Schenk mir nur eine Nacht
sich um den Körper geschlungen hatte, eilte sie mutig über den kleinen Flur ins Wohnzimmer. Da das Licht noch an war, entdeckte sie sogleich ihre Kleidungsstücke.
Obwohl es ihr widerstrebte, dieselben, Sachen anzuziehen, die Luis ihr zuvor ausgezogen hatte, blieb ihr gar nichts anderes übrig. Sie wollte rasch wieder Grenzen setzen, die er nicht ignorieren konnte. Und sie würde sich mit Händen und Füßen wehren, wenn er versuchte, sie noch einmal zu benutzen.
Sie ließ das Badetuch los und zog sich schnell den seidenen Minislip, BH, Hose und T-Shirt über, ehe sie sich auf den Boden setzte und in Socken und Schuhe schlüpfte. Jetzt fühlte sie sich endlich wieder sicherer und nicht mehr so verletzlich. Sie stand auf und wollte sich umdrehen, um in einem der bequemen Sessel am Fenster die restliche Nacht zu verbringen.
Doch plötzlich fiel ihr Blick auf Luis, der auf der Türschwelle stand und den ganzen Raum zu beherrschen schien.
Shontelle war schockiert und entsetzt. Ihre Gefühle gerieten in Aufruhr, in ihrem Kopf herrschte ein einziges Chaos, und ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Angespannt betrachtete sie den Mann, den sie lieber nicht mehr gesehen hätte. Er hatte nachträglich all das Schöne zerstört, was sie damals gemeinsam erlebt hatten. Und dass er jetzt einfach dastand und sie beobachtete, konnte nur bedeuten, dass er ihr noch mehr seelische Verletzungen zufügen wollte. Sie würde noch schlimmere Erfahrungen machen.
Ihr war klar, dass er dabei zugesehen hatte, wie sie sich hastig angezogen hatte. Es kam ihr vor wie eine weitere Demütigung, nachdem sie sich schon kurz zuvor von ihm zutiefst hatte erniedrigen lassen. Erleichtert stellte sie fest, dass er wenigstens nicht mehr nackt war. Der weiße Bademantel betonte seine gebräunte Haut. Irgendwie wirkte er geradezu teuflisch attraktiv.
Shontelle wagte nicht, sich vorzustellen, was in ihm vorging.
Sein Haar war zerzaust, einige gelockte Strähnen fielen ihm ins Gesicht, und in seinen dunklen Augen leuchtete es nicht mehr so entschlossen auf wie zuvor. Statt dessen blickte er Shontelle unter den dichten Wimpern hervor ironisch an, so als verspottete er nicht nur sie, sondern auch sich selbst und sogar das ganze Leben.
"Ich nehme an, dass du nicht zu mir ins Bett kommen willst", sagte er schließlich.
"Du hast deinen Spaß gehabt, Luis", fuhr sie ihn an. Sie war immer noch viel zu aufgewühlt, um sich zu beherrschen.
Er zuckte die Schultern. "Es gefällt mir sowieso nicht mehr."
Der verächtliche Klang seiner Stimme tat ihr weh. "Du liebe Zeit", wehrte sie sich hitzig, "mir macht es schon längst keinen Spaß mehr."
Luis wies mit der Hand gleichgültig zur Tür. "Du kannst gehen, wenn du willst."
"O ja! Damit du dich aus dem Deal zurückziehen kannst", warf sie ihm zornig vor.
"Es ist völlig belanglos, ob du hier bleibst oder nicht", erklärte er gelangweilt. "Wenn du Angst hast, allein durch die Straßen zu gehen, ruf doch deinen Bruder an. Er ist bestimmt bereit, dich abzuholen."
"Nein!" erwiderte sie heftig. Sie hasste ihn so sehr, wie sie ihn einmal geliebt hatte. "Ich bleibe bis zum Ende der Sperrstunde hier, wie wir vereinbart haben. Ich werde dir jedenfalls keinen Grund geben, dein Versprechen nicht einzuhalten, obwohl du mich wie ein Flittchen benutzt hast."
Sie würde darauf bestehen, den verdammten Bus zu
bekommen. Für den Spaß, den er gehabt hatte, sollte Luis bezahlen.
"Ich habe dir mein Wort gegeben. Und ich halte meine Versprechen", antwortete er kühl und mit stolzer Miene.
"Das werden wir ja sehen." Sie blickte ihn so verächtlich an, als könnte man ihm nicht vertrauen. "Da du meine Gesellschaft genauso wenig ertragen kannst wie ich deine, schlage ich vor, du legst dich ins Bett, während ich es mir hier bequem mache."
"Danke", spottete er. "Schlaf gut in dem unbequemen Sessel."
Langsam drehte er sich um und ließ Shontelle allein. Sie fühlte sich ziemlich elend. Offenbar glaubte er, es wäre reine Zeitverschwendung, sich mit ihr auseinander zu setzen. Am liebsten wäre" sie hinter ihm hergelaufen und hätte ihm an den Kopf geworfen, was sie von ihm hielt und wie sehr sie ihn verachtete. Aber was hätte sie davon? Es war ihm sowieso egal, Und das ist der springende Punkt - ich bin Luis völlig egal, sagte sie sich.
Selbst wenn sie die ganze Nacht in seiner Suite verbringen würde, gab es keine Garantie, dass er sein Versprechen hielt.
Aber dann hatte sie wenigstens seine Bedingungen erfüllt, und
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