Schicksalsmord (German Edition)
dass ich keinesfalls aufgeben durfte. Nur meine Intuition konnte die Ermittlungen auf die richtige Spur bringen, ich musste Anhaltspunkte finden, wer meinen Mann ermordet haben könnte, um mir dann die Schuld zuzuschieben. Meine Gedankengänge führten mich immer wieder zu Carola. Nur sie konnte es gewesen sein, die meine Bespitzelung veranlasst hatte, Dietrich wäre allein niemals auf so eine Idee gekommen.
Carola war mir von Anfang an unsympathisch gewesen, schon zu der Zeit, als ich noch lediglich die Mitarbeiterin ihres Vaters war. Sie war eine dieser verwöhnten Gören, denen dank Papis Geld die ganze Welt offen steht und die meinen, einen selbstverständlichen Anspruch darauf zu haben. Sie führte sich auf wie eine Prinzessin und wurde darin von ihrer Umwelt noch bestärkt. In der Kanzlei tanzten alle um sie herum wie ums goldene Kalb. Nur ich bildete eine Ausnahme, da durfte sie sich ihr Wasser selbst holen und ihren Espresso allein brühen, ich machte mich nicht wie die Anderen zu ihrem Dienstmädchen. Auch an der allgemeinen Lobhudelei beteiligte ich mich nicht, lobte weder ihre elegante Kleidung noch ihre tollen Leistungen.
Als Dietrich seine Beziehung zu mir offiziell machte, soll das bei ihr richtige Wutanfälle ausgelöst haben. Dietrich war ziemlich zerknirscht über ihre Beteuerung, ihn nie wieder sehen zu wollen, ich bedauerte vielmehr, dass sie diesen Vorsatz leider nicht aufrecht erhielt. Nach dem Eklat auf der Weihnachtsfeier der Kanzlei hoffte ich, sie endgültig los zu sein. Dietrichs Versöhnung mit ihr hinter meinem Rücken kränkte mich tief. Hätte es noch eines Grundes bedurft, ihn zu betrügen und zu verlassen, damit hätte er ihn mir geliefert. Carola spielte ihren Triumph auch noch richtig aus und behandelte mich von oben herab. Ich hätte es ihr gern heimgezahlt, fürchtete aber Dietrichs Reaktion. Das Kräfteverhältnis hatte sich gefährlich zu Carolas Gunsten verschoben. Dann spielte mir der Zufall jedoch die ideale Gelegenheit in die Hände, und das zu einem Zeitpunkt, als meine Koffer für den Umzug zu Roland bereits gepackt waren. Ich ging also kein Risiko mehr ein.
Ganz die erfolgreiche Topmanagerin, kam Carola eines Tages gegen Mittag in die Kanzlei gerauscht. Edler Nadelstreifenanzug, schlichter Haarknoten und teure Ledertasche. Sie arbeitete seit einiger Zeit für die Geschäftsführung eines leitenden Chemieunternehmens und gab mächtig mit ihrem Posten an. Ohne Notiz von mir zu nehmen, ging sie sofort zu Dietrich ins Büro. Zufälligerweise rief kurz darauf ein Mandant an und bat Dietrich sofort dringend zu sich. Als ich Dietrich das mitteilte – Carola nun meinerseits ignorierend – warf er mit schnellem Griff etwas in die obere Schreibtischschublade.
„Ich sehe mir das nachher gründlich an und wir telefonieren heute Abend miteinander“, versprach er Carola, und gemeinsam verließen sie das Büro.
Als alle anderen unmittelbar darauf zu Tisch gingen, sah ich in Dietrichs Schreibtisch nach und entdeckte das Schriftstück, das Carola ihm offenbar zur Überprüfung gegeben hatte, sofort. Es war ein Vertragsentwurf über den Verkauf einiger Produktionssparten an ein anderes Unternehmen und er war mit „streng vertraulich“ abgestempelt. Ohne Expertin auf diesem Gebiet zu sein, erahnte ich die Brisanz sofort. Die Kopien waren schnell gemacht und der Pressevertreter, dem ich sie anbot, war überaus interessiert. Wir waren rasch handelseinig.
Es wurde dann nicht der ganz große Skandal, den das Blatt gern daraus gemacht hätte. Die Firmenleitung wiegelte schnell ab, es habe sich um ein unverbindliches Angebot gehandelt, das man nie ernsthaft in Erwägung gezogen habe, es seien also auch keine Arbeitsplätze in Gefahr gewesen. Für Carola war der Skandal jedoch groß genug, nachdem man sie als Quelle der Indiskretion ausgemacht hatte, wurde ihr fristlos gekündigt.
Dietrich hatte nicht die geringsten Zweifel, dass ich hinter der Sache steckte und meine Versuche, es abzustreiten, blieben halbherzig. Ein sachliches Gespräch wäre ohnehin unmöglich gewesen, so sehr brüllte er mich an, bei unserer Auseinandersetzung fünf Tage vor seinem Tod. „Infame Schlange“ war fast noch der harmloseste Ausdruck. Dass ich Carolas Ruf in der Branche für immer ruiniert hätte und sie ganz von vorn beginnen müsse, empfand ich als Übertreibung. Solche Goldkinder wie sie fallen doch immer wieder auf die Füße. Aber dann gelang es Dietrich doch noch, mir einen empfindlichen Schlag
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