Schicksalsmord (German Edition)
Chance nutzte, mit dir und Mutter zum Einkaufen zu fahren. Wir unternahmen damals kaum noch etwas gemeinsam, aber ich hatte gehofft, das würde besser werden, wenn wir erst in Bödersbach sind. Sie wollte also tatsächlich mit zu Stefan und Birgit, doch als wir losgehen wollten, klagte sie plötzlich über Kopfschmerzen und legte sich hin. Ich kannte das schon und ging allein los. Irgendwann tauchte sie dann aber doch noch auf, ich hatte eigentlich gar nicht damit gerechnet. Wir sind geblieben, bis Mutters Anruf kam, dass etwas Schreckliches passiert wäre. Da sind wir sofort gekommen.“
Thomas Worte ließen mich stutzen. Lydia hatte ein Verhältnis mit Holger gehabt? Das war mir neu. Ich würde später genauer danach fragen, jetzt ging es um Wichtigeres. Es fiel mir ohnehin schwer genug, fortzufahren. „Als ich Peter tot im Bad fand, lag da etwas auf der Spiegelkonsole neben der Badewanne, das dort nicht hingehörte. Es war eine Armbanduhr mit einem rosa Armband. Als Lydia mit dir auftauchte, trug sie ein Top in der gleichen Farbe. Du weißt vielleicht, dass sie ihre Uhrenarmbänder immer passend zur Garderobe auswählte.“
Thomas nickte. „Diese Marotte konnte sogar einem Modemuffel wie mir nicht verborgen bleiben.“
„Als man Peter abtransportiert hatte“, fuhr ich fort „ging Lydia ins Bad und steckte die Uhr ein. Die habe sie heute früh hier liegen lassen, sagte sie zur Erklärung. Ich war viel zu durcheinander, um weiter darüber nachzudenken. Aber irgendwo in meinem Hinterkopf blieb immer so ein Gefühl der Unstimmigkeit. Und als ich heute das Silberarmband wiederfand, wusste ich weshalb. Lydia kann die Uhr nicht am Vormittag vergessen haben, weil sie da eine ganz andere trug. Sie muss am Nachmittag noch einmal dort gewesen sein, was sie uns allen verschwiegen hat. Und sie muss im Bad gewesen sein. Aber warum? Hat sie Peter das Bad eingelassen und dazu die Uhr abgelegt? Sie wusste doch, dass der Boiler defekt ist...“, meine Stimme begann zu zittern, ich konnte nicht weitersprechen.
Thomas war blass geworden. Er zweifelte keinen Augenblick an dem, was ich gesagt hatte. „Zeitlich käme das hin“, sagte er. „Sie hätte die Möglichkeit dazu gehabt.“
„Aber warum?“, fragte ich verzweifelt. „Was wollte sie dort? Und wieso...“, wieder versagte meine Stimme.
Thomas war kein Mensch voreiliger Schlüsse, er erwog seine Antwort gründlich. „Sie muss etwas vorgehabt haben“, sagte er schließlich. „Sie muss das Haus gleich nach mir verlassen haben, das war sicher kein spontaner Entschluss. Es könnte gut sein, dass sie mit Peter alleine reden wollte. Weißt du, eure Hochzeit und euer Plan wegzuziehen haben ihr überhaupt nicht in den Kram gepasst. Mir ist das erst später richtig aufgegangen. Sie hatte nie vor, mit mir nach Bödersbach zurückzuziehen, weil sie ein gemeinsames Leben in Gießen mit Holger plante. Aber sie hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Mutter. Bei allem was sie tat, und sei es auch noch so unanständig, hatte sie immer den Ehrgeiz, makellos dazustehen. Deshalb wollte sie dich hier festhalten, um selbst frei zu sein. Vielleicht hatte sie an dem Nachmittag vor, nochmal mit Peter darüber zu reden. Um Worte war sie ja nie verlegen, und sie konnte sehr überzeugend sein. Sie hätte Peter zum Beispiel Mutters ganz besondere Bindung an dich erklären können, sie hätte versuchen können ihn zu veranlassen, zu dir nach Bödersbach zu kommen. Wäre er hergezogen, hätte sie nichts gegen eure Heirat gehabt.“
Ich schüttelte den Kopf. „In dem Falle wären ihre Bemühungen aber aussichtslos gewesen. Peter hätte Julia seiner Schwester niemals wegnehmen können, und ohne sie wäre er nicht hergezogen. Da hätte Lydia reden können, so viel sie wollte. Aber deshalb hätte sie ihn doch nicht gleich umbringen müssen!“
„Was da passierte, war keinesfalls geplant“, sagte Thomas sanft. „Lydia konnte weder den Wolkenbruch voraussehen, noch die Tatsache, dass Peter pudelnass wurde und ein heißes Bad brauchte. Aber sie scheint diesen Umstand genutzt, oder sich ihm zumindest nicht in den Weg gestellt zu haben. Peter wird schließlich nicht einfach an ihr vorbei ins Bad gelaufen sein, er wird höflich gefragt haben. Und sie hat ihn nicht gewarnt.“
„Schlimmer noch“, ergänzte ich „die Uhr auf der Konsole lässt vermuten, dass sie es war, die das Wasser einließ. Ich kann es trotzdem nicht glauben. Hatte sie in dem Moment vielleicht nicht an den defekten
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