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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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weiterzubringen, aber auf beunruhigende Weise führte er gemurmelte Selbstgespräche. Cordelia hatte eine hässliche Angstvorstellung von Kollaps und Fieberdelirium und keinerlei Vertrauen in ihre eigene Fähigkeit, seine Rolle zu übernehmen und loyale Mitglieder seiner Mannschaft herauszufinden und zu kontaktieren.
    Es war offensichtlich, dass ein Fehler in der Beurteilung fatal wäre, und während sie nicht behaupten konnte, dass alle Barrayaraner für sie gleich aussahen, so wurde sie doch wider Willen an das alte Paradoxon erinnert, das mit der Prämisse beginnt: »Alle Kreter sind Lügner.«
    Kurz vor Sonnenuntergang kamen sie nach der Durchquerung eines dichteren Waldstücks plötzlich auf eine Lichtung von erstaunlicher Schönheit. Über schwarze Felsen, die wie Obsidian schimmerten, stürzte in funkelnden Kaskaden ein Wasserfall herab. Im Leuchten der tiefstehenden Sonne wirkte das Gras am Flussbett wie durchscheinendes Gold. Die Bäume ringsum, hoch, dunkelgrün und dämmerig, fassten die Lichtung wie eine Gemme ein.
    Vorkosigan lehnte sich auf seinen Stock und blickte eine Weile auf das Bild. Cordelia war, als hätte sie noch nie einen müder aussehenden Menschen gesehen als ihn, aber schließlich hatte sie keinen Spiegel zur Hand.
    »Wir haben noch etwa fünfzehn Kilometer zu gehen«, sagte er. »Ich möchte mich dem Versteck nicht im Dunkeln nähern. Wir werden hier haltmachen für die Nacht, uns ausruhen und es dann am Morgen in Angriff nehmen.«
    Sie plumpsten in das weiche Gras und beobachteten schweigend den großartigen, farbenprächtigen Sonnenuntergang, wie ein altes Ehepaar, das zu müde war, aufzustehen und ihn abzuschalten. Schließlich zwang das nachlassende Licht sie zum Handeln. Sie wuschen Hände und Gesicht in dem Fluss, und Vorkosigan teilte endlich seine barrayaranischen Feldrationen unter sie auf. Aber selbst nach vier Tagen Hafergrütze und Blaukäsedressing war das eine Enttäuschung.
    »Sind Sie sicher, dass dies keine gekochten Stiefel sind?«, fragte Cordelia matt, denn nach Farbe, Geschmack und Geruch hatten die Schnitten beträchtliche Ähnlichkeit mit pulverisiertem Schuhleder, das zu Waffeln gepresst worden war.
    Vorkosigan grinste sardonisch. »Sie sind organisch, nahrhaft und halten sich jahrelang – wahrscheinlich haben sie sich wirklich schon jahrelang gehalten.« Cordelia lächelte, den Mund voll mit dem trockenen und zähen Zeug. Sie fütterte Dubauer eigenhändig mit seiner Portion – er neigte dazu, sie auszuspucken –, dann wusch sie ihn und bettete ihn für die Nacht. Er hatte an diesem Tag keine Anfälle gehabt, und sie hoffte, dass dies ein Zeichen für eine teilweise Verbesserung seines Zustandes war.
    Nach der Hitze des Tages strahlte die Erde immer noch eine angenehme Wärme aus, und der Fluss plätscherte sanft in der Stille. Sie wünschte sich, sie könnte hundert Jahre lang schlafen, wie eine verzauberte Prinzessin. Aber sie stand auf und meldete sich freiwillig für die erste Wache.
    »Ich glaube, Sie sollten lieber heute Nacht extra Schlaf bekommen«, sagte sie zu Vorkosigan. »In zwei von drei Nächten hatte ich die kurze Wache. Jetzt sind Sie an der Reihe.«
    »Es besteht keine Notwendigkeit …«, begann er. »Wenn Sie es morgen nicht schaffen, dann schaffe ich es auch nicht«, erklärte sie offen. »Und er auch nicht.« Sie zeigte mit dem Daumen auf den ruhenden Dubauer. »Ich möchte dafür sorgen, dass Sie es morgen schaffen.«
    Vorkosigan gab nach, nahm eine weitere halbe Schmerzpille und legte sich dort nieder, wo er saß. Trotzdem blieb er ruhelos, der Schlaf floh ihn, und er beobachtete sie in der Dunkelheit. Seine Augen schienen fiebrig zu glänzen. Schließlich stützte er sich auf einem Ellbogen auf, als sie einen Rundgang entlang des Randes der Lichtung beendete und sich mit überkreuzten Beinen auf dem Boden neben ihm niederließ. »Ich …«, begann er und brach dann ab. »Sie sind nicht so, wie ich es von einem weiblichen Offizier erwartet habe.«
    »Oh? Nun ja, Sie sind auch nicht so, wie ich es von einem barrayaranischen Offizier erwartet habe, und damit sind wir quitt.« Sie fügte neugierig hinzu: »Was haben Sie denn erwartet?«
    »Ich bin mir – nicht sicher. Sie sind so professionell wie jeder beliebige Offizier, mit dem ich je gedient habe, ohne dass Sie ein einziges Mal versucht haben, eine Nachahmung eines Mannes zu sein. Das ist außergewöhnlich.«
    »An mir gibt es überhaupt nichts Außergewöhnliches«, wehrte sie

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