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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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überstehen?«
    Gütige Augen blickten ihn an. »Wir hoffen es, aber es liegt nicht allein in unserer Hand.«
    Stumm nickte Albert Kleiber und sank wieder auf den Stuhl zurück. Er hielt die Hand wie im Gebet verschlungen.
    Schwester Angelika warf einen letzten, forschenden Blick auf die Kranke. Dann ging sie leise zur Tür. Bevor sie das Zimmer verließ, breitete sie noch fürsorglich eine Decke über die beiden Kinder, die aneinandergeschmiegt auf der kleinen Couch lagen. Sie schliefen mit hochroten Wangen.
    »Dürfen wir bleiben?« fragte eine brüchige Stimme voll banger Erwartung.
    »Von mir aus – ja. Aber verhalten Sie sich ganz ruhig. Ich weiß nicht, was passiert, wenn Sie der Oberarzt hier entdeckt.«
    Vergnügt vor sich hin pfeifend schlenderte Dr. Rademacher den Flur entlang. Unschlüssig verharrte er einen Augenblick vor der ›Nachtigallen-Kemenate‹, wie er das Zimmer seiner Kollegin insgeheim nannte.
    Schließlich klopfte er – leise, bescheiden.
    Er hörte Schritte, das Radio spielte, aber niemand öffnete ihm. Schade, dachte er, ich hätte gern noch ein wenig mit ihr geplaudert. Na, dann eben nicht, verehrter Eiszapfen! Hocherhobenen Hauptes schritt Aribert Rademacher auf sein Zimmer zu.
    Da wurde plötzlich die Tür aufgerissen.
    »Hallo, ist hier jemand?«
    »Nein! Hier war jemand.«
    Ilse Kurz trat auf den Gang hinaus. Verdutzt schaute sie ihren Kollegen an. Sie hatte insgeheim gehofft, Bruckner wäre noch einmal zurückgekommen.
    »Ach, Sie sind's, Herr Rademacher.« Es klang nicht gerade begeistert. »Hatten Sie geklopft?«
    »Allerdings, teure Kollegin, ich war so frei. Haben Sie jemand anders erwartet?«
    Sie errötete bis unter die Haarwurzeln und senkte wie ein ertappter Sünder den Blick. »Nein!« gestand sie ohne Überzeugungskraft.
    »Na, dann könnten wir unsere Einsamkeit doch für eine Zigarettenlänge aufgeben. Meinen Sie nicht auch? Ein ausgepumpter Anästhesist bittet außerdem untertänigst um eine Tasse Kaffee.«
    Ilse Kurz mußte lachen. Diesem großen blonden Jungen konnte man einfach nicht böse sein. Immer war er guter Laune, immer hatte er einen Scherz parat und – vor allem – immer war er da, wenn man ihn brauchte.
    »Kommen Sie schon herein, Sie Wegelagerer«, forderte sie ihn auf und gab den Eingang ihres Zimmers frei. »Ich kümmere mich gleich um den Kaffee. Machen Sie es sich inzwischen bequem. Zigaretten liegen auf dem Couchtisch.« Damit verschwand sie in der Kochnische.
    Später saßen sie in dem nett eingerichteten Wohnzimmer gemütlich zusammen. Die junge Ärztin hatte es verstanden, dem nüchternen Raum mit liebevoller Hand und sicherem Stilgefühl eine persönliche Note zu geben. Verspielte Kleinigkeiten, ein paar Blumen, eine farbenprächtige Bucharabrücke, ein venezianischer Spiegel, eine aparte Wandbeleuchtung – und schon war die Klinikatmosphäre wie weggezaubert.
    Dr. Rademacher empfand diese Behaglichkeit immer wieder besonders wohltuend. Der kleine zerzauste ›Igel‹ – er bedachte sein Gegenüber mit einem schelmischen Lächeln – war schon eine famose Person! Eigentlich sonderbar, daß sie es so meisterhaft verstand, eine kultivierte Umgebung zu schaffen und auf ihr Äußeres gar keinen Wert zu legen …
    »Warum starren Sie mich an wie ein Schlangenbeschwörer? Ich bin ein schlechtes Medium, Kollege Rademacher.«
    Er strich sich mit einer fahrigen Bewegung übers Haar. Da war er doch tatsächlich ins Träumen geraten, und sie hatte es ihm ganz schön gegeben!
    »Mein Kompliment, Fräulein Kurz! Sie haben es beinahe erraten. Ich war sozusagen – in Studien vertieft, in … psychologische Studien ganz besonderer Art … Ja, das Studium der Frauen ist schwer«, summte er vergnügt vor sich hin.
    »Sind Sie vielleicht beschwipst?«
    »Kein Stück! Ich habe bis eben im Schweiße meines Angesichts mein karges Assistentenbrot verdient.«
    Dr. Kurz wußte nicht, was sie von dem eigenartigen Gebaren ihres Kollegen halten sollte. So kannte sie Rademacher überhaupt nicht. Gewiß, er war stets voll verrückter Einfälle und mit einem köstlichen Humor gesegnet, aber so wie heute … Vielleicht hatte er sich verliebt?
    »Zucker, Milch?« fragte sie schließlich, um ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen.
    »Beides!« erwiderte er prompt. »Viel Milch und drei Stück Zucker!«
    »Sind Sie aber süß!«
    Er lachte. Irritiert blickte die Ärztin hoch. Dann kam ihr zum Bewußtsein, was sie eben gesagt hatte. Und wieder

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