Schenk mir nur eine Nacht
sich öffentlich erniedrigte. Sie hoffte inständig, es würde ihm genügen, dass er seine Integrität bewiesen hatte.
Luis atmete tief ein. Dann ertönte wieder seine tiefe, wohlklingende Stimme. "Ich bin stolz darauf, Ihnen Miss Shontelle Wright vorstellen zu können, eine Frau mit Herz, Verstand und Mut."
Shontelle hätte sich am liebsten versteckt, als sie plötzlich im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand. Was bezweckte Luis damit?
"Mit ihrem Bruder Alan verbindet mich eine langjährige Freundschaft", fuhr er fort. "Er hat eine Zeit lang mit mir zusammen in einer unserer Minen in Brasilien gearbeitet. Jetzt ist er ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er hat ein Reiseunternehmen und bietet Touren durch Südamerika an, die er selbst organisiert. Diese Reisen beginnen und enden in Buenos Aires." Mit einer Handbewegung forderte er die Leute auf zu applaudieren, ehe er hinzufügte: "Die Touristen, mit denen er unser Land bereist, bringen Devisen, Umsätze und helfen mit, unseren Lebensstandard zu erhöhen."
Alle klatschten Beifall, und Shontelle entspannte sich etwas.
"Gestern Abend hat Shontelle die Ausgangssperre in La Paz missachtet, um für Alans Reisegruppe einen Bus zu beschaffen, weil einige der Urlauber die Höhenluft nicht vertragen haben und krank wurden."
Beifälliges Gemurmel erhob sich. Doch Shontelle war alarmiert. Wie viele Einzelheiten würde Luis preisgeben? Sie warf ihm einen warnenden Blick zu. Hoffentlich verstand er, was sie damit ausdrücken wollte.
Er erwiderte ihren Blick so liebevoll, als wollte er ihr versichern, sie könne ganz unbesorgt sein.
"Heute", redete er dann weiter, und Shontelle war erleichtert, dass ihre Ängste unbegründet waren, "hat diese erstaunlich einfallsreiche junge Dame mich vor einem Panzer gerettet, der durch die Straßen fuhr. Mit ihrem herrlichen blonden Haar hat sie die Soldaten abgelenkt, die das Geschützrohr auf mich richteten."
Seine bewundernden Kommentare lösten Belustigung unter den Gästen aus. Einige lachten sogar, als sie sich die Szene vorstellten, die er ihnen anschaulich schilderte.
Lächelnd fuhr er fort: "Später habe ich mich bei ihr revanchiert, indem ich mit dem Bus in hohem Tempo einen tiefen und breiten Graben überwunden habe, den die Landarbeiter als Straßensperre ausgehoben hatten. Wir sind dann ziemlich heftig gelandet, aber wir haben überlebt."
Alle lachten. Dann wurde lebhaft applaudiert, weil es ihnen gelungen war, aus La Paz herauszukommen. Shontelle freute sich über die Art, wie er das, was eher wie ein Alptraum gewesen war, so humorvoll erzählte, dass andere ihren Spaß daran hatten. Damit erklärte er auch indirekt, warum er mit ihr zusammen war, und es klang irgendwie plausibel, dass sie ihn begleitete.
Der Beifall verklang, die Leute wollten noch mehr erfahren.
Seine Miene wurde ernst.
"Ich bin glücklich, Ihnen verraten zu können, dass es auf der langen Fahrt heute nicht nur ums Überleben ging, sondern um viel mehr."
Er machte eine Pause, so dass die Spannung wuchs.
"Vor zwei Jahren hat Shontelle sich entschieden, mich zu verlassen. Ich war damit nicht einverstanden, weil ich ganz andere Pläne für unsere Zukunft hatte. Aber sie hatte gute Gründe."
O nein, das konnte er doch nicht tun! Er konnte nicht seine Mutter und Christina öffentlich bloßstellen. Shontelle verspannte sich.
"Als wir heute in Lebensgefahr schwebten, hat sich für uns alles geändert. Die Gründe von damals waren nicht mehr wichtig", erklärte er.
Wieso sagt er so etwas? dachte Shontelle entsetzt. Was hatte er vor? Vor lauter Aufregung drückte sie Luis die Fingernägel in die Hand. Sogleich verschränkte er seine Finger mit ihren, wie um sie zu beruhigen, während sie immer nervöser wurde.
Schließlich drehte er sich zu ihr um und sah sie an. Sie spürte, dass er um sie kämpfte. Er schien sich nicht sicher zu sein, ob es richtig war, was er tat, aber er war entschlossen, seinen Weg zu gehen und nicht aufzugeben. Plötzlich fiel ihr wieder ein, was er an diesem Morgen gesagt hatte. Er würde ihretwegen sein Leben riskieren, hatte er behauptet. Nein, tu es nicht! hätte sie ihm am liebsten zugerufen, doch die Kehle war ihr wie zugeschnürt, sie brachte kein Wort heraus.
Und dann redete er auch schon weiter.
"Alle sollen es wissen. Sie ist die Frau, die ich liebe und immer lieben werde."
Die Worte klangen in ihr nach und stürzten sie in ein wahres Gefühlschaos. Meinte er es wirklich ernst? Shontelle wusste es nicht. Ihr
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