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Scherbenmond

Titel: Scherbenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Sorge um unsere Kinder. Dein Bruder hat angerufen und gesagt, dass er Tillmann und dich nach Hause bringt. Ich bin sofort hergekommen, um ihn abzufangen, bevor er weitere Dummheiten macht.«
    »Aber das war nicht das erste Mal, dass Sie hier waren, oder?«
    »Nein. Nein, das war es nicht, ganz richtig. Ich wusste, dass Tillmann und du befreundet seid, jedenfalls habt ihr etwas zusammen erlebt. Deshalb habe ich deine Mutter aufgesucht, nachdem er verschwunden ist. Und sie hat es bestätigt. Aber wie ich weiß sie nicht genau, was ihr erlebt hat. Oder sie will es mir nicht sagen.«
    »Sie will nicht«, erwiderte ich und genoss die Genugtuung, die mich bei diesen Worten durchflutete. »Und ich werde es auch nicht tun.«
    »Elisabeth ...« Herr Schütz benetzte mit der Zungenspitze seine spröden Lippen. Seine Ratlosigkeit tat mir auf einmal leid. »Ich respektiere das, obwohl ich es nicht verstehe.«
    »Sie würden es auch dann nicht verstehen, wenn ich es Ihnen erzählen würde«, unterbrach ich ihn, doch mein Ton war versöhnlicher geworden.
    »In Ordnung. Es ist nur so - meine Exfrau kommt nicht mehr mit ihm zurecht. Sie sagt, er würde Drogen nehmen, und ich mache mir große Sorgen. Ich dachte, vielleicht weißt du, was ihn - beschäftigt. Ich gehe davon aus, dass ihn etwas beschäftigt.«
    »Ich glaube nicht, dass er Drogen nimmt«, entgegnete ich und zweifelte im gleichen Moment daran. Ich kannte Tillmann nicht besonders gut. Vielleicht irrte ich mich auch. Trotzdem witterte ich in all dem Schlamassel eine Chance. »Aber ... er hat Paul wohl ganz ordentlich bei einer seiner Ausstellungen geholfen und ein paar Werbeaufnahmen für ihn gemacht.«
    Herr Schütz hob erstaunt den Kopf und seine Augen leuchteten kurz auf. »Ja, er hat schon früher gerne fotografiert und gefilmt, wenn wir unsere Exkursionen machten. Das kann er gut.« Sein Lächeln verstärkte sich.
    Okay, Elisabeth, du bist auf dem richtigen Weg. Weitermachen, befahl ich mir.
    »Möglicherweise ist die Schule momentan nicht das ... Passende für ihn«, fuhr ich fort und bemühte mich, erwachsen und klug zu klingen. »Ich gehe jedenfalls zurück nach Hamburg nach dem Mündlichen, ich möchte mich dort an der Uni umsehen und ... ich könnte ihn mitnehmen, wenn Sie das erlauben. Dann dürfen Sie von mir aus auch Ihr Glück bei meiner Mutter versuchen.«
    Jetzt lachte Herr Schütz überrascht auf. »Oh, Elisabeth, deine Mutter ...« Er schüttelte den Kopf und strich sich über sein schütteres Haar. Ich wusste, was er sagen wollte. Sie bewegte sich in einer anderen Liga. Wie Grischa bei mir. Unerreichbar. Doch Herr Schütz ahnte nicht, dass ihr verschwundener Mann ein Halbblut war und sie alleine durch diese Tatsache nachts um ihren Schlaf gebracht worden war, Jahr für Jahr, tagein, tagaus. Vielleicht hatte sie ihre Trauer ja so schnell überwunden, dass sie sich nun nach einem geschiedenen Pädagogen mit Haarausfall sehnte, den so gar nichts Magisches umgab.
    »Dein Verdacht ist völlig absurd. Trotzdem, wäre doch nicht das Schlimmste«, meinte Tillmann später, als ich ihm nach einem gekünstelt lockeren Kaffeekränzchen mit Paul, Mama und seinem Vater in meinem Zimmer von meinen Befürchtungen bezüglich meiner Mutter und seinem Vater berichtete, obgleich ich inzwischen auch wusste, dass ich Gespenster gesehen hatte. »Dann wären wir Geschwister.«
    »Ich hab schon einen Bruder«, murrte ich. »Der reicht mir.«
    »Hey, entspann dich. Ich weiß, was du meinst. Das ist scheiße. Ich bin jedes Mal wütend geworden, wenn meine Mum mit einem Neuen ankam. Ich glaub aber nicht, dass deine Mutter was von ihm will.«
    Ich glaubte es ja eigentlich auch nicht. Nichtsdestotrotz mochte ich den Gedanken nicht, dass mein Biolehrer sich mit meiner Mutter über mich und Tillmann unterhielt.
    Draußen hupte es. Es war Herr Schütz, der Tillmann wieder nach Rieddorf bringen wollte.
    »Ich muss, Ellie.« Tillmann stand auf.
    »Einen Moment noch.« Ich erhob mich ebenfalls und zog den Schlüssel aus meiner Jeanstasche. »Ich werde morgen den Safe meines Vaters öffnen. Vielleicht erfahre ich dabei mehr über Papas Machenschaften. Über die Mahre.« Morgen, weil ich heute keine Neuigkeiten mehr ertragen konnte. Von Mahren hatte ich erst einmal genug.
    Doch Tillmanns Interesse war geweckt. Ich konnte also noch eins draufsetzen: »Und: Mein Bruder wird befallen. Ich bin mir absolut sicher, dass er befallen wird.«
    »Scheiße«, antwortete Tillmann salopp, aber sehr

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