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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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als das Schweigen.«
    »Ja …« Wie seltsam, dass er genau wissen sollte, was ich gefühlt habe – er drückt es allerdings besser aus … »Ich nehme an, mein Entschluss, Soldat zu werden, ist damals entstanden. Ich meine damit das Wesentliche, nicht die Paraden und die Uniformen und den Glanz, sondern die Logistik, den Vorteil beim Angriff, die Geschwindigkeit und die Überraschung – die Macht. Ein besser vorbereiteter, stärkerer, härterer, schnellerer und gemeinerer Mistkerl zu sein als jeder, der damals durch diese Tür gekommen war. Meine erste Kampferfahrung. Nicht sehr erfolgreich.«
    Jetzt zitterte er. Aber sie zitterte auch. Sie gingen weiter, und sie versuchte das Thema zu wechseln.
    »Ich bin nie in einem Kampf gewesen. Wie ist das?«
    Er hielt nachdenklich inne. Er schätzt mich wieder ab, dachte Cordelia. Und er schwitzt: das Fieber muss, für den Augenblick zumindest, seinen Höhepunkt hinter sich haben, dem Himmel sei Dank.
    »Aus der Entfernung, im Weltall, gibt es die Illusion eines sauberen und glorreichen Kampfes. Fast abstrakt. Er könnte eine Simulation sein oder ein Spiel. Die Realität dringt nicht herein, solange das eigene Schiff nicht getroffen wird.« Er blickte vor sich auf den Boden, als müsste er seinen Pfad suchen, aber der Boden war hier sehr eben. »Mord – Mord ist anders.
    Jener Tag in Komarr, als ich meinen Politischen Offizier umbrachte – ich war an diesem Tag zorniger als an dem Tag, wo ich … – als das andere Mal. Aber wenn man nahe daran ist, wenn man spürt, wie das Leben unter den eigenen Händen entweicht, wenn man diese ausdruckslose leere Leiche sieht, dann sieht man im Gesicht seines Opfers seinen eigenen Tod. Aber der Mann hatte meine Ehre verraten.«
    »Ich bin mir nicht sicher, dass ich das ganz verstehe.«
    »Zorn scheint Sie stärker zu machen, nicht schwächer, wie mich. Ich wünschte, ich wüsste, wie Sie das machen.« Das war ein weiteres seiner seltsamen, schwer einzuordnenden Komplimente. Sie verfiel in Schweigen, blickte auf ihre Füße, auf den Berg vor ihnen, zum Himmel hinauf, überall hin, nur nicht in sein verschlossenes Gesicht. Und so bemerkte sie als erste den Kondensstreifen, der in der sich westwärts neigenden Sonne leuchtete.
    »He, sieht das dort oben nicht wie ein Shuttle aus?«
    »Wirklich, das ist eins. Verstecken wir uns schnell hinter dem großen Busch dort drüben«, drängte Vorkosigan sie, »von dort aus können wir es beobachten.«
    »Wollen Sie nicht versuchen, es auf uns aufmerksam zu machen?«
    »Nein.« Als Reaktion auf ihren fragenden Blick drehte er seine Handfläche nach oben. »Meine besten Freunde und meine tödlichsten Feinde tragen alle die gleiche Uniform. Ich möchte auf Nummer sicher gehen, wem ich meine Anwesenheit verrate.«
    Sie konnten jetzt das ferne Dröhnen der Motoren des Shuttles hören, als es hinter dem grau-grün bewaldeten Berg im Westen verschwand.
    »Sie scheinen zu dem Nachschublager unterwegs zu sein«, merkte Vorkosigan an. »Das macht die Dinge kompliziert.« Er presste die Lippen zusammen. »Was tun sie dort hinten, frage ich mich. Hat Gottyan möglicherweise die versiegelten Befehle gefunden?«
    »Er hat doch sicherlich alle Ihre Befehle geerbt?«
    »Ja, aber ich hatte meine Unterlagen nicht an den üblichen Platz getan, da ich nicht wollte, dass der Ministerrat in alle meine Angelegenheiten Einsicht bekommt. Ich glaube nicht, dass Korabik Gottyan das finden kann, was Radnov entgeht. Radnov ist nämlich ein raffinierter Spion.«
    »Ist Radnov ein großer, breitschultriger Mann mit einem Gesicht wie eine Axtklinge?«
    »Nein, das klingt eher nach Sergeant Bothari. Wo haben Sie ihn gesehen?«
    »Er war der Mann, der im Wald an der Schlucht Dubauer niederschoss.«
    »Oh, wirklich?« Vorkosigans Augen leuchteten auf, und er grinste wölfisch. »Jetzt wird vieles klar.«
    »Nicht für mich«, versetzte Cordelia.
    »Sergeant Bothari ist ein sehr seltsamer Mensch. Ich musste ihn letzten Monat ziemlich streng bestrafen.«
    »Streng genug, um ihn zu einem Kandidaten für Radnovs Verschwörung zu machen?«
    »Ich wette, dass Radnov das dachte. Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen Bothari verständlich machen kann. Niemand anderer scheint ihn zu verstehen. Er ist ein ausgezeichneter Soldat im Bodenkampf. Und er hasst mich wie die Pest, wie ihr Betaner das ausdrücken würdet. Es macht ihm Spaß, mich wie die Pest zu hassen. Es scheint irgendwie für sein Ego notwendig zu sein.«
    »Würde er Sie in den

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