Schicksalsnacht in Atlantic City (German Edition)
nickte.
„Nein.“
„Hattest du einen festen Freund?“
„Im Januar?“
Tat sie mit Absicht so begriffsstutzig? Wahrscheinlich. Sicher wollte sie ihn ärgern, und das war ihr auch gelungen. Wenn er der Vater ihres Kindes war und sie sich nicht mit ihm in Verbindung gesetzt hatte, obgleich sie genau wusste, wie er hieß und wo er zu erreichen war, dann hatte er allen Grund, misstrauisch und verärgert zu sein.
Er beantwortete ihre letzte Frage nicht, warf ihr aber einen Blick zu, der deutlich machte, was er davon hielt.
„Ich hatte ... davor ... keinen festen Freund“, sagte sie, den Blick starr nach vorn gerichtet. Die Hände umkrampften das Steuerrad. „Und danach auch nicht.“
Sie sah ihn nicht an, und Devlin wurde sofort wieder misstrauisch. Er traute Menschen nicht, die ihm nicht in die Augen sahen, wenn sie mit ihm sprachen. Durch seine Tätigkeit als Banker hatte er gelernt, Menschen intuitiv einzuschätzen. Ein wesentliches Mittel war die Kör per spräche. Und was Nicoles Körper ihm sagte, gefiel ihm ganz und gar nicht.
Er trat einen Schritt zurück. „Bis morgen dann.“
Ohne ein weiteres Wort fuhr sie aus der Parklücke heraus und davon.
Er sah ihr lange hinterher. Dass er nach Tahoe gekommen war, hatte mit einem Versprechen zu tun, das er vor zehn Jahren gegeben hatte. Er hatte sich fest vorgenommen, sein Leben zu ändern, und wollte diesen Monat dazu nutzen, herauszufinden, was er wirklich wollte.
Nun hatte sein Leben eine dramatische Wendung genommen, ohne dass er etwas daran ändern konnte.
Das war kein guter Anfang.
Um Mitternacht hüllte Nicole sich in ihre Bettdecke und trat auf die Veranda. Sie blickte auf das Thermometer, das an einem der Pfosten angeschraubt war. Knapp über null. Wahrscheinlich waren die Straßen morgen früh vereist. Ihr Atem stand wie eine weiße Wolke vor ihr, aber die kühle klare Luft tat ihr gut. Seit sie vor zwei Monaten hierhergezogen war, hatte sie das Wetter, das am Lake Tahoe herrschte, lieben gelernt.
Nicole setzte sich auf ihre Hollywoodschaukel und schwang sanft hin und her. Die Haken, an denen die Schaukel aufgehängt war, quietschten leise im Rhythmus der Bewegung.
Sie hatte immer gewusst, dass dieser Tag irgendwann unweigerlich kommen würde. Von Anfang an hatte sie die Absicht gehabt, Devlin von seiner Vaterschaft zu informieren, allerdings erst nach der Geburt des Kindes. Dann konnte auch gleich der DNA-Test gemacht werden, auf den Devlin sicher bestehen würde.
Im Grunde konnte sie verstehen, dass er ihr misstraute. Sie waren sich als Fremde begegnet, hatten eine Nacht zusammen verbracht und waren als Fremde wieder auseinandergegangen. Sie war bereitwillig mit ihm ins Bett gegangen, ohne dass sie vorher den Versuch unternommen hatten, sich kennenzulernen. Der Sex war fantastisch gewesen, direkt und wild. Sie hatten sich geliebt, ohne zur Besinnung zu kommen, und das war genau das, was sie in jener Nacht gebraucht hatte. Und selbst ohne das Kind, das in ihr wuchs, hätte sie diese Nacht mit Devlin nie vergessen. Sie hatte mehr als einmal in seinen Armen geweint, und er hatte sie nur an sich gedrückt, ohne sie zu fragen, warum. Und hatte sie wieder und wieder genommen.
Am Morgen war sie nicht einfach verschwunden, sondern hatte ihn geweckt und ihm gedankt. Dann hatte sie ihm einen Abschiedskuss gegeben. Das war das Ende einer Nacht, die sie beide ohne Bedauern genossen hatten. Es war klar, dass sie sich nie wiedersehen würden.
Doch dann war alles anders gekommen.
Nicole schloss die Augen, während sie sich sanft hin und her wiegte. Sie musste an den Augenblick denken, genau zwei Monate nach dieser unglaublichen Nacht mit Devlin, als ihr eins klar wurde. Nicht der Kummer, der sie nie losließ, war schuld daran, dass sie sich so elend fühlte, sondern die Tatsache, dass sie schwanger war. Jetzt, im vierten Monat, war die morgendliche Übelkeit verschwunden, und sie fühlte sich wieder gesund und kräftig.
Sie zitterte. Ob vor Kälte oder weil ihr die Aussprache mit Devlin bevorstand, konnte sie nicht sagen. Sie musste unbedingt schlafen. Hoffentlich konnte sie jetzt einschlafen. In der letzten Stunde hatte sie sich nur rastlos im Bett hin und her gewälzt.
Als sie aufstand, sah sie, dass ein Wagen ihre Straße entlangkam. Er näherte sich stetig ihrem Haus und kam dann die Einfahrt hoch. Nicole setzte sich wieder auf die Schaukel.
Glücklicherweise hatte sie das Licht auf der Veranda nicht angeschaltet.
Die Fahrertür öffnete
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