Schicksalsmord (German Edition)
zu versetzen: „Du stellst den Wagen hier ab und gibst mir die Schlüssel“, donnerte er. Mir blieb fast die Luft weg. Den Wagen hatte er mir geschenkt, nur aus steuerlichen Gründen war er auf seinen Namen angemeldet. Das nun auszunutzen, empfand ich als bodenlose Niederträchtigkeit. Ich liebte den BMW wie einen Teil von mir und sobald ich darin Platz nahm, umfing mich warmes Wohlbehagen. Ihn zu verlieren, schmerzte wie eine physische Wunde. Ich war sicher, dass Carola dahinter steckte, hatte sie doch in der Vergangenheit schon schnippische Bemerkungen über dieses für mich angeblich „viel zu große Schiff“ gemacht. Vermutlich wollte sie ihn nun selbst fahren.
Die Rückgabe ließ sich nicht vermeiden, ich wollte nicht den Besuch des Gerichtsvollziehers in Rolands Haus riskieren. Doch widerstandslos geschah sie nicht. Nachdem ich den Wagen eigenhändig in meine ehemalige Garage gefahren hatte, nahm ich noch eine kleine, feine Manipulation vor, die sicher niemand einer technisch ungebildeten Frau zutrauen würde. Von meiner Schulung durch Max in solchen Fragen ahnte ja keiner etwas. Nachdem wir enge Vertraute geworden waren, ließ er mich gelegentlich sehen, was er in seiner sonst streng abgeschirmten Werkstatt tat. Max war stolz auf seine Fähigkeiten und erklärte mir, dass man bei einem Wagen wie meinem vor allem die Elektronik überlisten müsse. „Nicht die mechanische Beeinträchtigung der beiden voneinander unabhängigen Bremssysteme ist das Problem“, sagte er „man muss vor allem verhindern, dass sämtliche Warnlampen das Armaturenbrett aufleuchten lassen wie einen Weihnachtsbaum.“
Ich war beeindruckt und prägte mir alles gut ein, ohne damals zu ahnen, welche Bedeutung es einmal für mich erlangen sollte. Jedenfalls würde Carola schön ins Schwitzen kommen, wenn sich der Wagen plötzlich nicht mehr bremsen ließe.
Dass es dann doch nicht dazu kam, war purer Zufall. Carola lag im Krankenhaus, Dietrich war tot, und seine Frau Edelburg fuhr überhaupt nicht Auto. So stand der BMW seit Monaten immer noch so in der Garage, wie ich ihn verlassen hatte. Im Grunde genommen war mir das nur recht. Irgendwann würde Carola den Wagen schon abholen, und dann würde die Zündschnur meiner Rache zu brennen beginnen. Je später, umso weniger würde man mich damit in Zusammenhang bringen.
Dann ergab sich jedoch eine überraschende Wendung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Über Dr. Hoffmann ließ Edelburg Tanner mir mitteilen, für das Gebäude, in dem sich die Kanzlei und Dietrichs und meine Wohnung befanden und das laut Testament ihr gehörte, einen Käufer gefunden zu haben. Das Inventar der Kanzlei würde übernommen, doch die Wohnung müsse geräumt werden. Ob ich auf irgendetwas Anspruch erheben würde. Die lange Liste von Möbelstücken, Teppichen, Geschirr und Hausrat war von einem Notar unterzeichnet worden. Immer korrekt, die erste Frau Tanner. Schon als ich Dietrich verließ, hatte ich entschieden, nichts von den Dingen, die die Kulisse meines Zusammenseins mit ihm gebildet hatten, in mein neues Leben mitnehmen zu wollen. Nun konnte ich die Sachen erst recht nicht gebrauchen, wo hätte ich sie auch unterbringen sollen? Ich verneinte also, verlangte jedoch aus einem plötzlichen Impuls heraus und ohne selbst an den Erfolg zu glauben, die Herausgabe des BMWs. Zu meiner riesengroßen Überraschung stimmte Dietrichs Exfrau sofort zu und übergab Dr. Hoffmann Garagen- und Autoschlüssel. Es wäre gut, wenn der Wagen bald abgeholt werden könnte, bemerkte sie dazu, der Käufer wolle die Garage sicher bald selbst nutzen. Glücklich legte ich mir einen Plan zurecht. Bei ihrem nächsten Besuch würde ich Ulrike beauftragen, die Schlüssel in meiner Vertragswerkstatt abzugeben. Ein Monteur, der das schon öfter getan hatte, sollte den Wagen dann abholen. Ich würde angeben, mir sei ein merkwürdiges Bremsverhalten des Wagens aufgefallen und um Überprüfung bitten. So wäre er gewarnt.
In dem gleichen Zusammenhang regelte ich mit Edelburg Tanner auch gleich Dietrichs Urnenbeisetzung. Sie hatte schon lange darauf gedrungen und nach allem, was über mich in die Öffentlichkeit gelangt war, hatte ich keine Lust mehr auf einen Auftritt auf Dietrichs Beerdigung. Also würde das nun doch seine Ex-Frau übernehmen, mir war es inzwischen ganz recht.
Ich bat Dr. Hoffmann dringend, den Detektiv zu beauftragen, ein Auge auf Carola Tanner zu haben. Inzwischen war ich mir so gut wie sicher, dass sie die
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