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Scherbenhaufen

Scherbenhaufen

Titel: Scherbenhaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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geklappt.«
    »Was?«, stammle ich, in der unbegründeten Hoffnung, ihn missverstanden zu haben. »Hat sich das Rechberger Früchtchen nicht ausquetschen lassen?«
    »Also …«
    »Was ist vorgefallen?«, dränge ich, statt ihn ausreden zu lassen.
    »Leider …«, stammelt Jürg Lüthi.
    Ich werde lauter. »Du hast Eva Rechberger nicht etwa verpasst?«
    »Doch«, räumt er schuldbewusst ein. »Sie ist mir durch die Lappen.«
    »Verdammt! Wie konnte das passieren?«, tobe ich und bereue gleich darauf, laut geworden zu sein. Bei Misserfolgen interessiert halt nur die Ursache, bei Erfolgen hingegen die Wirkung.
    »Tut mir echt leid, Hanspudi. Die Maus ist entwischt. Das Schulhaus verfügt nämlich über mehrere Ausgänge«, rechtfertigt sich mein Assistent. »Wenn wir den Velokeller und das Garagentor des Hauswarts mitrechnen, mindestens acht. Ich habe wie ein stupider Kater vor dem falschen Loch gelauert.«
    Ich überlege laut: »Was jetzt?«
    Anstelle einer Antwort meint Jürg Lüthi: »Augenblick, da kommt eben mein Filius angetanzt.«
    Ich lausche dem Gespräch im Hintergrund.
    »Hallo, Stefan, hast du heute Nachmittag Eva Rechberger in der Schule angetroffen?«
    Der Angesprochene antwortet völlig relaxt: »Nö. Vermutlich chillt sie irgendwo und ist on bei Facebook. Soll ich sie anklicken?«
    »Das wär genial! Ich wusste gar nicht, dass du mit ihr befreundet bist«, wundert sich der ahnungslose Herr Papa.
    Sein Sohnemann bestätigt: »Klaro! So wie weitere 500 Facebookfreunde.«
    Jürg Lüthi meldet sich erneut am Handy: »Hanspudi, wir sähen eine Möglichkeit.«
    »Ja, hab’ sie mitbekommen. Aber sie bringt nichts«, lehne ich ab. »Wir können Eva Rechberger schwerlich online vernehmen.«
    Bevor mein Assistent den Einwand kommentiert hat, mischt sich Stefan Lüthi ein: »Dad, errate, was ich soeben erfahren habe.«
    »Sag schon!«
    »Eva hat den ganzen Tag geschwänzt. Sie war überhaupt nicht im Gymer.«
    »Bist du sicher? Wie hast du das herausgefunden?«, wundert sich Jürg Lüthi.
    Ich presse den Hörer so dicht wie möglich ans Ohr, um ihrer Unterhaltung zu folgen.
    »Hab’s kurz bei einem ihrer Mitschüler gecheckt«, erklärt Stefan Lüthi.
    »Hallo, Jüre. Was ist los?«, dränge ich.
    »Augenblick, Hanspudi«, meint er und zu seinem Sohn: »Ist bekannt, ob sie krank im Bett liegt?«
    »Ja. Tut sie offenbar nicht. Darum macht sich ihr Kollege jetzt Sorgen. Es kommt ihm ›strange‹ vor, dass niemand eine Ahnung hat, wo Eva zurzeit steckt. Es sei ziemlich ungewöhnlich, dass ihr Handy dauernd abgestellt bleibe.«
    »Kein Wunder, dass ich sie nicht erwischt habe«, stellt Jürg Lüthi entschuldigend fest.
    »Sollten wir nicht versuchen, ihre Mutter zu erreichen? Jüre, finde schon mal ihre private Nummer heraus. Ich erkundige mich derweil im Schloss.«
    Noch blättere ich durch das Telefonbuch, als sich mein Assistent bereits zurückmeldet.
    »Hanspudi, halt’ dich fest!«, warnt er.
    Ich lege die Nummernbibel zur Seite, wo sie laut zuklatscht.
    »Eva Rechberger wird seit gestern Abend offiziell vermisst!«

26
    Die Bise ruft den Winter in Erinnerung und lässt das Blut gefrieren. Der kalte Nord-Ostwind negiert die angedeutet Wärme der zaghaften Sonnenstrahlen. Aus den Baugruben des Selve-Areals wirbelt Staub, der von der ziegelroten Rückfassade der Kantonspolizei aufgefangen wird.
    »Wir müssen der Möglichkeit ins Auge blicken, dass es keine Zeit mehr zu verlieren gilt«, verkündet Hauptmann Anton Geissbühler im ersten Stock.
    Seine pessimistische Analyse basiert auf dem Hinweis von Martha Rechberger, die dem Facebook-Profil ihrer Tochter folgende ungute Statusmeldung entnommen hat: ›Wenn wir auferstehen, ist auch ein Tag‹.
    »Was halten Sie von dieser Zeile?«, will der Polizist in seinem Büro von mir wissen.
    »Gefällt mir nicht. Der Wortlaut lässt das Schlimmste befürchten.« Ich zwirble ein Härchen meiner rechten Augenbraue, das sich vergeblich gegen seine Entwurzelung wehrt. Es fällt aus, mir fällt was ein: »Wurde inzwischen versucht, mit ihrem Freund Kontakt aufzunehmen?«
    »Sie meinen Niklaus Weihermann?«
    »Richtig.«
    »Kennen Sie zufälligerweise die Koordinaten der Töpferei?«, erkundigt sich Geissbühler.
    Ich angle in meiner ledernen Umhängetasche nach dem Handy und befrage das digitale Adressverzeichnis. Danach diktiere ich Anton Geissbühler die gewünschte Nummer, die vom Hauptmann unverzüglich angewählt wird.
    »Hier spricht Geissbühler von der

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