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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Freundlichkeit war wie ein Fechtkampf mit dem Meer. Ihre Schläge wurden weich und verloren alle Willenskraft. Sie zuckte vor seinem Lächeln zurück, und er machte ein langes Gesicht, dann wurde er wieder verschlossen und ernst.

 
Kapitel 3
     
    Nach dem Frühstück stapften sie einige Zeit in Schweigen dahin. Vorkosigan brach es als erster. Sein Fieber schien an seiner ursprünglichen Schweigsamkeit zu nagen. »Unterhalten Sie sich mit mir. Das wird meine Gedanken von meinem Bein ablenken.«
    »Worüber?«
    »Über irgend etwas.«
    Sie überlegte. »Unterscheidet sich Ihrer Meinung nach das Kommando über ein Kriegsschiff sehr vom Kommando über gewöhnliche Schiffe?«
    Er dachte darüber nach. »Es ist nicht das Schiff, das anders ist. Es sind die Männer. Führerschaft ist meistens Macht über die Gedanken, und das nirgendwo mehr als im Kampf. Auf sich allein gestellt ist der tapferste Mann vielleicht nicht mehr als ein bewaffneter Irrer. Die wirkliche Kraft liegt in der Fähigkeit, andere zu veranlassen, Ihre Arbeit zu erledigen. Finden Sie das nicht auch sogar in den Flotten von Kolonie Beta?«
    Cordelia lächelte. »Wenn überhaupt, dann noch mehr. Wenn es je dazu käme, dass ich meine Macht mit Gewalt durchsetzen müsste, dann würde das bedeuten, dass ich sie schon verloren hätte. Ich ziehe es vor, mit leichter Hand zu leiten. Dann bin ich im Vorteil, denn ich finde, ich kann immer meine Ruhe oder was sonst gerade noch ein bisschen länger bewahren als der erste beste Mann.« Sie blickte sich in der frühlingshaften Wüste um. »Ich glaube, die Zivilisation wurde zum Vorteil der Frauen erfunden, sicherlich zum Vorteil der Mütter. Ich kann mir nicht vorstellen, wie meine Urahninnen bei den Höhlenmenschen unter primitiven Bedingungen für ihre Familien gesorgt haben.«
    »Ich nehme an, sie haben in Gruppen zusammengearbeitet«, sagte Vorkosigan. »Ich würde wetten, Sie hätten es geschafft, wenn Sie damals geboren worden wären. Sie haben die Fähigkeiten, die man von einer Mutter von Kriegern erwartet.«
    Cordelia überlegte, ob Vorkosigan sie auf den Arm nehmen wollte. Er schien eine Ader trockenen Humors zu besitzen. »Bewahren Sie mich davor! Achtzehn oder zwanzig Jahre des eigenen Lebens in Söhne investieren und sie sich dann von der Regierung wegnehmen und sie vergeuden lassen bei den Aufräumarbeiten nach einem Fehlschlag der Politik – nein danke.«
    »So habe ich es wirklich noch nie betrachtet«, gab Vorkosigan zu. Er war eine Zeitlang still und stapfte mit seinem Stock dahin. »Nehmen wir mal an, die Söhne melden sich freiwillig? Haben Ihre Leute kein Ideal des Dienstes?«
    »Noblesse oblige?« Aber jetzt war sie an der Reihe mit einem leicht verlegenen Schweigen. »Ich nehme an, wenn sie sich freiwillig meldeten, dann wäre es anders. Jedoch habe ich keine Kinder und werde deshalb glücklicherweise mit diesen Entscheidungen nicht konfrontiert werden.«
    »Sind Sie froh darüber oder tut es Ihnen leid?«
    »Bezüglich der Kinder?«
    Sie blickte auf sein Gesicht. Er schien sich nicht bewusst zu sein, dass er genau auf einen wunden Punkt gestoßen war. »Ich habe einfach keine bekommen, nehme ich an.«
    Der Faden ihres Gesprächs riss ab, als sie eine Strecke durch felsiges Ödland zurücklegten, das voll war mit Spalten, die sich vor ihren Füßen auftaten. Allerhand schwierige Kletterei war notwendig, und es erforderte Cordelias ganze Aufmerksamkeit, Dubauer sicher hindurchzubringen. Auf der gegenüberliegenden Seite machten sie in einem unausgesprochenen gegenseitigen Einverständnis eine Pause und saßen erschöpft an einen Felsen gelehnt. Vorkosigan rollte sein Hosenbein hoch und lockerte die Stulpe seines Stiefels, um nach der eitrig geschwollenen Wunde zu schauen, die ihn empfindlich langsamer zu machen drohte.
    »Sie scheinen eine gute Krankenschwester zu sein. Meinen Sie, es würde helfen, die Wunde zu öffnen und zu drainieren?«, fragte er Cordelia.
    »Ich weiß es nicht. Ich fürchte, wenn man daran herumfummelt, wird sie nur noch schmutziger.« Aus seiner Frage schloss sie, dass die Verletzung ihm jetzt viel mehr zu schaffen machte, und ihr Verdacht wurde bestätigt, als er eine halbe Schmerztablette aus seinem kostbaren und beschränkten Vorrat nahm.
    Sie marschierten weiter, und Vorkosigan begann wieder zu reden. Er erzählte einige sarkastische Anekdoten aus seiner Kadettenzeit und beschrieb seinen Vater, der seinerzeit ein General von Bodentruppen gewesen war, ein Zeitgenosse

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