jeden Frau zum Schmelzen brachte, dessen war sie sicher. Nur war ihr Herz völlig unempfänglich, ob nun für Jonathan Hunters Charme oder für den irgendeines anderen Mannes.
"Ich komme allein zurecht, danke", entgegnete sie frostig.
"Davon bin ich überzeugt", versicherte er fröhlich. "Ich würde aber gern helfen."
Gaye betrachtete sein modisch gestyltes Haar, den
maßgeschneiderten Anzug, das seidene Hemd und die eleganten Schuhe und fragte sich ernsthaft, ob er überhaupt das eine Ende eines Kaffeebechers vom anderen unterscheiden konnte.
Zweifellos verfügten die Hunters über ganze Heerscharen von Dienstboten, die ihnen derart niedere Tätigkeiten abnahmen.
"Ich komme wirklich allein zurecht", beharrte sie. "Würden Sie bitte wieder ins Wartezimmer gehen?" Sie wandte ihre Aufmerksamkeit erneut der Kaffeemaschine zu. Gott sei Dank hatte sie in einer halben Stunde Feierabend. Andererseits war die Aussicht, nach Hause zurückzukehren, nicht sonderlich beglückend ...
"War das eben ein Seufzer?"
Sie seufzte noch einmal resigniert auf, bevor sie sich zu Jonathan Hunter umdrehte. "Ich dachte, Sie seien fort."
Er lehnte am Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt.
"Wie Sie sehen, bin ich noch hier", erwiderte er
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