Schenk mir mehr als diese Nacht
würde sein Leben endlich wieder in normalen Bahnen verlaufen! Er vermied es, daran zu denken, wie leer sein Penthouse schon gewirkt hatte, wenn Aneesa nur kurz unterwegs gewesen war oder sich allein in ihr Schlafzimmer zurückgezogen hatte. Ganz zu schweigen von Daniels Leidensmiene, die er demonstrativ zur Schau stellte, seit er von Aneesas Abreise erfahren hatte.
Ihr hatte der erbarmungswürdige Anblick heiße Tränen in die Augen getrieben, und Sebastian fühlte sich wie der letzte Schuft, obwohl Aneesa es war, die beschlossen hatte, England und ihm für immer den Rücken zu kehren!
Egal! Nur noch wenige Tage, dann würde er wichtige Termine in England vorschützen und aus Mumbai verschwinden.
Zu Aneesas Erleichterung hatte die Presse in Mumbai offensichtlich nichts von ihrer überraschenden Rückkehr erfahren. Momentan fühlte sie sich viel zu angeschlagen und zerbrechlich, um sich dem unweigerlichen Blitzlichtgewitter und den bohrenden Fragen zu stellen.
Als sie den Flieger verließen, hieß Mumbai sie mit tropischer Hitze und der gewohnten Überfülle an Farben und exotischen Düften willkommen, wodurch Aneesa erst richtig bewusst wurde, wie sehr sie ihre Heimat vermisst hatte.
Sebastian betrachtete ihr strahlendes Gesicht und spürte plötzlich einen Kloß im Hals. „Du liebst das hier alles sehr, nicht wahr?“
„Es ist mein Zuhause“, gab sie schlicht zurück.
„Vielleicht solltest du mich ein bisschen mehr über deine Familie aufklären.“
„Warum? Was du weißt, reicht für eine kurzen Austausch von Höflichkeiten, sodass dir genügend Zeit für deine wichtigen Geschäfte bleiben wird.“ Angesichts seiner eisigen Miene errötete sie heftig. „Tut mir leid, das hast du nicht verdient“, entschuldigte sie sich.
Auf dem Weg zu ihrer Familie erzählte Aneesa ihm dann doch von ihrer wunderschönen, jüngeren Schwester, die wild entschlossen war, ebenfalls Filmstar zu werden, und von ihrem kleinen Bruder, der ständig gegen einen Hang zu Übergewicht kämpfte und zum Leidwesen seines Vaters unbedingt Chefkoch werden wollte.
Ohne dass er es merkte, schlich sich bei den launigen Anekdoten um ihre Kindheit und besondere Charaktereigenschaften der einzelnen Familienmitglieder ein amüsiertes Lächeln auf Sebastians Lippen. Als die Limousine ihr Ziel erreichte, musste er sich gewaltsam daran erinnern, dass dies keine kurze Stippvisite bei Aneesas Verwandten war, von der sie beide zusammen nach London zurückkehren würden.
„Du liebst sie sehr, nicht wahr?“, fragte er leise, als er ihr beim Aussteigen half.
In ihren dunklen Augen standen Tränen, als sie lächelnd zu ihm hochschaute. „Ja, das tue ich. Und leider habe ich ihre Liebe und ihren Beistand viel zu lange als selbstverständlich angesehen.“
Dann wandte sie sich um und breitete die Arme aus, um eine jüngere Version von sich aufzufangen, die mit einem schrillen Schrei auf sie zustürzte – offensichtlich die angehende Bollywoodschauspielerin. Ihr Bruder war tatsächlich ein ziemlich pummeliger Teenager, der sich betont nonchalant gab, aber seine Liebe zur großen Schwester nicht verbergen konnte.
Und dann ihre Eltern …
Die Fülle an Emotionen, die sich auf ihren Gesichtern und in den dunklen Augen widerspiegelten, hätte Sebastian fast zurück in die Limousine getrieben. Nie zuvor waren ihm so unverhohlen Liebe und Zuwendung begegnet.
Aneesa fiel auf, dass Sebastian leicht zurückblieb und plötzlich seltsam blass aussah. Sie konnte sich vorstellen, wie dieses Szenario auf ihn wirken musste, da er so etwas nie kennengelernt hatte. Darum umarmte und küsste sie ihre Eltern nur kurz, ehe sie sich wieder Sebastian zuwandte. Ruhig umfasste sie seine Hand, drückte sie aufmunternd und kehrte mit ihm an der Seite zu ihren Eltern zurück.
„Papa, Mama, ich möchte euch Sebastian Wolfe vorstellen.“
9. KAPITEL
Drei Tage später saßen alle gemeinsam beim Dinner, und Sebastian konnte es kaum fassen, dass er immer noch da war, mitten im organisierten Chaos von Aneesas lauter, lebhafter und ausgesprochen herzlicher Familie.
Nach ihrer Ankunft hatten sie kaum das Haus betreten, als klar wurde, dass alle davon ausgegangen waren, er würde mit ihnen unter einem Dach wohnen. Und nicht nur das! Aneesas Eltern hatten offensichtlich beschlossen, alle Konventionen über Bord zu werfen und ihnen ein gemeinsames Zimmer überlassen!
Als sie endlich allein in dem liebevoll eingerichteten Schlafzimmer standen, presste Aneesa die Hände auf
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