Schenk mir mehr als diese Nacht
überraschte ihn. Auch das kannte er nicht von den Frauen, die bisher seinen Weg gekreuzt hatten.
„Es sei denn, in unserem Verhältnis zueinander hätte sich etwas geändert“, versuchte sie es ein letztes Mal mit zitterndem Herzen.
Was sollte das heißen? Etwa, dass sie bleiben würde, wenn er sie brauchte? Hatte sie etwa Mitleid mit ihm? Oder fühlte sie sich womöglich für ihn verantwortlich, jetzt, da sie ihn weichgekocht hatte? Alles in ihm sträubte sich dagegen.
„Nein“, sagte er mit schwerer Stimme, „was sollte sich geändert haben?“
Er wartete auf eine Reaktion, doch nichts kam. Dann war es wohl an ihm, die Sache zu einem vernünftigen Abschluss zu bringen. „Da ich ohnehin vorhatte, in absehbarer Zeit wegen des Grande Wolfe nach Mumbai zu fliegen, werden wir zusammen reisen. Dann kann ich endlich auch deine Eltern kennenlernen.“
„Fühl dich bloß nicht dazu verpflichtet“, platzte Aneesa in ihrer Verzweiflung heraus. „Das hat Zeit, bis das Baby da ist. Glaub mir, sie haben den ersten Schock ganz sicher schon verdaut und …“
„Wir fliegen zusammen.“
Aneesa biss sich auf die Unterlippe, bis sie Blut schmeckte. Die gemeinsame Reise nach Indien war das Ende, sie spürte es! Sebastian zog einen Schlussstrich. Er würde nach Europa zurückkehren und sie nicht.
Am nächsten Morgen saß Sebastian wie gewohnt in seinem Büro und arbeitete sich stur durch einen Berg von Papieren, die alle unterschrieben werden mussten. Obwohl er nervös und abgelenkt war, kam er gut voran.
In der letzten Nacht hatte er nicht mit Aneesa geschlafen. Nachdem sie im Penthouse angekommen waren, hatte sie ihm eine gute Nacht gewünscht, ohne auch nur mit einem Wimpernschlag so etwas wie eine Einladung in ihr Bett anzudeuten.
Aber aus welchem Grunde sollte ihn das treffen? Sie kehrte nach Indien zurück, und er konnte endlich wieder sein altes geregeltes Leben aufnehmen.
Eben erst hatte er mit Jacob telefoniert, der ihm Details über die geplante Renovierung von Wolfe Manor mitteilte. Nach dem Gespräch war Sebastian seltsam erleichtert und hatte das Gefühl, als wäre ein großes Gewicht von seinen Schultern genommen worden. Das war etwas, das er nie erwartet hätte.
Der Gedanke an seine Familie, und besonders an Jacob, hatte ihm stets das Herz abgeschnürt. Erst gestern während der Hochzeitsfeier war ihm bewusst geworden, dass jeder von ihnen mit seinen eigenen Dämonen und belastenden Erinnerungen zu kämpfen hatte und sie gar nicht so verschieden waren, wie er immer glaubte.
Sebastian dachte an den Hochzeitsabend zurück – an die Erleichterung, Aneesa in seinem Bett zu finden, als er in ihre Suite zurückgekehrt war.
„Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Mr Wolfe?“
Erst jetzt nahm er seine Sekretärin wahr, die vor ihm stand und ihn besorgt musterte.
„Alles bestens, Meredith“, versicherte er ihr. „Ich bin gleich so weit.“ Und ob alles in Ordnung ist! versicherte er sich selbst noch einmal selbst.
Er würde mit Aneesa nach Indien gehen, im Grand Wolfe wohnen, ihre Familie kennenlernen und sich erleichtert wieder auf den Heimweg machen. Wie sollte es auch anders sein?
Sebastian hätte es ihr nicht deutlicher vor Augen malen können, wie er sich seine Zukunft vorstellte. Ihre kurze, leidenschaftliche Affäre war vorbei. Allein wegen ihres Babys wollte er ihre Familie kennenlernen, um dann schnellstmöglich in sein altes, vertrautes Leben zurückzukehren.
Sobald sie wieder in Tränen auszubrechen drohte, rief Aneesa sich energisch zur Ordnung. Sebastian hatte ihr nie etwas vorgemacht, also musste sie es sich ganz allein zuschreiben, wenn sie sich betrogen fühlte.
Jetzt saß er völlig entspannt neben ihr in der ersten Klasse einer Linienmaschine, auf der sie bestanden hatte, und schien doch Millionen Meilen weit weg zu sein. Er verhielt sich nur noch kurz angebunden und hatte in ihren letzten gemeinsamen Tagen nicht einmal den Versuch gemacht, ihr Schlafzimmer zu betreten.
Zutiefst frustriert kehrte Aneesa ihm den Rücken zu und rollte sich wie ein Ball in ihrem Sitz zusammen.
Als Sebastian den Kopf wandte, seufzte er innerlich. Aneesas langes schwarzes Haar umfloss in weichen Wellen ihre zierliche Gestalt. Ihr runder Po, der sich herausfordernd unter der weichen Kaschmirdecke abzeichnete, verlockte dazu, ihn zu streicheln. Und ihr vertrauter Duft umfing ihn wie eine sanfte Umarmung. Gepeinigt lehnte er sich im Sitz zurück, schloss die Augen und ballte die Hände zu Fäusten.
Bald
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