Schenk mir nur eine Nacht
traten Tränen in die Augen, und sie sah ihn nur noch verschwommen neben sich.
"Shontelle ... bist du bereit, mich zu heiraten? Es wäre mir eine große Ehre." Seine Stimme hörte sich rau an.
Auf einmal glaubte sie, seine Beweggründe zu verstehen. Er bot ihr Wiedergutmachung an für das, was letzte Nacht passiert war. Vielleicht sollte seine Liebeserklärung vor den Gästen nur dazu dienen, ihr Genugtuung zu verschaffen.
Er wollte beweisen, dass sie für ihn kein ausländisches Flittchen war. Er hatte sie als seine Partnerin in die High Society eingeführt. Jetzt bot er ihr vor allen Anwesenden seinen Namen an und war bereit zu riskieren, dass sie seinen Heiratsantrag öffentlich ablehnte. Außerdem war er bereit, seinen Stolz zu opfern, um wieder gutzumachen, was er und seine Mutter ihr angetan hatten.
War es nicht der Beweis seiner starken, tiefen Liebe, dass er so viel wagte? Würde er sich so sehr für sie einsetzen, wenn er nichts für sie empfand?
Panik breitete sich in ihr aus. Luis wartete auf ihre Antwort, und alle sahen sie gespannt an. Es war keine leichte Entscheidung. Doch dann wurde ihr klar, dass sie ihn niemals vor all diesen Leuten demütigen könnte. In Wirklichkeit konnte sie sich gar nicht frei entscheiden, es gab nur eine Antwort.
"Ich ..." Sie unterbrach sich, ihr Mund war viel zu trocken.
Mit Tränen in den Augen nickte sie Luis zu, damit er wusste, dass sie einverstanden war, egal, weshalb er ihr den Heiratsantrag gemacht hatte. "Ja, ich will", stieß sie schließlich hervor, als sie wieder sprechen konnte. Und weil sie das Gefühl hatte, noch nicht genug gesagt zu haben, bekräftigte sie: "Ich will dich heiraten, Luis."
Alle konnten die Worte hören, die sie ins Mikrofon sprach.
Sie schienen durch den ganzen Saal getragen zu werden und wie ein Echo zu ihr zurückzukommen, bis jemand anfing zu klatschen. Der Beifall kam von der Seite, wo Patricio und Elvira standen, aber es war unmöglich, zu unterscheiden, wer zuerst applaudiert hatte. Und dann brach im ganzen Saal stürmischer Applaus los, der nicht enden wollte und wie gewaltiges Donnern und Tosen klang.
Luis ließ Shontelles Hand los und legte ihr den Arm um die Schultern. Dann drückte er sie fest an sich, während sie sich darauf konzentrierte, die Tränen wegzublinzeln und ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Es war unglaublich, man akzeptierte sie als Luis' zukünftige Frau. Sie musste sich unbedingt zusammennehmen, damit er stolz auf sie sein konnte.
"Danke, herzlichen Dank." Luis' Stimme klang rau, er konnte seine Emotionen kaum verbergen. Offenbar war er sehr erleichtert, dass sein Heiratsantrag, den er Shontelle öffentlich gemacht hatte, so viel Begeisterung auslöste.
Auch Shontelle war erstaunt über die uneingeschränkte Zustimmung, die sie als seine Verlobte fand. War er in Buenos Aires eine bekannte und beliebte Persönlichkeit? Oder hatte er mit seiner lebendigen Schilderung einer verlorenen und unter dramatischen Umständen wieder gefundenen Liebe Mitgefühl erweckt?
Es klang wie eine Romanze oder ein Märchen. Plötzlich fühlte Shontelle sich wieder ganz leicht und beschwingt.
Tausend Gedanken wirbelten in ihrem Kopf umher, und sie bekam weiche Knie. Gut, dass Luis mich fest im Arm hält, dachte sie und glaubte zu träumen.
"In der Hoffnung", begann er wieder, nachdem der Applaus verebbt war, "in der ganz verzweifelten Hoffnung ... dass Shontelle bereit wäre, meine Frau zu werden ..."
Seine Stimme klang so liebevoll, herzlich und warm, dass Shontelle das Herz überfloss vor Rührung. Wenn er wirklich meinte, was er sagte ... Aber weshalb hatte er ihr dann versprochen, sie pünktlich zum Flughafen zu bringen? Wie passte das alles zusammen?
"In den Pausen unterwegs", fuhr er schließlich fort, "habe ich in Santa Cruz herumtelefoniert. Wie Sie wissen, gibt es in Bolivien die prächtigsten Smaragde der Welt und viele bekannte Juweliere. Ich wollte Shontelle heute Nacht unbedingt einen Ring mit einem Stein schenken, der zu ihrer Augenfarbe passt."
Er hatte das alles schon vor vielen Stunden geplant! Etwa schon in dem Moment, als ich eingewilligt habe, ihn zu begleiten? fragte sie sich. Dabei hatte er sich die ganze Zeit so verhalten, als wäre es ein reines Zweckbündnis, das sie für diese eine Gelegenheit eingingen.
"Deshalb habe ich mir eine Auswahl zum Flughafen bringen lassen ..."
Der Diplomatenkoffer, schoss es ihr durch den Kopf.
"Und während Shontelle im Flieger schlief, habe ich den Ring
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