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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gibt uns – wir folgen ihm! Das ist klar, verpflichtet zu keinerlei eigener Initiative, zu keiner Übernahme der Verantwortung. Und verdienen tun wir blendend!«
    »Du bist ein erbärmliches Gesinnungsschwein!« Gerholdt sagte es mit aller Verachtung. Petermann zuckte auf.
    »Erlaube mal! Wir sind SA-Kameraden – – –«
    »Scheiße sind wir! Berger hat mich in die Partei hineingeboxt, weil er seinen Betrieb als hundert Prozent nationalsozialistisch melden wollte. Für die goldene Plakette, die er sich auf den Lokus hängen kann! Damals habe ich auch geglaubt, daß dies der richtige Weg sei. Eine Parteinummer, und dann Aufträge.«
    »Na also –«
    »Aber Aufträge in persönlicher Freiheit! Nicht Aufträge, mit denen man einem den Hals umdrehen kann! Nicht einen Betrieb, wo bloß ein Ortsgruppenleiter zu erscheinen braucht, um zu bestimmen, was gemacht wird! Ich will meine persönliche Freiheit behalten, vielleicht, weil ich weiß, was es bedeutet, unfrei zu sein!«
    Petermann kniff die Augen zusammen. Er erkannte, daß Gerholdt nicht bloß Worte dahersagte, sondern daß dies seine feste Meinung war, aus der alles Bisherige resultierte. Er erhob sich. Seine Haltung war starr, drohend.
    »Berger sagt mir, du hast die Maschinen zurückgeschickt?«
    »Ja.«
    »Die Baracke ist abgerissen und zurückgegeben?«
    »Und meine Arbeiter habe ich entlassen – damit du nicht weiter zu fragen brauchst.«
    »Und wovon lebst du?«
    »Von Essen und Trinken.«
    Petermann ballte die Fäuste. »Deine dusseligen Reden habe ich jetzt satt! Was steckt dahinter? Hast du jüdisches Vermögen billig aufgekauft? Hast du ein jüdisches Geschäft übernommen? Bekommst du Gelder aus dem Ausland?!«
    »Ich würde mal in der Frageecke des Stadt-Anzeigers danach fragen.«
    Petermann hob die Fäuste. Aber er kam nicht dazu, zuzuschlagen. Schneller als er, wendiger, katzenhaft schnellte Gerholdt vor und hieb Petermann unter das vorgestreckte Kinn. Es war ein kalter, trockener Schlag. Es klang wie das Durchbrechen eines Holzscheites. Petermann machte einen Satz nach hinten und sank auf dem Teppich zusammen. Seine Augen wurden glasig.
    »Mit dieser Faust habe ich in Hamburg stundenlang Zweizentnersäcke geschleppt«, sagte Gerholdt ruhig. »Ich habe Zentnerkörbe damit hochgehoben! Und damals war ich hungrig, arm, am Ende. Und nun mach, daß du 'rauskommst, oder ich schlage dich mit diesen Arbeiterfäusten unkenntlich!«
    Taumelnd verließ Petermann die Wohnung. Blut rann aus seinem Mund. Er schmeckte den süßlichen Geschmack, und eine plötzliche Angst vor Gerholdt überkam ihn. Er jagte die Treppen hinab und lief zu seinem Auto, das am Bordstein parkte. Erst hinter dem Steuer wurde er ruhig und klar.
    »Dich mache ich fertig«, sagte er voll wilden Hasses. »Du Kommunistenlümmel! Freiheit der Person – ins nächste Zuchthaus bringe ich dich!«
    Eine halbe Stunde später betrat Herr Berger die Wohnung Gerholdts. Er kam sehr distinguiert herein, in einem gut sitzenden dunkelblauen Winteranzug, auf dem das runde, rote Parteiabzeichen besonders klar funkelte. Er machte sogar eine kleine Verbeugung vor Gerholdt, der verblüfft über den plötzlichen Publikumsverkehr in seiner Wohnung sogar Herrn Berger die Hand bot.
    »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte er höflich. Er wies auf einen der Sessel und rückte dabei mit dem Fuß den Teppich gerade, den der hinfallende Petermann etwas verschoben hatte.
    Herr Berger begann die Unterhaltung geschickter als Petermann. Er rückte seitlich vor und versuchte, die Flanke des Gegners aufzureißen. Er setzte sich, freundlich lächelnd, ganz auf Versöhnung präpariert. Wohlwollend betrachtete er Gerholdt, der abwartend, gespannt und sich der Gefährlichkeit Bergers bewußt an einem kleinen Schränkchen lehnte. »Ihnen geht es gut?« stellte Berger fest.
    »Ich kann nicht klagen.«
    »Das freut mich. Das freut mich sehr für Sie. Sie sind ein fleißiger Mensch. Dem Fleißigen, dem Arbeitenden gehört die Zukunft.«
    »Hm«, sagte Gerholdt, als Berger erwartungsvoll schwieg.
    »Ich habe mir alles reiflich überlegt, mein Lieber. Vor allem Ihre philosophische Fangfrage, damals am Telefon. Seien wir ehrlich – ob der Schmied von rechts oder von links schlägt, das ist doch egal! Hauptsache: Er schlägt. Er schmiedet das Schwert der Nation! Jung Siegfried, das ist es, was wir heute brauchen! Wir verstehen uns, Herr Gerholdt?«
    »Nicht ganz.« Gerholdt war auf der Hut. Er witterte eine Falle. »Ich habe Sie

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