Schicksalsnacht in Atlantic City (German Edition)
sich, und ein Mann stieg aus. Devlin. Nicole hielt den Atem an. Wie hatte er sie gefunden? Ob er jetzt wohl an ihre Tür hämmern würde, um sie aufzuwecken?
Offenbar nicht. Er stand da und sah sich um. Dann verschwand er um die eine Hausecke, sodass Nicole ihn nicht mehr sehen konnte, dann tauchte er wieder auf. Seltsam, was hatte er vor?
Sie liebte ihr kleines Häuschen. Es war nicht sehr groß, aber es war gemütlich und gehörte ihr, das heißt, in neunundzwanzig Jahren und elf Monaten würde es ihr gehören.
Sie hörte, dass Devlin näher kam, trockenes Laub und Piniennadeln knisterten unter seinen Schuhen. Jetzt stand er unten an der Treppe. Er hatte die Hände in die Jacketttaschen gesteckt und trat auf die unterste Stufe.
„Suchst du jemanden?“, fragte Nicole. Wahrscheinlich hätte er sie sowieso bald entdeckt.
Er fluchte leise, und sie musste lächeln. Diesmal hatte sie ihn erschreckt.
„Was tust du hier draußen?“ Er kam die Stufen hoch. „Es ist eiskalt.“
Einen kurzen Augenblick lang wünschte sie sich, sie säße nicht da in ihrem Flanellpyjama, dem abgetragenen Bademantel und den unförmigen Hausschuhen. „Woher hast du meine Adresse?“
„Aus dem Internet. Übrigens hätte ich nicht geklopft oder geklingelt. Ich wollte nur sehen, wo du wohnst.“
Ohne dass sie ihn dazu aufgefordert hatte, setzte er sich auf die Schaukel neben sie. „Konntest du nicht schlafen?“
Sie schüttelte den Kopf. Ihr war kalt bis ins Mark, aber das würde sie ihm gegenüber nicht eingestehen. Denn ihr Körper reagierte sofort auf Devlins Nähe. Erinnerungen wurden wach, wärmten sie, erregten sie ...
Er sah sie entschlossen an und kam dann etwas näher. „Lass mich mit reinkommen.“
Das Wörtchen „bitte“ schien in seinem Wortschatz nicht vorhanden zu sein. „Wir reden morgen, so wie wir es abgemacht haben“, sagte sie.
„Du kannst nicht schlafen, und ich kann nicht schlafen. Warum wollen wir uns nicht jetzt unterhalten?“
„Weil wir beide übermüdet sind. Da sagt man leicht etwas, was man nicht so meint.“
„So etwas passiert mir nicht.“
„Dann musst du geradezu übermenschliche Fähigkeiten haben.“
Auf diese Bemerkung ging er nicht ein. „Du zitterst ja. Das kann nicht gut sein für das Baby.“
„Keine Sorge. Ich tue nichts, was dem Baby schaden könnte. Möchtest du eine heiße Schokolade?“
Sie musste ihm zugutehalten, dass er nicht süffisant lächelte, sondern ernst blieb, aufstand und ihr die Hand reichte, die sie sogleich ergriff. Wie warm seine Hand war.
Nicole war fast fertig mit der Einrichtung des Hauses. Ihre Möbel hatte sie teils vom Flohmarkt, teils in irgendwelchen Trödelläden gefunden. Sie hatte sie abgeschliffen, die Wände gestrichen und Gardinen genäht. Lediglich das Kinderzimmer war noch nicht fertig.
Vom vorderen Hauseingang aus betrat man das Wohnzimmer mit der Essecke und der offenen Küche. Nicole legte ihre Bettdecke über einen Stuhl, zog den Gürtel des Bademantels fester und ging in die Küche.
„Darf ich mich mal umsehen?“, fragte Devlin und warf sein Jackett auf die Bettdecke.
„Nur zu.“ Sie war froh, dass er sich etwas von ihr entfernte. Ihr Bett war zwar nicht gemacht, aber das sollte ihn nicht weiter stören.
„Gehört dir das Haus?“, fragte er nur wenig später und lehnte sich gegen den Kühlschrank.
„Ja, ich habe es gekauft.“
„Es ist klein, zu klein für ein Kind.“
„Wie viel Platz braucht denn ein Kind?“
„Auf alle Fälle mehr als dies hier.“
„Da bin ich vollkommen anderer Meinung.“
Er wollte etwas erwidern, hielt sich dann aber zurück. „Es ist sehr rustikal“, fing er nach einer Weile wieder an.
Sie musste grinsen. Offenbar musste er sich sehr zusammennehmen, um nicht mit dem herauszuplatzen, was er wirklich sagen wollte. Er schien bemüht, jeden Streit zu vermeiden.
„Was hast du erwartet, Devlin? Es ist ein Holzhaus im Wald. Rustikal passt zur Umgebung.“ Sie holte zwei Kaffeebecher aus dem Hängeschrank. „Im Winter kommt regelmäßig ein Schneepflug, um die Straße zu räumen, und ich habe einen Kamin und einen Generator, falls mal der Strom ausfällt. Das reicht vollkommen.“ Und es gehört mir. Sie goss die heiße Schokolade in die Becher und reichte Devlin den einen. Ihren Becher hielt sie fest mit beiden Händen umfasst und genoss die Wärme. Hätte sie Devlin bloß nicht hereingelassen. Sie war einfach zu müde, um sich mit ihm auseinanderzusetzen, und das wusste
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