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Scherbenparadies

Scherbenparadies

Titel: Scherbenparadies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Maja. Sandra auch. Obwohl? Vermutlich nicht alleine. Sicher machte auch Pat mit.
    »Du hast recht. Die hängen ja sowieso ständig zusammen«, meinte Alina.
    »Aber ich habe keiner von beiden was getan. Warum machen sie das?«
    Alina trank einen Schluck Milchkaffee aus ihrem Thermosbecher. Weiße Kondenswölkchen stiegen aus ihrem Mund auf. »Neid. Du bist die Beste in der Klasse und wirst auf die FOS gehen, während die beiden echt ranklotzen müssen, wenn sie die Prüfungen überhaupt irgendwie bestehen wollen. In einem Jahr sitzen die bei Aldi an der Kasse. Wirst sehen.«
    Das war gut möglich.
    »Sag mal, Sandra, du isst schon wieder nichts. Warst du inzwischen beim Arzt? Jetzt mal ehrlich, dass du überhaupt keinen Hunger hast, das ist doch nicht normal.«
    Sandra wurde rot. Hastig schwindelte sie, sie hätte erst nächste Woche einen Termin bekommen. Immerzu log sie. Sie log ihre einzige Freundin an. Wenn das jemals herauskam… Alina wäre zu Recht stinksauer.
    Marlene schlenderte über den Hof auf sie zu. Ihre Haarmähne war unter einer weiten Strickmütze verborgen, über der Jeans trug sie kniehohe Lederstiefel zu einer nudefarbenen Steppjacke, wie es in diesem Herbst Mode war. Sie sah hübsch aus und ein wenig beneidete Sandra sie um das schöne Outfit.
    »Die Nummer mit der Kotztüte, die war ja echt fies«, sagte sie, als sie bei Sandra und Alina angekommen war. »Wisst ihr, wer das war?«
    Okay. Nicht alle waren gegen sie. Sie stand nicht ganz allein da. Auch Marlene schien zu ihr zu halten. Sandra lächelte sie dankbar an, dann zuckte sie mit den Schultern. »Pat vielleicht. Oder Maja. Aber eigentlich hab ich keine Ahnung.«
    »Und wer ist dieser Zorro?«
    Wieder zog Sandra die Schultern hoch. »Es sieht so aus, als hätte er sich extra für diese Aktion bei Facebook angemeldet. Es ist sein erstes und einziges Posting.«
    »Was ja wohl nahelegt, dass es Maja oder Pat waren«, vermutete Alina. Aber es war nicht mehr als sinnloses Kopfzerbrechen.
    Der Gong erklang. Die Pause war zu Ende.
    Die restlichen Stunden schaltete Sandra alle Probleme, so gut es ging, ab und konzentrierte sich ganz auf den Stoff. Bei Unterrichtsende war sie ziemlich fertig. Sie hatte Kopfschmerzen, fror und fühlte sich irgendwie hundeelend.
    Sie war spät dran und wollte Vanessa abholen. Mit großen Schritten lief sie über den Hof und weiter auf den Gehweg. Dabei wurde ihr warm, während tief in ihr die Angst rumorte, den Mobbingattacken nicht lange standhalten zu können. Wenn das nun bis zum Ende des Schuljahres so weiterging? Allein bei dem Gedanken überrollte sie eine Welle der Hoffnungslosigkeit. Das schaffte sie nicht! Es kostete sie jetzt schon alle Kraft, so zu tun, als machten diese Angriffe sie nicht fertig. Langsam wurde ihr alles zu viel.
    Sie hörte Schritte hinter sich, die rasch näher kamen. Joswig holte sie ein. Wohnte er in der Nähe?
    »Hallo Sandra. Dein Referat neulich, das war 12. Klasse Gymnasium, Leistungskurs. Mindestens. Das Pferdeskelett von Jeverssand mit den Nazgul zu vergleichen… Genial.«
    »Danke.« Sandra ahnte schon, was jetzt folgen würde.
    »Und sonst? Geht es dir gut?«
    »Ja, klar.« Sie steckte die Hände in die Jackentasche und legte einen Zahn zu.
    »Sag mal, diese Bemerkung von Maja, neulich nach dem Referat… läuft da irgendwas gegen dich?«
    Mist. Er hatte das also nicht vergessen. Dieses Foto! Es war so entsetzlich demütigend. Auch wenn sie das gar nicht war. In den Köpfen der anderen war sie es. »Nee. Da läuft nichts. Was sollte denn schon sein?«
    Eine Weile ging er schweigend neben ihr her. Schneematsch spritzte unter ihren Sohlen hervor. »Warum glaube ich dir das nicht?«
    Sie antwortete nicht. Warum konnte er keine Ruhe geben? Und weshalb war er so nett und so besorgt? Plötzlich wusste sie, dass sie ihm alles erzählen könnte. Er würde zuhören und ihre Probleme verstehen. Ihr Herz machte einen Satz. Aber was konnte er schon tun? Er würde Lauras Versagen amtlich machen und dann würde genau das passieren, was nicht passieren durfte. Der Teufelskreis an Gedanken fing wieder an, sich zu drehen. Vanessa und sie würden getrennt werden und Laura als Rabenmutter geoutet. Sie würden alle am Pranger stehen und die Lästermäuler in ihrer Klasse würden sich bepissen vor Schadenfreude. Es ging nicht! Sosehr auch irgendetwas in ihr sich in diesem Moment danach sehnte, sich ihm anzuvertrauen. Nils Joswig. Ihrem Lehrer.
    Rasch schritt sie aus. Er sollte sie einfach in Ruhe

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